RennwLottG | Keine Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit der Besteuerung von Sportwetten II (BFH)
§ 17 Abs. 2 RennwLottG verstößt weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Europarecht (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Vereinbarkeit der Regelungen zur Sportwettenbesteuerung im Rennwett- und Lotteriegesetz in der im Streitjahr 2012 geltenden Fassung (RennwLottG) mit Verfassungs- und Europarecht. Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU. Sie veranstaltete im Streitzeitraum Juli, August und Oktober 2012 über das Internet Sportwetten und war im Besitz einer entsprechenden Konzession. Nach Zahlung der Sportwettensteuer rügte sie die Verletzung von Bundesrecht, insbesondere die Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit der Sportwettenbesteuerung nach § 17 Abs. 2 RennwLottG.
Mit ihrer Klage hatte sie in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: ):
Die Regelungen in § 17 Abs. 2, § 19 Abs. 2 RennwLottG sind innerhalb der Gesetzgebungskompetenz des Bundes zustande gekommen.
Ein Verstoß gegen Art 3 GG liegt nicht vor: Zum einen lassen sich anhand der Feststellungen des FG keine Tatsachen entnehmen, die auf das Vorliegen eines normativ bedingten strukturellen Vollzugsdefizits schließen lassen. Zum anderen liegt eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Online-Casino-Spielen nebst Online-Poker nicht vor: Derartige Online-Angebote unterscheiden sich vom Spielangebot, den Gewinn- und Ausschüttungsquoten, dem Kundenkreis und der damit zusammenhängenden Suchtgefahr sowie der Manipulationsgefahr erheblich von Sportwetten. Das Betreiben von Online-Casinos und das Anbieten von Online-Poker war im Streitzeitraum im Inland ausnahmslos verboten (vgl. § 4 Abs. 4 GlüStV), während bei Sportwetten ein präventives Verbot mit Erlaub¬nisvorbehalt galt (vgl. § 4 Abs. 1 GlüStV). Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt mithin nicht vor.
Darüber hinaus liegt eine Verletzung der in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsfreiheit aufgrund der finanziellen Belastung durch die Sportwettenbesteuerung nicht vor, da der hier vorliegende Eingriff in die Berufsfreiheit gerechtfertigt ist.
Die von der Klägerin gerügten Verstöße gegen Europarecht sind ebenfalls nicht gegeben. Weder liegt eine ungerechtfertigte Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs vor, noch steht Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL der Besteuerung entgegen.
Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter im IX. Senat des BFH:
Mit dieser Entscheidung klärt der BFH ebenfalls die Vereinbarkeit der Besteuerung von Sportwetten mit Verfassungs- und Europarecht (vgl. auch die Parallelentscheidung IX R 20/18 vom gleichen Tag, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 21.10.2021). Damit sind die grundlegenden Fragen, die die Diskussion um die Sportwettenbesteuerung seit ihrem Inkrafttreten am prägen, durch den BFH entschieden. Dies gilt sowohl für das stationäre Wettgeschäft als auch – wie in der Besprechungsentscheidung – für das Online-Geschäft.
Gleichwohl sind beim BFH zur Sportwettenbesteuerung noch weitere Verfahren anhängig:
IX R 30/18: Das Verfahren betrifft die Frage der Bemessungsgrundlage für die Sportwettensteuer.
IX R 5/19: In diesem Verfahren geht es um die Frage, ob und in welcher Höhe die Tätigkeit einer Wettbörse der Sportwettensteuer unterfällt.
Da in der Folge des Gesetzes zur Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes und der Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz v. (BGBl I 2021, 2065) auch Online Poker und Online Casinos in die Besteuerung einbezogen werden, sind viele Fragen, die mit der BFH-Entscheidung jetzt geklärt sind, auch für die Besteuerung dieser Glücksspielarten mit entschieden worden.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
NWB ZAAAH-93013