Umsatzsteuer | Frist zur Ausübung des Zuordnungswahlrechts (EuGH)
Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der MwStSystR ist dahin auszulegen, dass er nationalen Bestimmungen nicht entgegensteht, die von einem nationalen Gericht so ausgelegt werden, dass die zuständige nationale Steuerverwaltung den Vorsteuerabzug in Bezug auf einen Gegenstand unter der Annahme, dass dieser dem Privatvermögen des Steuerpflichtigen zugewiesen wurde, verweigern darf, wenn ein Steuerpflichtiger ein Wahlrecht hat, ob er einen Gegenstand dem Vermögen seines Unternehmens zuordnet, und diese Steuerverwaltung nicht spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist für die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung in die Lage versetzt wurde, aufgrund einer ausdrücklichen Entscheidung oder hinreichender Anhaltspunkte eine solche Zuordnung des Gegenstands festzustellen, es sei denn, die besonderen rechtlichen Modalitäten für die Ausübung dieser Befugnis lassen erkennen, dass sie nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist ( und C-46/20).
Hintergrund: Nach Auffassung der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung des BFH ist ein Vorsteuerabzug, der sich aus der Zuordnung eines gemischt genutzten Gegenstands zum Unternehmensvermögen ergibt, nur dann zulässig, wenn diese Zuordnung dem zuständigen Finanzamt innerhalb der gesetzlichen Frist für die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung mitgeteilt wurde, i.d.R. bis zum 31.7. des Folgejahres (bis einschließlich des VZ 2017: bis zum 31.5. des Folgejahres).
In diesem Zusammenhang hat der BFH im Hinblick auf die neuere EuGH-Rechtsprechung (vgl. "Gmina Ryjewo") dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob diese Zuordnungsfrist mit Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 MwStSystR in Einklang steht (, BStBl 2021 II S. 112 sowie , BStBl 2021 II S. 118, s. hierzu Seifert, sowie unsere Online-Nachricht v. 30.01.2020 m. Anm. Nacke).
Diese Frage hat der EuGH grundsätzlich bejaht und gleichzeitig betont, dass die Ausschlussfrist verhältnismäßig sein muss:
Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der MwStSystR ist dahin auszulegen, dass er nationalen Bestimmungen nicht entgegensteht, die von einem nationalen Gericht so ausgelegt werden, dass die zuständige nationale Steuerverwaltung den Vorsteuerabzug in Bezug auf einen Gegenstand unter der Annahme, dass dieser dem Privatvermögen des Steuerpflichtigen zugewiesen wurde, verweigern darf, wenn ein Steuerpflichtiger ein Wahlrecht hat, ob er einen Gegenstand dem Vermögen seines Unternehmens zuordnet, und diese Steuerverwaltung nicht spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist für die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung in die Lage versetzt wurde, aufgrund einer ausdrücklichen Entscheidung oder hinreichender Anhaltspunkte eine solche Zuordnung des Gegenstands festzustellen, es sei denn, die besonderen rechtlichen Modalitäten für die Ausübung dieser Befugnis lassen erkennen, dass sie nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist.
Die Prüfung, ob die fragliche Ausschlussfrist verhältnismäßig ist, obliegt dem BFH.
Hierbei hat der BFH zu berücksichtigen, dass zum einen die nationalen Behörden die Möglichkeit haben, gegen einen nachlässig handelnden Steuerpflichtigen Sanktionen zu verhängen, die den Neutralitätsgrundsatz weniger beeinträchtigen als die völlige Versagung des Rechts auf Vorsteuerabzug, wie z. B. verwaltungsrechtliche Geldstrafen, und eine Frist, die nach dem 31.5. des Jahres abläuft, das auf das Jahr folgt, in dem die Zuordnungsentscheidung getroffen wurde, nach dem ersten Anschein nicht mit der Wahrung des Grundsatzes der Rechtssicherheit unvereinbar ist, und dass zum anderen dem Recht auf Vorsteuerabzug im gemeinsamen Mehrwertsteuersystem eine herausragende Stellung zukommt.
Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
Quelle: EuGH online (il)
Fundstelle(n):
DAAAH-92903