EuGH Urteil v. - C-337/19 P

Rechtsmittel - Staatliche Beihilfen

Gesetze: Art 56 EuGHSa, EUBes 2016/1699, EUV 2015/1589 Art 1 Buchst d, Art 107 Abs 1 AEUV, Art 108 Abs 3 AEUV, Art 9 OECDMustAbk

Instanzenzug:

Gründe

1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom , Belgien und Magnetrol International/Kommission (T‑131/16 und T‑263/16, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2019:91), mit dem das Gericht den Beschluss (EU) 2016/1699 der Kommission vom über die Beihilferegelung Belgiens SA.37667 (2015/C) (ex 2015/NN) (ABl. 2016, L 260, S. 61, im Folgenden: streitiger Beschluss) betreffend die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse für nichtig erklärt hat.

2 Mit seinem Anschlussrechtsmittel beantragt das Königreich Belgien die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Gericht damit den ersten Nichtigkeitsgrund zurückgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

3 In Art. 1 Buchst. d der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) heißt es:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

d) ‚Beihilferegelung‘ eine Regelung, wonach Unternehmen, die in der Regelung in einer allgemeinen und abstrakten Weise definiert werden, ohne nähere Durchführungsmaßnahmen Einzelbeihilfen gewährt werden können, beziehungsweise eine Regelung, wonach einem oder mehreren Unternehmen nicht an ein bestimmtes Vorhaben gebundene Beihilfen für unbestimmte Zeit und/oder in unbestimmter Höhe gewährt werden können“.

4 Art. 1 Buchst. e der Verordnung 2015/1589 definiert „Einzelbeihilfen“ als „Beihilfen, die nicht aufgrund einer Beihilferegelung gewährt werden, und einzelne anmeldungspflichtige Zuwendungen aufgrund einer Beihilferegelung“.

Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

5 Das Gericht hat den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt in den Rn. 1 bis 28 des angefochtenen Urteils dargestellt. Für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens lässt er sich wie folgt zusammenfassen.

Belgisches Recht

CIR 92

6 In Belgien sind die Regeln für die Besteuerung der Einkünfte im Code des impôts sur les revenus 1992 (Einkommensteuergesetzbuch 1992, im Folgenden: CIR 92) kodifiziert. Nach Art. 1 § 1 des CIR 92 wird als Einkommensteuer u. a. eine Steuer auf das Gesamteinkommen der inländischen Gesellschaften, die sogenannte „Gesellschaftssteuer“, erhoben.

7 Speziell zur Bemessungsgrundlage der Gesellschaftssteuer sieht Art. 185 des CIR 92 vor, dass Gesellschaften in Bezug auf den Gesamtbetrag der Gewinne einschließlich der ausgeschütteten Dividenden steuerpflichtig sind.

Gesetz vom

8 Art. 20 des Gesetzes vom zur Abänderung der Gesellschaftsregelung in Bezug auf die Einkommensteuer und zur Einführung eines Systems der Vorausentscheidung in Steuerangelegenheiten (Moniteur belge vom , S. 58815) (im Folgenden: Gesetz vom ) sieht vor, dass der Föderale Öffentliche Dienst Finanzen (FÖD Finanzen) „im Rahmen eines Vorbescheids über alle Anträge in Bezug auf die Anwendung der Steuergesetze entscheidet“. Außerdem ist der Begriff „Vorbescheid“ definiert als der Rechtsakt, durch den der FÖD Finanzen nach den geltenden Vorschriften entscheidet, wie das Gesetz in einer bestimmten Situation oder auf ein bestimmtes Geschäft, das noch keine steuerliche Wirkung entfaltet hat, anwendbar ist. Im Übrigen ist geregelt, dass der Vorbescheid mit keiner Steuerbefreiung oder ‑minderung verbunden ist.

9 Art. 22 des Gesetzes vom bestimmt, dass u. a. dann kein Steuervorbescheid erlassen werden kann, wenn sich der Antrag auf Situationen oder Geschäfte bezieht, die mit solchen identisch sind, die bereits steuerliche Wirkungen in Bezug auf den Antragsteller hatten.

10 Darüber hinaus regelt Art. 23 des Gesetzes vom , dass, außer in den Fällen, in denen der Antragsgegenstand dies rechtfertigt, der Vorbescheid für einen Zeitraum erlassen wird, der fünf Jahre nicht überschreiten darf.

Gesetz vom

11 Mit dem Gesetz vom zur Abänderung des Einkommensteuergesetzbuchs 1992 und des Gesetzes vom zur Abänderung der Gesellschaftsregelung in Bezug auf die Einkommensteuer und zur Einführung eines Systems der Vorausentscheidung in Steuerangelegenheiten (Moniteur belge vom ) (im Folgenden: Gesetz vom ) führte das Königreich Belgien neue Steuerbestimmungen für grenzüberschreitende Transaktionen von verbundenen Unternehmen eines multinationalen Konzerns ein, die u. a. eine als „korrespondierende Anpassung“ bezeichnete Gewinnberichtigung vorsahen.

– Begründung

12 Nach der Begründung des von der belgischen Regierung der Abgeordnetenkammer (Belgien) vorgelegten Gesetzesentwurfs dient dieses Gesetz zum einen der Anpassung des CIR 92, um darin ausdrücklich den Fremdvergleichsgrundsatz zu übernehmen, der auf internationaler Ebene allgemein anerkannt ist. Zum anderen soll es das Gesetz vom ändern, um der Behörde für Steuervorbescheide die Zuständigkeit zum Erlass dieser Bescheide zu verleihen. Der Fremdvergleichsgrundsatz wird in das belgische Steuerrecht eingeführt, indem Art. 185 des CIR 92 ein § 2 angefügt wird, der sich auf den Wortlaut von Art. 9 des Musterabkommens der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen stützt. Das Ziel von Art. 185 § 2 des CIR 92 besteht darin, zu gewährleisten, dass die Bemessungsgrundlage der in Belgien der Steuer unterliegenden Gesellschaften durch Berichtigungen auf die Gewinne aus grenzüberschreitenden Transaktionen innerhalb des Konzerns angepasst werden kann, wenn die angewandten Verrechnungspreise die Marktmechanismen und den Fremdvergleichsgrundsatz nicht widerspiegeln. Außerdem wird der in Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 eingeführte Begriff „entsprechende Anpassung“ damit begründet, dass damit das Ziel verfolgt werde, eine Doppelbesteuerung zu verhindern oder zu unterbinden. Zudem wird dargelegt, dass diese Anpassung im Einzelfall auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu erfolgen habe, die insbesondere vom Steuerpflichtigen vorgelegt würden, und dass eine korrespondierende Anpassung nur vorzunehmen sei, wenn die belgische Steuerverwaltung der Auffassung sei, dass die primäre Anpassung in einem anderen Mitgliedstaat dem Grundsatz und der Höhe nach gerechtfertigt sei.

– Art. 185 § 2 des CIR 92

13 Art. 185 § 2 des CIR 92 legt fest:

„… [F]ür zwei Gesellschaften, die Teil einer multinationalen Gruppe verbundener Gesellschaften sind, und in Bezug auf ihre gegenseitigen grenzüberschreitenden Beziehungen [gilt]:

a) Wenn die beiden Gesellschaften in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden sind, die von denen abweichen, die unabhängige Gesellschaften miteinander vereinbaren würden, so dürfen Gewinne, die eine der Gesellschaften ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieser Gesellschaft zugerechnet werden.

b) Wenn in die Gewinne einer Gesellschaft Gewinne einbezogen werden, die ebenfalls in die Gewinne einer anderen Gesellschaft einbezogen werden, und wenn die derart einbezogenen Gewinne Gewinne sind, die die andere Gesellschaft erzielt hätte, wenn die zwischen den beiden Gesellschaften vereinbarten Bedingungen denen entsprächen, die unabhängige Gesellschaften miteinander vereinbart hätten, werden die Gewinne der ersten Gesellschaft entsprechend angepasst.“

Verwaltungsrundschreiben vom

14 Das Rundschreiben vom zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes (im Folgenden: Verwaltungsrundschreiben vom ) wurde den Beamten der Allgemeinen Steuerverwaltung (Belgien) im Namen des Finanzministers übermittelt, um u. a. die Einfügung eines § 2 in Art. 185 des CIR 92 und die entsprechende Anpassung dieses Gesetzbuchs zu erläutern. In dem Verwaltungsrundschreiben vom wird darauf hingewiesen, dass diese Änderungen, die seit dem in Kraft seien, im belgischen Steuerrecht den Fremdvergleichsgrundsatz umsetzen sollten und die Rechtsgrundlage bildeten, die es im Hinblick auf diesen Grundsatz erlaube, den steuerbaren Gewinn aus grenzüberschreitenden Beziehungen innerhalb des Konzerns zwischen verbundenen Unternehmen, die Teil eines multinationalen Konzerns seien, anzupassen.

15 So wird in dem Verwaltungsrundschreiben vom zum einen dargelegt, dass die in Art. 185 § 2 Buchst. a des CIR 92 vorgesehene positive Anpassung eine Erhöhung der Gewinne der zu einem multinationalen Konzern gehörenden inländischen Gesellschaft gestatte, um die Gewinne einzubeziehen, die die inländische Gesellschaft bei einem bestimmten Geschäft in einem fremdvergleichskonformen Kontext hätte erzielen müssen.

16 Zum anderen habe die in Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 vorgesehene negative korrespondierende Anpassung das Ziel, eine Doppelbesteuerung zu verhindern oder zu unterbinden. Hierfür könne kein Kriterium festgelegt werden, da diese Anpassung im Einzelfall auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu erfolgen habe, die insbesondere vom Steuerpflichtigen vorgelegt würden. Außerdem sei eine korrespondierende Anpassung nur vorzunehmen, wenn die Steuerverwaltung oder die Behörde für Steuervorbescheide der Auffassung sei, dass die Anpassung dem Grundsatz und der Höhe nach gerechtfertigt sei. Im Übrigen sei Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 nicht anwendbar, wenn der in dem Partnerstaat erzielte Gewinn so erhöht werde, dass er höher sei als derjenige, der im Fall der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes erlangt würde.

Antworten des Finanzministers auf parlamentarische Anfragen zur Anwendung von Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92

17 Am bestätigte der Finanzminister in Beantwortung parlamentarischer Anfragen betreffend die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse zunächst, dass Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 die Situation betreffe, in der ein Vorbescheid zu einer Methode erlassen werde, mit der zu einem fremdvergleichskonformen Gewinn gelangt werden solle. Sodann bestätigte er, dass die in den belgischen Finanzberichten eines in Belgien tätigen internationalen Konzerns ausgewiesenen Gewinne, die die fremdvergleichskonformen Gewinne überstiegen, bei der Bestimmung des steuerlichen Gewinns in Belgien nicht zu berücksichtigen seien. Schließlich bestätigte er die Auffassung, dass die Feststellung, welche ausländischen Unternehmen diese Mehrgewinne zu ihren Gewinnen hinzurechnen müssten, keine Aufgabe der belgischen Steuerbehörden sei.

18 Am erklärte der Finanzminister in Beantwortung einer neuen Reihe von parlamentarischen Anfragen zur Anwendung von Art. 185 § 2 Buchst. a und b des CIR 92, dass bisher nur Anträge bezüglich negativer Anpassungen eingegangen seien. Darüber hinaus stellte er klar, dass für die Bestimmung der Methode zur Festsetzung des fremdvergleichskonformen Gewinns des belgischen Unternehmens im Rahmen der Steuervorbescheide die ausgeübten Aufgaben, die getragenen Risiken und die Vermögenswerte, die für Tätigkeiten bestimmt seien, die in Belgien noch keine steuerliche Wirkung gehabt hätten, berücksichtigt würden. Daher dürfe der in Belgien durch die belgischen Finanzberichte des internationalen Konzerns ausgewiesene Gewinn, der den fremdvergleichskonformen Gewinn überschreite, nicht in den in Belgien steuerpflichtigen Gewinn einbezogen werden. Schließlich wies der Finanzminister darauf hin, dass es, da es nicht Sache des belgischen Fiskus sei, zu bestimmen, welchen ausländischen Gesellschaften der Mehrgewinn zuzurechnen sei, unmöglich sei, insoweit Informationen mit ausländischen Steuerbehörden auszutauschen.

19 Am bestätigte der Finanzminister schließlich, dass das den Steuervorbescheiden zugrunde liegende Prinzip darin bestehe, den Gewinn zu besteuern, der einem fremdvergleichskonformen Gewinn für das betreffende Unternehmen entspreche, und bekräftigte die von seinem Vorgänger am gegebenen Antworten zu dem Umstand, dass der belgische Fiskus nicht zu entscheiden habe, welcher ausländischen Gesellschaft der in Belgien nicht besteuerte Mehrgewinn zuzurechnen sei.

Streitiger Beschluss

20 Mit dem streitigen Beschluss stellte die Kommission fest, dass die vom Königreich Belgien durch Steuervorbescheide, die auf Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 gestützt seien, gewährten Befreiungen eine Beihilferegelung im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei und unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV angewandt worden sei. Die Kommission ordnete die Rückforderung der gewährten Beihilfen von den Empfängern an, deren abschließende Liste das Königreich Belgien später aufzustellen hatte.

21 Erstens stellte die Kommission bei der Bewertung der Beihilfemaßnahme (Erwägungsgründe 94 bis 110 des streitigen Beschlusses) fest, dass die in Rede stehende Maßnahme eine Beihilferegelung darstelle, die auf Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 in seiner Anwendung durch die belgische Steuerverwaltung gestützt sei. Diese Anwendung sei in der Begründung des Gesetzes vom , in dem Verwaltungsrundschreiben vom und in den Antworten des Finanzministers auf die parlamentarischen Anfragen zur Anwendung von Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 erläutert worden. Diese Rechtsakte stellten nach Auffassung der Kommission die Grundlage für die Gewährung der in Rede stehenden Befreiungen dar. Außerdem seien diese Befreiungen gewährt worden, ohne dass der Erlass von Maßnahmen zur Durchführung der grundlegenden Bestimmungen erforderlich gewesen sei – die Steuervorbescheide seien nur technische Modalitäten für die Anwendung der fraglichen Regelung. Im Übrigen seien die Begünstigten der Befreiungen „in einer allgemeinen und abstrakten Weise“ durch die der Regelung zugrunde liegenden Bestimmungen definiert. Diese seien nämlich auf Unternehmen anwendbar, die einer multinationalen Gruppe von Unternehmen angehörten.

22 Zweitens wies die Kommission in Bezug auf die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 107 Abs. 1 AEUV (Erwägungsgründe 111 bis 117 des streitigen Beschlusses) als Erstes darauf hin, dass die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse eine Maßnahme des Staates sei, die diesem zuzurechnen sei und zu einem Verlust staatlicher Mittel führe, soweit diese Befreiung eine Verringerung der Steuer zur Folge habe, die von den die betreffende Regelung in Anspruch nehmenden Unternehmen in Belgien zu entrichten sei. Als Zweites stellte sie fest, dass die entsprechende Regelung den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen könne, da sie von multinationalen Konzernen, die ihre Tätigkeiten in mehreren Mitgliedstaaten ausübten, in Anspruch genommen worden sei. Als Drittes hob die Kommission hervor, dass die fragliche Regelung die begünstigten Unternehmen von einer Belastung entbinde, die diese normalerweise zu tragen gehabt hätten, und dass diese Regelung folglich den Wettbewerb verfälsche oder zu verfälschen drohe, indem sie die finanzielle Situation dieser Unternehmen stärke. Als Viertes nahm die Kommission an, dass die in Rede stehende Regelung den belgischen Unternehmen einen selektiven Vorteil verschaffe, indem sie nur die multinationalen Konzerne, denen diese Unternehmen angehörten, begünstige.

23 Drittens stellte die Kommission fest, dass die fraglichen Maßnahmen eine Betriebsbeihilfe darstellten und daher nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar seien. Außerdem stellten diese Maßnahmen, da sie der Kommission nicht nach Art. 108 Abs. 3 AEUV mitgeteilt worden seien, rechtswidrige Beihilfen dar (Erwägungsgründe 189 bis 194 des streitigen Beschlusses).

24 In Bezug auf die Rückforderung der Beihilfen (Erwägungsgründe 195 bis 211 des streitigen Beschlusses) wies die Kommission darauf hin, dass das Königreich Belgien weder den Grundsatz des Vertrauensschutzes noch den Grundsatz der Rechtssicherheit geltend machen könne, um sich seiner Verpflichtung zur Rückforderung der rechtswidrig gewährten unvereinbaren Beihilfen zu entziehen; die zurückzufordernden Beträge könnten für jeden Empfänger auf der Grundlage der Differenz zwischen der auf der Grundlage des tatsächlich erzielten Gewinns fälligen Steuer und der gemäß dem Vorbescheid tatsächlich entrichteten Steuer berechnet werden.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

25 Mit Klageschriften, die am 22. März und am bei der Kanzlei des Gerichts eingingen, erhoben das Königreich Belgien und Magnetrol International Klagen auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

26 Das Gericht entschied, die Rechtssachen T‑131/16, Belgien/Kommission, und T‑263/16, Magnetrol International/Kommission, gemäß Art. 68 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung zu verbinden.

27 Das Königreich Belgien stützte seine Nichtigkeitsklage auf fünf Gründe. Der erste Klagegrund betraf einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 6 AEUV und Art. 5 Abs. 1 und 2 EUV, da die Kommission in die Steuerhoheit des Königreichs Belgien eingegriffen habe. Der zweite Klagegrund betraf einen Rechtsfehler und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, da die Kommission die in Rede stehenden Maßnahmen zu Unrecht als Beihilferegelung eingestuft habe. Dieser Klagegrund gliederte sich in zwei Teile, wobei mit dem ersten die Bestimmung der Rechtsakte, auf die sich die in Rede stehende Regelung stütze, und mit dem zweiten die Erwägung hinsichtlich des Fehlens näherer Durchführungsmaßnahmen angegriffen wurden. Der dritte Klagegrund betraf einen Verstoß gegen Art. 107 AEUV, da die Kommission angenommen habe, dass das System der Befreiung von Gewinnüberschüssen eine staatliche Beihilfemaßnahme darstelle. Der vierte Klagegrund betraf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission bei der Bestimmung der Empfänger der angeblichen Beihilfe. Der fünfte, hilfsweise geltend gemachte Klagegrund betraf einen Verstoß gegen den allgemeinen Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und gegen Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589, da der streitige Beschluss Rückforderungen bei multinationalen Konzernen anordne, denen die belgischen Steuersubjekte, denen ein Steuervorbescheid erteilt worden sei, angehörten.

28 Magnetrol International stützte ihre Nichtigkeitsklage auf vier Gründe. Der erste Klagegrund betraf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, einen Befugnismissbrauch und das Fehlen einer Begründung, soweit die Kommission im streitigen Beschluss das Vorliegen einer Beihilferegelung festgestellt habe. Der zweite Klagegrund betraf einen Verstoß gegen Art. 107 AEUV sowie gegen die Begründungspflicht und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, soweit die Kommission die in Rede stehende Regelung im streitigen Beschluss als selektive Maßnahme eingestuft habe. Der dritte Klagegrund betraf einen Verstoß gegen Art. 107 AEUV sowie gegen die Begründungspflicht und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, soweit die Kommission im streitigen Beschluss festgestellt habe, dass durch die angebliche Beihilferegelung ein Vorteil gewährt werde. Der vierte, hilfsweise geltend gemachte Klagegrund betraf einen Verstoß gegen Art. 107 AEUV, einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, einen Befugnismissbrauch und das Fehlen einer Begründung hinsichtlich der im streitigen Beschluss angeordneten Rückforderung der Beihilfe, der Bestimmung der Empfänger sowie des zurückzufordernden Betrags.

29 Im angefochtenen Urteil hat das Gericht als Erstes die Klagegründe geprüft, mit denen das Königreich Belgien und Magnetrol International im Wesentlichen geltend gemacht hatten, dass die Kommission ihre Befugnisse im Bereich der staatlichen Beihilfen verkannt und in die ausschließliche Zuständigkeit des Königreichs Belgien im Bereich der direkten Besteuerung eingegriffen habe (erster Klagegrund in der Rechtssache T‑131/16 und erster Teil des dritten Klagegrundes in der Rechtssache T‑263/16). In Rn. 74 des angefochtenen Urteils hat das Gericht diese Klagegründe als unbegründet zurückgewiesen.

30 Als Zweites hat das Gericht die Klagegründe des Königreichs Belgien und von Magnetrol International geprüft, mit denen im Wesentlichen geltend gemacht wurde, die Kommission habe fehlerhaft das Vorliegen einer Beihilferegelung im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 festgestellt, insbesondere aufgrund einer falschen Bestimmung der Rechtsakte, auf die sich die in Rede stehende Regelung gründe, und der fehlerhaften Erwägung, dass die Beihilferegelung keine näheren Durchführungsmaßnahmen erfordere (zweiter Klagegrund in der Rechtssache T‑131/16 und erster Klagegrund in der Rechtssache T‑263/16).

31 In den Rn. 86 bis 88 des angefochtenen Urteils hat das Gericht zunächst auf die Elemente hingewiesen, die den Begriff „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 definierten. Sodann hat es erstens in den Rn. 90 bis 98 dieses Urteils geprüft, ob sich die wesentlichen Elemente der in Rede stehenden Regelung aus den Bestimmungen ergaben, die die Kommission als Grundlage für die Regelung identifiziert hat, um insbesondere festzustellen, ob die Einzelbeihilfen ohne nähere Durchführungsmaßnahmen gewährt wurden. Zweitens hat das Gericht in den Rn. 99 bis 113 des angefochtenen Urteils geprüft, ob die belgischen Steuerbehörden beim Erlass der Steuervorbescheide, von denen die Nichtbesteuerung der Gewinnüberschüsse abhing, über ein Ermessen verfügten, das es ihnen ermöglichte, die Höhe der Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse, die wesentlichen Elemente der betreffenden Regelung und die Bedingungen, unter denen die Beihilfe gewährt wurde, zu beeinflussen. Drittens hat das Gericht in den Rn. 114 bis 119 des angefochtenen Urteils geprüft, ob die die in Rede stehende Regelung begründenden Rechtsakte die Begünstigten „in einer allgemeinen und abstrakten Weise“ definierten.

32 Am Ende dieser Prüfung hat das Gericht in Rn. 120 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission zu Unrecht zu dem Schluss gelangt sei, dass die Steuerregelung für Gewinnüberschüsse, wie sie im streitigen Beschluss definiert werde, keine näheren Durchführungsmaßnahmen erfordere und daher eine „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 darstelle. In den Rn. 121 bis 132 des angefochtenen Urteils hat das Gericht außerdem das Vorbringen der Kommission zurückgewiesen, dass es ein „systematisches Konzept“ der belgischen Behörden gebe, das sie im Rahmen der Prüfung von 22 Steuervorbescheiden von den 66 bestehenden Steuervorbescheiden betreffend die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse festgestellt habe, und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dieses Vorbringen die in Rn. 120 des angefochtenen Urteils gezogene Schlussfolgerung nicht in Frage stelle.

33 Daher hat das Gericht in Rn. 136 des angefochtenen Urteils den Klagegründen stattgegeben, mit denen das Königreich Belgien und Magnetrol International einen Verstoß gegen Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 geltend gemacht hatten. Folglich hat das Gericht den streitigen Beschluss insgesamt für nichtig erklärt, ohne dass es eine Prüfung der übrigen gegen diesen Beschluss vorgebrachten Klagegründe für erforderlich hielt.

Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

34 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kommission,

  • das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit darin festgestellt wird, dass das System der Befreiung von Gewinnüberschüssen im streitigen Beschluss zu Unrecht als „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 eingestuft wurde;

  • die Rechtssache zur Entscheidung über die verbleibenden Klagegründe an das Gericht zurückzuverweisen;

  • die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Rechtsmittelverfahrens vorzubehalten.

35Das Königreich Belgien sowie Magnetrol International und die Streithelferinnen im Rechtsmittelverfahren beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

36 Irland, Streithelfer im ersten Rechtszug, hat sich am Verfahren vor dem Gerichtshof nicht beteiligt.

37 Mit Beschlüssen des Präsidenten des Gerichtshofs vom sind die Soudal NV, die Esko-Graphics BVBA, die Flir Systems Trading Belgium BVBA, die Anheuser-Busch InBev SA/NV, die Ampar BVBA, die Atlas Copco Airpower NV, die Atlas Copco AB, die Wabco Europe BVBA und die Celio International NV (im Folgenden zusammen: Streithelferinnen im Rechtsmittelverfahren) als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge von Magnetrol International zugelassen worden.

38 Mit seinem Anschlussrechtsmittel beantragt das Königreich Belgien,

  • das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben, soweit das Gericht den ersten Nichtigkeitsgrund dieses Mitgliedstaats zurückgewiesen hat, und über diesen Grund zu entscheiden;

  • das angefochtene Urteil zu bestätigen, soweit der streitige Beschluss darin für nichtig erklärt wird;

  • der Kommission die im Rahmen des Anschlussrechtsmittels entstandenen Kosten aufzuerlegen.

39 Die Kommission beantragt, das Anschlussrechtsmittel zurückzuweisen.

Zum Rechtsmittel

Zur Zulässigkeit

Vorbringen der Parteien

40 Das Königreich Belgien und Magnetrol International, unterstützt durch die Streithelferinnen im Rechtsmittelverfahren, machen im Wesentlichen geltend, dass das Rechtsmittel der Kommission unzulässig sei.

41 Erstens bringt Magnetrol International, insoweit unterstützt durch Soudal, Esko-Graphics und Wabco Europe, vor, dass mit den in diesem Rechtsmittel gestellten Anträgen, so wie sie formuliert worden seien, die Aufhebung des angefochtenen Urteils nur insoweit begehrt werde, als das Gericht zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Kommission das System der Befreiung von Gewinnüberschüssen fälschlicherweise als „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 eingestuft habe. Die Kommission habe somit die teilweise Aufhebung eines unteilbaren Teils des Tenors des angefochtenen Urteils beantragt, so dass dieser Antrag unzulässig sei.

42 Zweitens sind das Königreich Belgien sowie Soudal, Esko-Graphics und Flir Systems Trading Belgium der Ansicht, dass die Kommission mit diesem Rechtsmittel den Gerichtshof um eine neue Tatsachenwürdigung ersuche, ohne jedoch Anhaltspunkte dafür darzutun, dass die Tatsachen verfälscht worden wären. Außerdem stütze sich das Vorbringen der Kommission auf neue Tatsachen, mit denen u. a. der streitige Beschluss im Nachhinein neu formuliert werden solle.

43 Drittens machen das Königreich Belgien sowie Soudal und Esko-Graphics geltend, die Kommission habe nicht hinreichend genau angegeben, worin der Fehler des Gerichts bei der Auslegung von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 bestehe.

44 Die Kommission bestreitet dieses Vorbringen und hält das Rechtsmittel für zulässig.

Würdigung durch den Gerichtshof

45 Was erstens die Rüge der Unzulässigkeit der Rechtsmittelanträge der Kommission betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 169 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs „[d]ie Rechtsmittelanträge … auf die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts in der Gestalt der Entscheidungsformel gerichtet sein [müssen]“.

46Diese Vorschrift betrifft den fundamentalen Grundsatz im Bereich der Rechtsmittel, wonach das Rechtsmittel gegen die Entscheidungsformel der Entscheidung des Gerichts gerichtet sein muss und nicht lediglich auf die Änderung bestimmter Gründe dieser Entscheidung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , British Airways/Kommission, C‑122/16 P, EU:C:2017:861, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47 Im vorliegenden Fall sind die Anträge der Kommission vor dem Gerichtshof, wie sie in Rn. 34 erster Gedankenstrich des vorliegenden Urteils wiedergegeben sind, entgegen dem wesentlichen Vorbringen von Magnetrol International auf die vollständige und nicht auf die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils gerichtet. Das Gericht hat nämlich, indem es dem vom Königreich Belgien und von Magnetrol International vorgebrachten Klagegrund, mit dem gerügt wurde, dass das System der Befreiung von Gewinnüberschüssen fälschlicherweise als „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 eingestuft worden sei, stattgegeben hat, den streitigen Beschluss für nichtig erklärt, und die Kommission greift mit ihrem Rechtsmittel Nr. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils an.

48 Unter diesen Umständen ist diese Rüge zurückzuweisen.

49 Zweitens kann das Vorbringen nicht durchgreifen, wonach das Rechtsmittel der Kommission auf eine Überprüfung der Tatsachenfeststellungen des Gerichts durch den Gerichtshof abziele.

50 Zum einen wirft die Kommission mit ihrem einzigen Rechtsmittelgrund nämlich Rechtsfragen auf, die sich auf die Auslegung von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 durch das Gericht beziehen, um die Richtigkeit der rechtlichen Entscheidung des Gerichts im angefochtenen Urteil in Frage zu stellen, insbesondere soweit es davon ausgegangen sei, dass das System der Befreiung von Gewinnüberschüssen nicht die Voraussetzungen erfülle, um als „Beihilferegelung“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft zu werden. Folglich ist die Argumentation, die sie hierzu im Rahmen der vier Teile des einzigen Rechtsmittelgrundes vorträgt, zulässig.

51 Zum anderen macht die Kommission im Rahmen dieses einzigen Rechtsmittelgrundes auch geltend, dass das Gericht mehrere Erwägungsgründe des streitigen Beschlusses verfälscht habe, insbesondere indem es verkannt habe, dass die Kommission dort festgestellt habe, dass das System der Befreiung von Gewinnüberschüssen auf einer ständigen Verwaltungspraxis der belgischen Steuerbehörden beruhe, die darin bestanden habe, dass Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 systematisch contra legem angewandt worden sei.

52 Diese Argumentation, die sich letztlich auf die Auslegung des streitigen Beschlusses durch das Gericht bezieht und die im Übrigen darauf gestützt wird, dass das Gericht die von der Kommission angeführten Tatsachen und Beweise verfälscht habe, ist jedoch als zulässig anzusehen.

53 Außerdem betrifft dieses Vorbringen auch die Rn. 121 bis 134 des angefochtenen Urteils, in denen sich das Gericht zu der Frage geäußert hat, ob die Kommission das Bestehen der in Rn. 51 des vorliegenden Urteils genannten ständigen Verwaltungspraxis, die ihrer Ansicht nach den Schluss zulässt, dass das System der Befreiung von Gewinnüberschüssen eine „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 darstelle, rechtlich hinreichend nachgewiesen hat. Die Prüfung einer solchen Frage, die sich auf die Begründung des streitigen Beschlusses und die Beweisgrundsätze bezieht, ist jedoch im Rechtsmittelverfahren zulässig.

54 Drittens ist auch die Rüge der Ungenauigkeit des Rechtsmittels zurückzuweisen.

55 In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen genügt nämlich die Feststellung, dass aus dem Rechtsmittel klar hervorgeht, dass die Kommission geltend macht, das Gericht habe die in Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 festgelegten Voraussetzungen falsch ausgelegt und bestimmte Erwägungsgründe des streitigen Beschlusses verfälscht. Insoweit benennt die Kommission nicht nur genau diese Erwägungsgründe, sondern auch die Randnummern des angefochtenen Urteils, die sie beanstanden möchte. Daher ist diese Rüge zurückzuweisen.

56 Nach alledem ist das Rechtsmittel zulässig.

57 Soweit das Königreich Belgien und Magnetrol International, unterstützt durch die Streithelferinnen im Rechtsmittelverfahren, im Übrigen geltend machen, dass sich das Rechtsmittel auf neue Tatsachen stütze oder den streitigen Beschluss umschreiben solle, wird dieses Vorbringen, soweit erforderlich, im Rahmen der Begründetheit des Rechtsmittels geprüft.

Zur Begründetheit

Vorbemerkungen

58 Der einzige von der Kommission geltend gemachte Rechtsmittelgrund betrifft Fehler, die das Gericht bei der Auslegung von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589, der den Begriff „Beihilferegelung“ definiert, begangen habe.

59 Nach dieser Bestimmung versteht man unter einer „Beihilferegelung“ u. a. eine Regelung, wonach Unternehmen, die in der Regelung in einer allgemeinen und abstrakten Weise definiert werden, ohne Erlass näherer Durchführungsmaßnahmen Einzelbeihilfen gewährt werden können.

60 Die Einstufung einer staatlichen Maßnahme als Beihilferegelung setzt somit voraus, dass drei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens können Unternehmen auf der Grundlage einer Regelung Einzelbeihilfen gewährt werden. Zweitens ist für die Gewährung dieser Beihilfen keine nähere Durchführungsmaßnahme erforderlich. Drittens müssen die Unternehmen, denen Einzelbeihilfen gewährt werden können, „in einer allgemeinen und abstrakten Weise“ definiert werden.

61 Der einzige Rechtsmittelgrund der Kommission besteht aus vier Teilen. Die ersten drei Teile betreffen im Wesentlichen die drei Voraussetzungen für die Definition einer „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589. Der vierte Teil betrifft eine Verkennung des Normzwecks dieser Bestimmung durch das Gericht.

Zum ersten Teil

– Vorbringen der Parteien

62 Mit dem ersten Teil ihres einzigen Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, das Gericht habe die erste Voraussetzung von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 falsch ausgelegt und angewandt. Diese Auslegung habe das Gericht zu einer Verfälschung der Erwägungsgründe 94 bis 110 des streitigen Beschlusses veranlasst, indem es in den Rn. 84, 90 bis 120 und 125 des angefochtenen Urteils den Schluss gezogen habe, dass die Kommission nur die im 99. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses genannten Rechtsakte als Grundlage für die in Rede stehende Regelung angesehen habe.

63 Nach Ansicht der Kommission geht aus den Erwägungsgründen 94 bis 110 des streitigen Beschlusses hervor, dass sie davon ausgegangen sei, dass diese Regelung auf der ständigen Verwaltungspraxis der belgischen Steuerbehörden beruhe, die darin bestehe, Art. 185 § 2 des CIR 92 systematisch contra legem anzuwenden.

64 Zu dem in Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 verwendeten Begriff „Regelung“ vertritt die Kommission erstens die Auffassung, dass dieser Begriff trotz der Unterschiede zwischen den verschiedenen Sprachfassungen dieser Verordnung eine ständige Verwaltungspraxis der Behörden eines Mitgliedstaats umfassen könne. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs – Urteil vom , Deutschland und Pleuger Worthington/Kommission (C‑324/90 und C‑342/90, EU:C:1994:129, Rn. 14 und 15) – spreche für eine solche Auslegung.

65 Im angefochtenen Urteil habe das Gericht diesen Begriff eng ausgelegt, was es dazu veranlasst habe, das System der Befreiung von Gewinnüberschüssen so zu prüfen, dass es unzutreffend zwischen der Verwaltungspraxis, aus der dieses System bestehe, und den normativen Regelungen, auf denen es beruhe, unterschieden habe. Es hätte jedoch prüfen müssen, ob dieses System insoweit eine „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 darstelle, als es auf einer ständigen Verwaltungspraxis der belgischen Steuerbehörden in Form der systematischen Anwendung von Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 contra legem beruhe.

66 Zweitens gehe aus den Erwägungsgründen 94 bis 110 des streitigen Beschlusses rechtlich hinreichend hervor, dass die Kommission das System der Befreiung von Gewinnüberschüssen so verstanden habe, dass es auf dieser ständigen Verwaltungspraxis beruhe. Aus diesem Grund habe die Kommission mehrfach zwischen Steuervorbescheiden über Gewinnüberschüsse, die gemäß dieser ständigen Verwaltungspraxis auf einer systematischen Anwendung von Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 contra legem beruhten und zu einer Beihilferegelung führten, und Steuervorbescheiden, die unter Einhaltung dieser Bestimmung gewährt worden seien und zu keiner staatlichen Beihilfe geführt hätten, unterschieden.

67 Drittens seien die Gründe in den Erwägungsgründen 94 bis 110 des streitigen Beschlusses im Licht des Kontexts zu beurteilen, in dem dieser Beschluss erlassen worden sei, nämlich dem des Beschlusses der Kommission vom in der Sache SA.37667 (2015/C) (ex 2015/NN) über Steuervorbescheide zu Mehrgewinnen in Belgien – Art. 185 § 2 Buchst. b CIR 92 – Aufforderung zur Stellungnahme nach Art. 108 Abs. 2 AEUV (ABl. 2015, C 188, S. 24, im Folgenden: Einleitungsbeschluss). Aus dem Einleitungsbeschluss gehe eindeutig hervor, dass die Kommission stets davon ausgegangen sei, dass das System der Befreiung von Gewinnüberschüssen auf einer ständigen Verwaltungspraxis beruhe, die in einer fehlerhaften Anwendung von Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 und der Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet bestehe.

68 Das Königreich Belgien hält den ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes für unbegründet.

69 Magnetrol International, unterstützt durch die Streithelferinnen im Rechtsmittelverfahren, ist der Ansicht, dass die Kommission mit diesem ersten Teil versuche, die Begründung des streitigen Beschlusses nachträglich zu ändern, und das angefochtene Urteil falsch verstanden habe.

70 Hilfsweise machen diese Parteien geltend, die Kommission könne sich zum Nachweis des Vorliegens einer „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 nur dann auf ein „systematisches Konzept“ der Behörden eines Mitgliedstaats berufen, wenn sie keinen Rechtsakt identifiziere, der der in Rede stehenden Regelung zugrunde liegen könnte. Diese Auslegung werde durch die in den Rn. 79 und 122 des angefochtenen Urteils angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofs gestützt. Im vorliegenden Fall würden aber in den Erwägungsgründen 97 bis 99 des streitigen Beschlusses solche Rechtsakte als Grundlage für die in Rede stehende Regelung benannt. Daher könne sich die Kommission nicht auf ein „systematisches Konzept“ stützen, um den Schluss zu ziehen, dass eine solche Regelung vorliege.

– Würdigung durch den Gerichtshof

71 Soweit die Kommission dem Gericht vorwirft, die erste in Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 vorgesehene Voraussetzung falsch ausgelegt zu haben, ist als Erstes zu prüfen, ob, wie dieses Unionsorgan geltend macht, eine Steuervorschrift eines Mitgliedstaats als eine „Regelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 anzusehen ist, wenn sie von den Steuerbehörden dieses Mitgliedstaats systematisch contra legem angewandt wird, und, im Fall einer solchen Anwendung, ob die ständige Verwaltungspraxis dieser Behörden bei der Bestimmung der Rechtsakte zu berücksichtigen ist, aus denen die auf dieser Steuervorschrift beruhende Beihilferegelung besteht.

72 Was erstens die Bedeutung des Begriffs „Regelung“ in Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 betrifft, ist festzustellen, dass dieser Begriff nach dem Wortlaut dieser Vorschrift auf eine Regelung verweist, nach der Unternehmen ohne den Erlass näherer Durchführungsmaßnahmen Einzelbeihilfen gewährt werden können.

73 Insoweit ist hervorzuheben, dass sich anhand der wörtlichen Auslegung dieser Vorschrift nicht bestimmen lässt, ob der Begriff „Regelung“ eine Regelung umfassen kann, die nach Ansicht der Kommission dadurch gekennzeichnet ist, dass eine Steuervorschrift eines Mitgliedstaats durch dessen Steuerbehörden im Rahmen einer ständigen Verwaltungspraxis systematisch contra legem angewandt wird. Wie die Kommission geltend macht, verwenden die verschiedenen Sprachfassungen von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 nämlich voneinander abweichende Begriffe, die je nach Fall eine solche Verwaltungspraxis erfassen können oder nicht.

74 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss die fragliche Vorschrift, um die einheitliche Auslegung und Anwendung eines Textes sicherzustellen, dessen Fassung in einer Sprache der Union von den Fassungen in den anderen Sprachen abweicht, anhand des Zusammenhangs und des Zwecks der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (Urteil vom , Kommission/Kolachi Raj Industrial, C‑709/17 P, EU:C:2019:717, Rn. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).

75 Was zweitens den Kontext betrifft, in den sich Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 einfügt, ist darauf hinzuweisen, dass sich der Begriff „Beihilferegelung“ vom Begriff „Einzelbeihilfen“ im Sinne von Art. 1 Buchst. e dieser Verordnung unterscheidet.

76 Im Unterschied zu Einzelbeihilfen, die staatliche Beihilfemaßnahmen betreffen, die anhand der Kriterien des Art. 107 Abs. 1 AEUV einzeln geprüft werden müssen, ermöglicht es die Heranziehung des Begriffs „Beihilferegelung“ der Kommission, im Licht dieser Bestimmung eine Gesamtheit von Einzelbeihilfen zu prüfen, die Unternehmen auf der Grundlage einer gemeinsamen Regelung gewährt wurden, die grundsätzlich deren Rechtsgrundlage darstellt.

77 Insoweit hat das Gericht in Rn. 78 des angefochtenen Urteils zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die Kommission bei einer Beihilferegelung darauf beschränken kann, ihre Merkmale zu untersuchen, um in den Gründen des fraglichen Beschlusses zu würdigen, ob diese Regelung den Beihilfeempfängern wegen der in ihr vorgesehenen Modalitäten einen spürbaren Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern sichert und so beschaffen ist, dass sie ihrem Wesen nach vor allem Unternehmen zugutekommt, die sich am Handel zwischen Mitgliedstaaten beteiligen. So braucht die Kommission in einem Beschluss über eine solche Regelung keine Analyse der im Einzelfall auf der Grundlage einer solchen Regelung gewährten Beihilfe durchzuführen. Erst im Stadium der Rückforderung der Beihilfen ist es erforderlich, die konkrete Situation jedes einzelnen betroffenen Unternehmens zu untersuchen.

78 Hieraus ergibt sich, dass der Begriff „Regelung“ in Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 Rechtsakte bezeichnet, die eine Beihilferegelung bilden, anhand deren die für ihre Einstufung als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV erforderlichen wesentlichen Merkmale ermittelt werden können.

79 Zwar werden mit diesem Begriff im Allgemeinen die Rechtsakte bezeichnet werden, die die Rechtsgrundlage der Beihilferegelung bilden, doch kann, wie das Gericht im Übrigen festgestellt hat, nicht ausgeschlossen werden, dass er unter bestimmten Umständen auch auf eine ständige Verwaltungspraxis der Behörden eines Mitgliedstaats verweisen kann, wenn diese Praxis ein „systematisches Konzept“ erkennen lässt, dessen Merkmale die Anforderungen gemäß Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 erfüllen.

80 Insoweit hat das Gericht in Rn. 79 des angefochtenen Urteils zu Recht auf die Rn. 14 und 15 des Urteils vom , Deutschland und Pleuger Worthington/Kommission (C‑324/90 und C‑342/90, EU:C:1994:129), Bezug genommen, um darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof entschieden hat, dass sich die Kommission im Rahmen der Prüfung einer Beihilferegelung, wenn es keine Rechtsgrundlage gibt, mit der eine solche Beihilferegelung eingeführt wird, auf Umstände stützen kann, die in ihrer Gesamtheit darauf schließen lassen, dass der Sache nach eine Beihilferegelung vorliegt.

81 Entgegen dem, was insbesondere Magnetrol International, insoweit unterstützt durch die Streithelferinnen im Rechtsmittelverfahren, geltend macht, geht aus diesem Urteil des Gerichtshofs nicht hervor, dass die Möglichkeit der Kommission, festzustellen, dass der Sache nach eine Beihilferegelung vorliegt, auf die Situation beschränkt wäre, dass es keine Rechtsvorschrift gibt, mit der diese Regelung eingeführt würde. Vielmehr lassen die Erkenntnisse aus diesem Urteil des Gerichtshofs den Schluss zu, dass eine solche Möglichkeit erst recht gegeben ist, wenn sich die Beihilferegelung, wie die Kommission im vorliegenden Fall vorträgt, daraus ergibt, dass die Steuerbehörden eines Mitgliedstaats eine Steuervorschrift dieses Mitgliedstaats im Rahmen einer ständigen Verwaltungspraxis systematisch contra legem anwenden.

82 Die Berücksichtigung einer solchen Verwaltungspraxis bei der Bestimmung der „Regelung“, die eine Beihilferegelung im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 darstellt, ermöglicht es nämlich, die tatsächliche Tragweite dieser Steuervorschrift aufzuzeigen, die allein auf der Grundlage dieser Vorschrift sonst nicht erfasst werden könnte.

83 Drittens wird diese Auslegung des Begriffs „Regelung“ durch das mit der Verordnung 2015/1589 verfolgte Ziel gestützt, das darin besteht, die Modalitäten der Kontrolle staatlicher Beihilfen nach Art. 108 AEUV festzulegen.

84 Die praktische Wirksamkeit der Vorschriften über staatliche Beihilfen würde nämlich erheblich geschwächt, wenn der Begriff „Regelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 dahin gehend beschränkt wäre, dass er nur die förmlichen Rechtsakte bezeichnet, die eine Beihilferegelung bilden.

85 Zum einen wären in diesem Fall Umfang und Modalitäten dieser Kontrolle zwangsläufig von der Form abhängig, die die Mitgliedstaaten den staatlichen Beihilfemaßnahmen verleihen. Zum anderen würden, wie die Kommission geltend macht, einige dieser Beihilfemaßnahmen, die darauf beruhen, dass eine nationale Rechtsvorschrift contra legem angewandt wird, zwangsläufig vom Begriff „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 ausgenommen, obwohl sich aus allen Umständen ergibt, dass der Sache nach eine solche Regelung gegeben ist.

86 Folglich kann die Kommission auf das Vorliegen einer Beihilferegelung schließen, wenn sie rechtlich hinreichend nachweisen kann, dass diese auf der Anwendung einer Vorschrift eines Mitgliedstaats gemäß einem „systematischen Konzept“ der Behörden dieses Mitgliedstaats beruht und die Merkmale dieses Konzepts den Anforderungen gemäß Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 entsprechen.

87 Als Zweites ist zu prüfen, ob das Gericht, wie die Kommission geltend macht, den Begriff „Regelung“ in Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 falsch angewandt und den streitigen Beschluss durch die Annahme verfälscht hat, dass nur die im 99. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses aufgeführten Rechtsakte die Grundlage der in Rede stehenden Regelung darstellten, wie sie von der Kommission identifiziert worden sei.

88 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 80 des angefochtenen Urteils in einem ersten Schritt die in den Erwägungsgründen 97 bis 99 des streitigen Beschlusses aufgezählten Rechtsakte geprüft hat. So hat es ausgeführt, dass die im 99. Erwägungsgrund des Beschlusses zusammengefassten Rechtsakte, d. h. sowohl Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 als auch die Begründung des Gesetzes vom , das Verwaltungsrundschreiben vom und die Antworten des Finanzministers auf die parlamentarischen Anfragen zur Anwendung dieser Vorschrift durch die belgischen Steuerbehörden die Rechtsakte darstellten, auf deren Grundlage die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse gewährt werde.

89 In den Rn. 81 und 82 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass die Erwägungen der Kommission eine gewisse Mehrdeutigkeit aufwiesen, da sie gleichwohl anerkannt habe, dass weder Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 noch eine andere Bestimmung des CIR 92 eine solche Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse vorschreibe.

90 Das Gericht hat jedoch in Rn. 83 des angefochtenen Urteils die Auffassung vertreten, dass nach einer Gesamtbetrachtung des streitigen Beschlusses davon auszugehen sei, dass die Grundlage der in Rede stehenden Regelung aus Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92, wie er von den belgischen Steuerbehörden angewandt werde, bestehe und dass eine solche Anwendung aus den in Rn. 88 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsakten abgeleitet werden könne. In den Rn. 84 bis 88 des angefochtenen Urteils hat das Gericht daraus im Wesentlichen abgeleitet, dass die Prüfung, ob die Voraussetzungen gemäß Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 erfüllt seien, folglich im Licht des Inhalts dieser Rechtsakte vorzunehmen sei.

91 Daher hat das Gericht in einem zweiten Schritt in den Rn. 90 bis 98 des angefochtenen Urteils u. a. geprüft, ob sich die von der Kommission im 102. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses identifizierten wesentlichen Elemente der in Rede stehenden Regelung aus den in den Erwägungsgründen 97 bis 99 dieses Beschlusses aufgezählten Rechtsakten ergeben.

92 Hierzu hat das Gericht in Rn. 92 des angefochtenen Urteils zunächst darauf hingewiesen, dass sich diese wesentlichen Elemente unter Berücksichtigung der Analyse in den Erwägungsgründen 101 und 139 des streitigen Beschlusses nicht aus diesen Rechtsakten ergäben, sondern vielmehr aus der Stichprobe der Steuervorbescheide, die von der Kommission geprüft worden sei. In Rn. 93 seines Urteils hat das Gericht zwar anerkannt, dass sich einige dieser wesentlichen Elemente tatsächlich aus diesen Rechtsakten ergäben, jedoch sei dies nicht bei allen wesentlichen Elementen der Fall, insbesondere nicht bei der Methode zur Berechnung der von der streitigen Regelung erfassten Gewinnüberschüsse in zwei Stufen sowie bei der Voraussetzung der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Zentralisierung oder der Zunahme der Geschäftstätigkeiten in Belgien.

93 Diese Erwägungen sind rechtsfehlerhaft.

94 Wie in Rn. 90 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, hat das Gericht nämlich trotz seiner Feststellung, dass sich die Rechtsgrundlage der in Rede stehenden Regelung nicht nur aus Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92, sondern aus der Anwendung dieser Vorschrift durch die belgischen Steuerbehörden ergebe, hieraus nicht alle Konsequenzen gezogen. Insbesondere hat es die Erwägungsgründe des streitigen Beschlusses nicht berücksichtigt, aus denen klar hervorging, dass die Kommission diese Anwendung nicht nur aus den im 99. Erwägungsgrund dieses Beschlusses genannten Rechtsakten, sondern auch aus einem systematischen Konzept dieser Behörden abgeleitet hat, das sie anhand einer von ihr geprüften Stichprobe von Steuervorbescheiden festgestellt hat.

95 Daher hätte das Gericht im Rahmen der in Rn. 83 des angefochtenen Urteils vorgenommenen Gesamtbetrachtung des streitigen Beschlusses die in den Erwägungsgründen 100 bis 108 und 110 dieses Beschlusses gemachten Ausführungen berücksichtigen müssen, aus denen sich im Wesentlichen ergibt, dass nach Ansicht der Kommission eines der wesentlichen Merkmale der in Rede stehenden Regelung darin bestand, dass die Behörden systematisch Bescheide erlassen hätten, mit denen die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse unter den im 102. Erwägungsgrund dieses Beschlusses aufgeführten Bedingungen gewährt worden sei.

96 Dagegen hat sich das Gericht, wie sich insbesondere aus Rn. 98 des angefochtenen Urteils ergibt, insoweit auf die falsche Prämisse gestützt, dass der Umstand, dass sich einige der wesentlichen Elemente der in Rede stehenden Regelung nicht aus den im 99. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses genannten Rechtsakten, sondern aus den Steuervorbescheiden selbst ergäben, impliziere, dass diese Rechtsakte zwangsläufig Gegenstand näherer Durchführungsmaßnahmen sein müssten.

97 Folglich hat das Gericht dadurch, dass es seine Prüfung der Voraussetzungen von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 allein auf die im 99. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses genannten Rechtsakte beschränkt hat, den in diesem Art. 1 enthaltenen Begriff „Regelung“ fehlerhaft angewandt.

98 Auf diesen Fehler ist zurückzuführen, dass das Gericht es zum einen grundsätzlich ausgeschlossen hat, dass sich eine „Beihilferegelung“ im Sinne dieses Art. 1, wie in den Rn. 80 und 86 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, auf eine Gesamtheit von Umständen stützen kann, die erkennen lassen, dass sie der Sache nach gegeben ist, und zum anderen den streitigen Beschluss in Bezug auf die Prüfung der ersten dieser Voraussetzungen falsch verstanden hat.

99 Nach alledem ist der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes begründet.

Zum zweiten Teil

– Vorbringen der Parteien

100 Mit dem zweiten Teil ihres einzigen Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, das Gericht habe die zweite Voraussetzung gemäß Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 falsch ausgelegt und die Erwägungsgründe 100 bis 108 des streitigen Beschlusses verfälscht, indem es in den Rn. 94, 96, 98, 103 bis 113, 119, 120 und 129 bis 133 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die Gewährung der Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse den Erlass näherer Durchführungsmaßnahmen erfordere.

101 Das Gericht habe sich darauf beschränkt, die Behauptung zu wiederholen, dass die im 102. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses aufgezählten wesentlichen Elemente der Regelung, wenn sie nicht in den im 99. Erwägungsgrund des Beschlusses genannten Rechtsakten aufgeführt seien, zwangsläufig Gegenstand näherer Durchführungsmaßnahmen sein müssten. Das Gericht habe nicht geprüft, ob die belgischen Steuerbehörden hinsichtlich der Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse tatsächlich in der Lage gewesen seien, die Höhe dieser Befreiung, die wesentlichen Elemente der fraglichen Regelung und die Bedingungen für die Gewährung dieser Befreiung in einzelnen Fällen zu beeinflussen. Außerdem habe das Gericht den Ermessensspielraum, über den diese Behörden bei der Prüfung der Einhaltung der Bedingungen für die Gewährung der Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse verfügten, mit der Fähigkeit verwechselt, auf die Höhe dieser Befreiung, die wesentlichen Elemente der fraglichen Regelung und die Bedingungen für die Gewährung dieser Befreiung in den einzelnen Fällen Einfluss zu nehmen. Hätte das Gericht den Begriff „nähere Durchführungsmaßnahmen“ richtig ausgelegt und angewandt, hätte es zu dem Ergebnis kommen müssen, dass diese Behörden nicht in der Lage gewesen seien, diese Umstände zu beeinflussen.

102 Nach Ansicht des Königreichs Belgien sind die Ausführungen des Gerichts zur zweiten Voraussetzung gemäß Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 rechtsfehlerfrei.

103 Magnetrol International, unterstützt durch die Streithelferinnen im Rechtsmittelverfahren, macht im Wesentlichen geltend, dass die Kommission, um auf das Vorliegen einer Beihilferegelung zu schließen, im streitigen Beschluss erstens hätte nachweisen müssen, dass die in den Erwägungsgründen 97 bis 99 dieses Beschlusses aufgeführten Rechtsakte von den belgischen Steuerbehörden anzuwendende Berechnungsmethoden vorschrieben, und zweitens, dass die Höhe der Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse in jedem einzelnen Fall anhand dieser Methoden habe ermittelt werden können. Drittens hätte die Kommission in Bezug auf die Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfe zum einen nachweisen müssen, dass in diesen Rechtsakten die Voraussetzungen festgelegt worden seien, unter denen die belgischen Steuerbehörden den einzelnen Beihilfeanträgen hätten stattgeben dürfen, und zum anderen, dass auf der Grundlage dieser Voraussetzungen entschieden werden könne, ob die von demjenigen, der den Vorbescheid beantrage, vorgeschlagene Transaktion die Voraussetzung einer „neuen Situation“ erfülle.

– Würdigung durch den Gerichtshof

104 Der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes betrifft die zweite Voraussetzung für die Bestimmung einer „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589, nämlich das Fehlen von „näheren Durchführungsmaßnahmen“, die für die Gewährung von Einzelbeihilfen auf der Grundlage der eine solche Beihilferegelung bildenden Regelung erforderlich sind.

105 Wie das Gericht in Rn. 99 des angefochtenen Urteils unter Bezugnahme auf den 100. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses zu Recht ausgeführt hat, impliziert das Vorliegen näherer Durchführungsmaßnahmen die Ausübung eines Ermessens seitens der die in Rede stehenden Maßnahmen erlassenden Steuerbehörde, durch das sie die Höhe der Beihilfe, ihre Merkmale oder die Bedingungen für ihre Gewährung beeinflussen kann. Dagegen stellt die bloße technische Anwendung der Rechtsakte zur Gewährung der betreffenden Beihilfen keine „nähere Durchführungsmaßnahme“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 dar.

106 Hieraus ergibt sich, dass die Frage, ob „nähere Durchführungsmaßnahmen“ für die Gewährung von Einzelbeihilfen im Rahmen einer Beihilferegelung erforderlich sind, untrennbar mit der Frage der Bestimmung der „Regelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 verbunden ist, auf die sich die Beihilferegelung gründet. Anhand dieser Regelung ist nämlich zu bestimmen, ob die Gewährung von Einzelbeihilfen vom Erlass solcher Maßnahmen abhängt oder ob diese Gewährung vielmehr allein auf der Grundlage dieser Regelung erfolgen kann.

107 Wie die Generalanwältin in Nr. 100 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, hat sich der in den Rn. 97 und 98 des vorliegenden Urteils festgestellte Rechtsfehler daher zwangsläufig auf die vom Gericht vorgenommene Beurteilung der Frage ausgewirkt, ob die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse im vorliegenden Fall gewährt wurde, ohne dass nähere Durchführungsmaßnahmen erforderlich waren.

108 Zum einen hat sich das Gericht nämlich, wie in Rn. 96 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, auf die falsche Prämisse gestützt, dass der Umstand, dass sich einige der wesentlichen Elemente der in Rede stehenden Regelung nicht aus den im 99. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses genannten Rechtsakten, sondern aus den Steuervorbescheiden selbst ergäben, impliziere, dass diese Rechtsakte zwangsläufig Gegenstand näherer Durchführungsmaßnahmen sein müssten.

109 Zum anderen hat sich das Gericht bei der in den Rn. 103 bis 113 des angefochtenen Urteils vorgenommenen Prüfung der Frage, ob die belgischen Steuerbehörden beim Erlass der Steuervorbescheide nach der Steuerregelung für Gewinnüberschüsse über ein Ermessen verfügten, das es ihnen ermöglichte, die Höhe der Steuerbefreiung, die wesentlichen Elemente der fraglichen Regelung und die Bedingungen für die Gewährung dieser Befreiung zu beeinflussen, auf die im 99. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses aufgeführten Rechtsakte beschränkt, um daraus im Wesentlichen den Schluss zu ziehen, dass diese Rechtsakte lediglich in allgemeiner Weise den Standpunkt der belgischen Steuerbehörden in Bezug auf die genannte Steuerbefreiung festlegten.

110 Hieraus hat es abgeleitet, dass die belgischen Steuerbehörden in Ermangelung anderer Umstände, die ihre Entscheidungsbefugnis beim Erlass der Steuervorbescheide beschränkten, zwangsläufig über ein Ermessen verfügt hätten, so dass nicht der Schluss gezogen werden könne, dass sie eine technische Anwendung des Rechtsrahmens vorgenommen hätten. Vielmehr hätten sie jeden Antrag „im Einzelfall“ geprüft.

111 Im Rahmen dieser Prüfung hat das Gericht jedoch nicht berücksichtigt, dass, wie in Rn. 95 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, eines der wesentlichen Merkmale der in Rede stehenden Regelung, wie von der Kommission im streitigen Beschluss festgestellt worden ist, darin bestand, dass die belgischen Steuerbehörden die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse systematisch gewährt hatten, wenn die im 102. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses genannten Voraussetzungen erfüllt waren.

112 Entgegen den Feststellungen des Gerichts konnte die Identifizierung einer solchen systematischen Praxis einen im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände ausschlaggebenden Gesichtspunkt darstellen, anhand dessen das Vorliegen einer Beihilferegelung der Sache nach festgestellt werden kann, wodurch gegebenenfalls belegt werden kann, dass die Steuerbehörden bei der Anwendung von Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 in Wirklichkeit über keinerlei Ermessen verfügten und dass folglich keine „nähere Durchführungsmaßnahme“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 für die Gewährung der in Rede stehenden Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse erforderlich war.

113 Folglich hat das Gericht, wie die Kommission geltend macht, einen Rechtsfehler begangen, indem es seine Schlussfolgerung in Bezug auf die zweite Voraussetzung gemäß Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 auf eine falsche Prämisse gestützt hat.

114 Dieses Ergebnis kann durch die Erwägungen in den Rn. 106 und 107 des angefochtenen Urteils nicht in Frage gestellt werden. Das Gericht hat sich dort auf die Feststellung gestützt, dass die in Rede stehende Regelung nicht alle Steuervorbescheide betreffe, die auf der Grundlage von Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 erlassen worden seien, sondern nur diejenigen, die negative Anpassungen gewährten, ohne dass die Verwaltung geprüft habe, ob die betreffenden Gewinne den Gewinnen einer anderen Konzerngesellschaft mit Sitz in einem anderen Steuergebiet zugerechnet worden seien, während Steuervorbescheide, die eine negative Anpassung gewährten, die der positiven Anpassung der steuerpflichtigen Gewinne einer anderen Konzerngesellschaft mit Sitz in einem anderen Steuergebiet entspreche, nicht Teil dieser Steuerregelung seien. Da die belgische Steuerverwaltung auf der Grundlage derselben Bestimmung sowohl Bescheide erlassen könne, die nach Ansicht der Kommission staatliche Beihilfen gewährten, als auch Bescheide, die keine solchen Beihilfen gewährten, beschränke sich die Rolle dieser Verwaltung nicht auf eine technische Anwendung der in Rede stehenden Regelung.

115 Wie in Rn. 94 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, hat die Kommission indessen die Ansicht vertreten, dass die Anwendung contra legem von Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 im Rahmen einer ständigen Verwaltungspraxis der belgischen Steuerbehörden die Grundlage für die in Rede stehende Regelung darstelle. Dieser Umstand kann nicht allein dadurch in Frage gestellt werden, dass die belgischen Steuerbehörden diese Vorschrift auch in Fällen angewandt haben, die tatsächlich in ihren Anwendungsbereich fielen.

116 Ebenso wenig kann der in Rn. 112 des angefochtenen Urteils genannte Umstand, dass das Verfahren zur Erlangung eines Steuervorbescheids über eine Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse eine Vorprüfungsphase umfasst, einen Hinweis darauf darstellen, dass die belgischen Steuerbehörden im Rahmen des Systems der Befreiung von Gewinnüberschüssen zwangsläufig über ein Ermessen verfügten. Dieses Ermessen ist nämlich nur im Hinblick auf die nach diesem System erlassenen Steuervorbescheide zu beurteilen, so dass die Situationen, die nicht zum Erlass eines solchen Bescheids geführt haben, insoweit unerheblich sind.

117 Nach alledem ist der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes begründet.

Zum dritten Teil

– Vorbringen der Parteien

118 Mit dem dritten Teil ihres einzigen Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, das Gericht habe die dritte Voraussetzung gemäß Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 falsch ausgelegt und die Erwägungsgründe 66, 102, 103, 109, 139 und 140 des streitigen Beschlusses verfälscht, indem es in den Rn. 114 bis 119 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gekommen sei, dass die Begünstigten der Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse in den Regelungen, die die Grundlage der betreffenden Steuerregelung bildeten, nicht „in einer allgemeinen und abstrakten Weise“ definiert würden. Hätte das Gericht der ständigen Verwaltungspraxis der belgischen Steuerbehörden in Bezug auf diese Befreiung ordnungsgemäß Rechnung getragen, wäre es nach Auffassung der Kommission zum gegenteiligen Ergebnis gelangt.

119 Das Königreich Belgien und Magnetrol International, unterstützt durch die Streithelferinnen im Rechtsmittelverfahren, treten diesem Vorbringen entgegen.

– Würdigung durch den Gerichtshof

120 Der dritte Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes betrifft die dritte Voraussetzung der Definition einer „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589, nämlich die, dass die Begünstigten einer solchen Regelung in der ihre Grundlage bildenden Regelung „in einer allgemeinen und abstrakten Weise“ definiert werden.

121 Insoweit ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen den drei Voraussetzungen für die Einstufung einer Maßnahme als „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589, dass die Frage, ob die dritte dieser Voraussetzungen erfüllt ist, untrennbar mit den ersten beiden dieser Voraussetzungen verbunden ist, die das Vorliegen einer „Regelung“ und das Nichtvorliegen „näherer Durchführungsmaßnahmen“ betreffen.

122 Deshalb haben die in den Rn. 97, 98 und 113 des vorliegenden Urteils festgestellten Rechtsfehler des Gerichts, die die ersten beiden Voraussetzungen betreffen, die Beurteilung des Gerichts in Bezug auf die Definition der Begünstigten der Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse beeinträchtigt.

123 In den Rn. 115 bis 119 des angefochtenen Urteils hat sich das Gericht nämlich, obwohl es anerkannt hat, dass Art. 185 § 2 Buchst. b des CIR 92 eine allgemeine und abstrakte Kategorie von Unternehmen betreffe, im Wesentlichen auf eine Analyse der im 99. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses genannten Rechtsakte gestützt, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass die Begünstigten der in Rede stehenden Regelung durch diese Rechtsakte nicht „in einer allgemeinen und abstrakten Weise“ definiert worden seien, so dass eine solche Definition zwangsläufig durch nähere Durchführungsmaßnahmen zu erfolgen habe.

124 Unter diesen Umständen ist der dritte Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes begründet.

125 Nach alledem ist, ohne dass der vierte Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes geprüft zu werden braucht, festzustellen, dass das Gericht mehrere Rechtsfehler begangen hat, indem es u. a. in Rn. 120 des angefochtenen Urteils befunden hat, dass die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die im streitigen Beschluss definierte Steuerregelung für Gewinnüberschüsse eine „Beihilferegelung“ im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 darstelle.

Zu den nicht tragenden Gründen des angefochtenen Urteils in Bezug auf den Nachweis eines „systematischen Konzepts“

126 Im Rahmen nicht tragender Gründe hat das Gericht in den Rn. 121 bis 134 des angefochtenen Urteils geprüft, ob die Kommission das Vorliegen eines „systematischen Konzepts“ der belgischen Steuerbehörden nachweisen konnte, das nach der Prüfung einer Stichprobe von 22 der 66 über die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse erlassenen Steuervorbescheide festgestellt worden sei.

127 Um zu ermitteln, ob die in Rn. 125 des vorliegenden Urteils festgestellten Rechtsfehler zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen können, ist zu prüfen, ob das Gericht im Rahmen dieser Gründe das Vorbringen der Kommission, mit dem sie das Vorliegen eines solchen „systematischen Konzepts“ rügt, zu Recht zurückgewiesen hat.

– Vorbringen der Parteien

128 Im Rahmen ihres Vorbringens zu den ersten drei Teilen des einzigen Rechtsmittelgrundes hat die Kommission spezifische Argumente vorgebracht, mit denen sie die Ausführungen des Gerichts in den Rn. 121 bis 134 des angefochtenen Urteils beanstandet; darin hat das Gericht entschieden, dass die Kommission das Vorliegen eines solchen „systematischen Konzepts“ der belgischen Steuerbehörden bei der Gewährung der Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse nicht rechtlich hinreichend habe nachweisen können.

129 Erstens macht die Kommission geltend, dass sie entgegen den Feststellungen des Gerichts in den Rn. 127 und 128 des angefochtenen Urteils die Gesichtspunkte, die sie zu dem Schluss veranlasst hätten, dass ein solches „systematisches Konzept“ vorliege, angemessen dargetan habe.

130 Was zunächst die Auswahl der Stichprobe der 22 Steuervorbescheide betrifft, aus der die Kommission das Vorliegen einer ständigen Verwaltungspraxis abgeleitet hat, räumt die Kommission ein, dass sich diese Auswahl nicht aus den Erwägungsgründen 94 bis 110 des streitigen Beschlusses ergebe. Das Gericht habe jedoch den dritten Erwägungsgrund dieses Beschlusses außer Acht gelassen, in dem auf das Auskunftsverlangen der Kommission an das Königreich Belgien Bezug genommen werde, das sich auf die in den Jahren 2004, 2007, 2010 und 2013 erlassenen Steuervorbescheide bezogen habe. Diese Bescheide seien keine anderen als die 22 Steuervorbescheide, die die Stichprobe bildeten, aus der die Kommission den Schluss gezogen habe, dass eine ständige Verwaltungspraxis vorliege.

131 Hinsichtlich der Repräsentativität dieser Stichprobe weist die Kommission sodann zunächst darauf hin, dass die Steuervorbescheide aus vier der neun Jahre ausgewählt worden seien, in denen die in Rede stehende Regelung zur Anwendung gekommen sei. Sodann lägen die ausgewählten Jahre jeweils drei Jahre auseinander und erfassten den Beginn, die Mitte und das Ende des Zeitraums, in dem die belgischen Steuerbehörden solche Steuervorbescheide erlassen hätten. Ferner stellten die 22 Steuervorbescheide ein Drittel aller in diesem Zeitraum von neun Jahren erlassenen Bescheide dar, und schließlich deckten diese 22 Steuerbescheide ein Drittel aller von der in Rede stehenden Regelung Begünstigten ab; dies bedeute zwangsläufig, dass die Stichprobe repräsentativ gewesen sei und insoweit keine spezifische Erläuterung erforderlich gewesen sei. Jedenfalls habe das Königreich Belgien die vorläufigen Feststellungen der Kommission im Einleitungsbeschluss zu keinem Zeitpunkt beanstandet und keinen Vorbescheid vorgelegt, der beweise, dass sich die wesentlichen Elemente der in Rede stehenden Regelung nicht aus einer ständigen Verwaltungspraxis ergäben.

132 Außerdem sei es nicht erforderlich gewesen, dass die Kommission die einzelnen Bescheide im streitigen Beschluss beschreibe, nachdem sie auf der Grundlage ihrer Prüfung der 22 Steuervorbescheide zu dem Ergebnis gelangt sei, dass diese Bescheide Teil einer ständigen Verwaltungspraxis seien. Es sei vielmehr Sache des Königreichs Belgien und der Begünstigten, ihre Schlussfolgerung in Abrede zu stellen, wonach die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse aufgrund einer Beihilferegelung gewährt worden sei. Dies sei ihnen nicht gelungen.

133 Was schließlich die sechs Steuervorbescheide angehe, die in den Erwägungsgründen 62 bis 64 und in Fn. 80 des streitigen Beschlusses beschrieben würden, werde im 61. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses darauf hingewiesen, dass die drei in diesen Erwägungsgründen angeführten Beispiele lediglich die Steuervorbescheide veranschaulichten, die im Rahmen der Umsetzung der fraglichen Regelung durch die belgischen Steuerbehörden erlassen worden seien.

134 Zweitens habe die Verfälschung der Erwägungsgründe 94 bis 110 des streitigen Beschlusses das Gericht zu einem Rechtsfehler veranlasst, als es in den Rn. 127 und 128 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Kommission das Vorliegen eines systematischen Konzepts nicht nachgewiesen habe.

135 Das Königreich Belgien und Magnetrol International, unterstützt durch die Streithelferinnen im Rechtsmittelverfahren, treten diesem Vorbringen entgegen.

– Würdigung durch den Gerichtshof

136 Die Kommission wirft dem Gericht vor, fälschlicherweise festgestellt zu haben, sie habe nicht nachweisen können, dass ein „systematisches Konzept“ vorliege, das die Voraussetzungen gemäß Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 erfülle.

137 Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 125 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen ausgeführt hat, dass ein solches „systematisches Konzept“ nicht die Grundlage der in Rede stehenden Regelung darstellen könne, weil es sich nicht um die Grundlage handele, die in dem streitigen Beschluss, insbesondere in seinem 99. Erwägungsgrund, festgestellt worden sei.

138 In Anbetracht des in den Rn. 97 und 98 des vorliegenden Urteils festgestellten Rechtsfehlers ist dieser Grund jedoch ebenfalls rechtsfehlerhaft.

139 Zweitens hat das Gericht in Rn. 126 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass es, selbst wenn die wesentlichen Elemente der in Rede stehenden Regelung aus einem „systematischen Konzept“ hervorgingen, das ausgehend von der Stichprobe der Steuervorbescheide, die die Kommission geprüft habe, identifiziert worden sei, der Kommission nicht gelungen sei, das Vorliegen eines solchen Konzepts nachzuweisen.

140 Zunächst hat das Gericht in Rn. 127 des angefochtenen Urteils unter Hinweis darauf, dass diese Stichprobe aus 22 Steuervorbescheiden der 66 betreffenden Bescheide bestehe, festgestellt, dass die Kommission in dem streitigen Beschluss weder die Auswahl dieser Stichprobe noch die Gründe näher dargelegt habe, aus denen diese Stichprobe als repräsentativ anzusehen sei.

141 Wie die Kommission im Wesentlichen geltend macht, ergibt sich hinsichtlich der Auswahl der von ihr geprüften Stichprobe der Steuervorbescheide jedoch aus einer Gesamtbetrachtung der Erwägungsgründe des streitigen Beschlusses und insbesondere aus seinem dritten Erwägungsgrund in Verbindung mit seinem 59. Erwägungsgrund, dass diese Stichprobe aus den Steuervorbescheiden bestand, die in den Jahren 2005 (2004 wurde kein Bescheid erlassen), 2007, 2010 und 2013 erlassen wurden, um die zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Zeitraums der in Rede stehenden Regelung erlassenen Bescheide zu erfassen.

142 Was die Repräsentativität dieser Stichprobe betrifft, ergibt sich, wie die Generalanwältin in Nr. 86 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, aus der Auswahl der 22 Steuervorbescheide von insgesamt 66 nach der in Rede stehenden Regelung erlassenen Bescheiden offenkundig, dass diese Stichprobe ein Drittel der Bescheide darstellt.

143 Insoweit ist festzustellen, dass ein solcher Anteil von Steuervorbescheiden, die aus allen über die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse im Bezugszeitraum erlassenen Bescheiden in ausgewogener Weise ausgewählt wurden, seiner Natur nach für ein „systematisches Konzept“ der belgischen Steuerbehörden repräsentativ sein kann. Gerade wegen der „systematischen“ Natur einer solchen Praxis konnte die Kommission nämlich vernünftigerweise annehmen, dass bis zum Beweis des Gegenteils die in der von ihr geprüften Stichprobe der Steuervorbescheide ermittelten Elemente zwangsläufig in allen Steuervorbescheiden auftreten, die im Rahmen der Steuerregelung für Gewinnüberschüsse erlassen wurden.

144 Unter diesen Umständen durfte das Gericht nicht davon ausgehen, dass die Kommission die Auswahl dieser Stichprobe und die Elemente, für die diese Stichprobe als repräsentativ anzusehen war, im streitigen Beschluss nicht näher dargelegt habe.

145 Dieses Ergebnis wird im Übrigen nicht durch die Feststellung in Rn. 128 des angefochtenen Urteils in Frage gestellt, wonach die Kommission keine näheren Angaben zur Auswahl der sechs in den Erwägungsgründen 62 bis 64 des streitigen Beschlusses genannten Steuervorbescheide gemacht habe. Wie sich nämlich aus dem 61. Erwägungsgrund dieses Beschlusses ergibt und wie die Kommission geltend macht, dienen diese sechs Bescheide nur der Veranschaulichung der Art und Weise, wie die belgischen Steuerbehörden die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse bewilligt haben, so dass es bei der Ermittlung, ob die Kommission das Vorliegen eines „systematischen Konzepts“ in der Entscheidungspraxis der belgischen Steuerbehörden rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, nicht auf sie ankommen kann.

146 Sodann hat sich das Gericht in Rn. 129 des angefochtenen Urteils auf die in dessen Rn. 103 bis 112 dargelegten Erwägungen zum Vorliegen eines Ermessens der belgischen Steuerbehörden und zur Notwendigkeit näherer Durchführungsmaßnahmen gestützt. Nach Ansicht des Gerichts können diese Erwägungen für sich genommen die Behauptung der Kommission, dass ein „systematisches Konzept“ vorliege, entkräften.

147 Da diese Schlussfolgerung indessen auf der unzutreffenden Prämisse beruht, dass nur die im 99. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses genannten Rechtsakte die Grundlage für die in Rede stehende Regelung bildeten, ist jedoch festzustellen, dass die Schlussfolgerung in Rn. 129 des angefochtenen Urteils aus den in den Rn. 97, 98 und 113 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen rechtsfehlerhaft ist.

148 Schließlich hat das Gericht in den Rn. 131 bis 133 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Steuervorbescheide, aus denen die von der Kommission geprüfte Stichprobe bestehe, jedenfalls nicht alle Situationen beträfen, in denen durch das fragliche belgische Unternehmen eine Struktur eines „Hauptunternehmens“ eingerichtet worden sei, und dass die von der Kommission identifizierte zweistufige Methode zur Berechnung der Gewinnüberschüsse nicht systematisch verfolgt worden sei.

149 Die Feststellungen des Gerichts in diesen Randnummern beruhen jedoch, wie die Kommission geltend macht, auf einer Verfälschung des 102. Erwägungsgrundes des streitigen Beschlusses, in dem die Kommission die wesentlichen Elemente der in Rede stehenden Regelung aufgezählt hat, die sie anhand der Prüfung der Stichprobe der 22 für die ständige Verwaltungspraxis der belgischen Steuerbehörden repräsentativen Steuervorbescheide ermittelt hat.

150 So geht aus diesem 102. Erwägungsgrund hervor, dass die Kommission entgegen den Feststellungen des Gerichts in Rn. 132 des angefochtenen Urteils nicht die Auffassung vertreten hat, dass die Erlangung der Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse nur im Fall der Neuansiedlung eines „Hauptunternehmens“ in Belgien möglich sei, sondern dass eine solche Situation vielmehr lediglich ein Beispiel sei für eine allgemeinere Voraussetzung des Vorliegens einer neuen Situation, die noch keine steuerliche Wirkung erzeugt habe.

151 Zu der zweistufigen Berechnungsmethode, auf die in Rn. 133 des angefochtenen Urteils Bezug genommen wird, geht aus dem dritten Gedankenstrich des 102. Erwägungsgrundes des streitigen Beschlusses hervor, dass die Kommission entgegen den Feststellungen des Gerichts die Anwendung einer solchen Methode nicht als wesentliches Element der in Rede stehenden Regelung angesehen hat, sondern im Wesentlichen den Umstand, dass der aufgrund der Steuerregelung für Gewinnüberschüsse befreite Betrag systematisch der Differenz zwischen den vom Begünstigten tatsächlich erzielten Gewinnen und einem hypothetischen Gewinn entsprach, der erzielt worden wäre, wenn er unabhängig von seinem Konzern gehandelt hätte, und zwar unabhängig von der Methode, die verwendet wurde, um zu dieser Feststellung zu gelangen.

152 Folglich ist festzustellen, dass die Rn. 130 bis 133 des angefochtenen Urteils die Schlussfolgerung des Gerichts nicht stützen können, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse nach einem „systematischen Konzept“ gewährt worden sei.

153 Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich, dass die Schlussfolgerung des Gerichts, die Kommission habe das Vorliegen eines „systematischen Konzepts“ nicht nachgewiesen, rechtsfehlerhaft ist.

154 Daher ist, ohne dass der vierte Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes geprüft zu werden braucht, festzustellen, dass dieser Rechtsmittelgrund begründet ist.

155 Unter diesen Umständen ist das angefochtene Urteil aufzuheben, ohne dass das Anschlussrechtsmittel geprüft zu werden braucht.

Zum Rechtsstreit im ersten Rechtszug

156 Hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf, so kann er gemäß Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

157 Im vorliegenden Fall machen das Königreich Belgien und Magnetrol International, wie das Gericht in Rn. 57 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, zur Stützung ihrer Klagen im Wesentlichen folgende Klagegründe geltend:

  • erstens einen Eingriff der Kommission, der deren Befugnisse im Bereich der staatlichen Beihilfen überschreite, in die ausschließlichen Zuständigkeiten des Königreichs Belgien im Bereich der direkten Besteuerung (erster Klagegrund in der Rechtssache T‑131/16 und erster Teil des dritten Klagegrundes in der Rechtssache T‑263/16);

  • zweitens eine fehlerhafte Feststellung des Vorliegens einer Beihilferegelung im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 im vorliegenden Fall, insbesondere aufgrund der falschen Bestimmung der Rechtsakte, auf die sich die in Rede stehende Regelung gründe, und die fehlerhafte Erwägung, dass die Beihilferegelung keine näheren Durchführungsmaßnahmen erfordere (zweiter Klagegrund in der Rechtssache T‑131/16 und erster Klagegrund in der Rechtssache T‑263/16);

  • drittens eine fehlerhafte Einstufung der Steuervorbescheide betreffend die Gewinnüberschüsse als staatliche Beihilfen, insbesondere unter Berücksichtigung des Fehlens eines Vorteils und des Fehlens von Selektivität (dritter Klagegrund in der Rechtssache T‑131/16 sowie zweiter und dritter Teil des dritten Klagegrundes in der Rechtssache T‑263/16);

  • viertens einen Verstoß gegen insbesondere die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und des Vertrauensschutzes, da die Rückforderung der angeblichen Beihilfen, einschließlich bei den Unternehmensgruppen, denen die Empfänger dieser Beihilfen angehörten, fehlerhaft angeordnet worden sei (vierter und fünfter Klagegrund in der Rechtssache T‑131/16 und vierter Klagegrund in der Rechtssache T‑263/16).

158 Insbesondere angesichts des Umstands, dass die im ersten und im zweiten Gedankenstrich der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils genannten Gründe vor dem Gericht streitig erörtert wurden und ihre Prüfung keine weitere prozessleitende Maßnahme oder Beweisaufnahme erfordert, ist davon auszugehen, dass die Klagen in den Rechtssachen T‑131/16 und T‑263/16 hinsichtlich dieser Gründe entscheidungsreif sind und endgültig über sie zu entscheiden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Kommission und Rat/Carreras Sequeros u. a., C‑119/19 P und C‑126/19 P, EU:C:2020:676, Rn. 130).

Zum angeblichen Eingriff der Kommission in die ausschließliche Zuständigkeit des Königreichs Belgien im Bereich der direkten Steuern

Vorbringen der Parteien

159 Das Königreich Belgien und Magnetrol International machen – entsprechend dem, was Irland in erster Instanz vorgetragen hat – im Wesentlichen geltend, dass die Kommission ihre Befugnisse überschritten habe, indem sie das Unionsrecht im Bereich der staatlichen Beihilfen genutzt habe, um einseitig Umstände zu bestimmen, die in die ausschließliche Steuerhoheit eines Mitgliedstaats fielen. Die Bestimmung der steuerbaren Einkünfte bleibe nämlich eine ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, ebenso wie die Art der Besteuerung der Gewinne aus grenzüberschreitenden Transaktionen innerhalb von Konzernen, selbst wenn dies zu einer „doppelten Nichtbesteuerung“ führen würde. Der Standpunkt der Kommission, wonach die Steuervorbescheide über die Gewinnüberschüsse staatliche Beihilfen darstellten, da sie von einer von ihr für richtig gehaltenen Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes abwichen, käme jedoch einer erzwungenen Harmonisierung der Vorschriften für die Berechnung der steuerpflichtigen Einkünfte gleich, was nicht in die Zuständigkeit der Union falle.

160 Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, dass, auch wenn die Mitgliedstaaten über eine Steuerautonomie auf dem Gebiet der direkten Besteuerung verfügten, jede von einem Mitgliedstaat erlassene steuerliche Maßnahme im Einklang mit den Vorschriften der Union über staatliche Beihilfen zu stehen habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

161 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind Maßnahmen der Mitgliedstaaten in Bereichen, die nicht unionsrechtlich harmonisiert sind, nicht vom Anwendungsbereich der Bestimmungen des AEU‑Vertrags über die Kontrolle staatlicher Beihilfen ausgenommen (Urteile vom , Kommission/Polen, C‑562/19 P, EU:C:2021:201, Rn. 26, und vom , Kommission/Ungarn, C‑596/19 P, EU:C:2021:202, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

162 Die Mitgliedstaaten müssen ihre Zuständigkeit im Bereich der direkten Steuern im Einklang mit dem Unionsrecht ausüben, insbesondere im Einklang mit den durch den AEU-Vertrag eingeführten Vorschriften über staatliche Beihilfen. Sie müssen daher bei der Ausübung dieser Zuständigkeit davon absehen, Maßnahmen zu erlassen, die mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 AEUV darstellen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Kommission/Fútbol Club Barcelona, C‑362/19 P, EU:C:2021:169, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung).

163 Aus der in den vorstehenden Randnummern des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung geht hervor, dass der Kommission nicht vorgeworfen werden konnte, sie habe ihre Befugnisse überschritten, als sie die Maßnahmen, aus denen die in Rede stehende Regelung bestand, untersucht und geprüft hat, ob diese Maßnahmen staatliche Beihilfen darstellten und, wenn ja, ob sie mit dem Binnenmarkt im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV vereinbar waren.

164 Diese Schlussfolgerung kann nicht durch das Vorbringen des Königreichs Belgien in Bezug auf zum einen das Fehlen einer Zuständigkeit zur Besteuerung der Gewinnüberschüsse und zum anderen seine eigene Zuständigkeit für den Erlass von Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in Frage gestellt werden.

165 Selbst wenn die von den belgischen Steuerbehörden im Rahmen der in Rede stehenden Regelung erlassenen Bescheide auf die Abgrenzung des Umfangs der Steuerhoheit des Königreichs Belgien abzielen sollten, bedeutet dies nicht, dass die Kommission nicht berechtigt gewesen wäre, ihre Vereinbarkeit mit den Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen zu prüfen.

166 Zwar fallen mangels einer einschlägigen Unionsregelung die Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen und die Verteilung der Steuerbelastung auf die unterschiedlichen Produktionsfaktoren und Wirtschaftssektoren in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten (Urteil vom , Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 97), doch ergibt sich aus der in Rn. 162 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, dass die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Zuständigkeit keine staatlichen Maßnahmen erlassen dürfen, die staatliche Beihilfen darstellen könnten, deren Kontrolle in die Zuständigkeit der Kommission fällt. Gleiches gilt für den Erlass von zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen erforderlichen Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der Ausübung ihrer Steuerhoheit.

167 Nach alledem sind der erste Klagegrund in der Rechtssache T‑131/16 und der erste Teil des dritten Klagegrundes in der Rechtssache T‑263/16 als unbegründet zurückzuweisen.

Zum Vorliegen einer Beihilferegelung im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 und zu den übrigen Nichtigkeitsgründen

168 Aus den Gründen, die im Rahmen der Prüfung des ersten bis dritten Teils des einzigen Rechtsmittelgrundes der Kommission dargelegt worden sind, ergibt sich, dass der zweite Klagegrund in der Rechtssache T‑131/16 und der erste Klagegrund in der Rechtssache T‑263/16, die, wie aus Rn. 157 zweiter Gedankenstrich des vorliegenden Urteils hervorgeht, im Wesentlichen auf eine fehlerhafte Schlussfolgerung hinsichtlich des Vorhandenseins einer Beihilferegelung im vorliegenden Fall gestützt werden, als unbegründet zurückzuweisen sind.

169 Dagegen ist der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif, was die Klagegründe betrifft, mit denen im Wesentlichen geltend gemacht wird, dass die Steuerbefreiung für Gewinnüberschüsse zu Unrecht als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft worden sei, insbesondere unter Berücksichtigung des Fehlens eines Vorteils und des Fehlens von Selektivität (dritter Klagegrund in der Rechtssache T‑131/16 sowie zweiter und dritter Teil des dritten Klagegrundes in der Rechtssache T‑263/16), und die Klagegründe, mit denen gerügt wird, dass insbesondere gegen die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und des Vertrauensschutzes verstoßen worden sei, da die Rückforderung der angeblichen Beihilfen, einschließlich bei den Unternehmensgruppen, denen die Empfänger dieser Beihilfen angehörten, fehlerhaft angeordnet worden sei (vierter und fünfter Klagegrund in der Rechtssache T‑131/16 und vierter Klagegrund in der Rechtssache T‑263/16).

170 Wie sich nämlich aus Rn. 136 des angefochtenen Urteils ergibt, war das Gericht der Auffassung, dass aufgrund des Umstands, dass denjenigen Klagegründen stattgegeben worden sei, mit denen das Königreich Belgien und Magnetrol International einen Verstoß gegen Art. 1 Buchst. d der Verordnung 2015/1589 geltend gemacht hätten, die anderen gegen den streitigen Beschluss vorgebrachten Klagegründe nicht zu prüfen gewesen seien. Diese Klagegründe erfordern jedoch komplexe Tatsachenwürdigungen, hinsichtlich deren der Gerichtshof der Ansicht ist, dass er nicht über alle erforderlichen tatsächlichen Angaben verfügt.

171 Folglich ist die Sache zur Entscheidung über die in Rn. 169 des vorliegenden Urteils genannten Klagegründe an das Gericht zurückzuverweisen.

Kosten

172 Da die Sache an das Gericht zurückverwiesen wird, ist die Entscheidung über die Kosten vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

  1. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom , Belgien und Magnetrol International/Kommission (T‑131/16 und T‑263/16, EU:T:2019:91), wird aufgehoben.

  2. Der erste und der zweite Klagegrund in der Rechtssache T‑131/16 sowie der erste Klagegrund und der erste Teil des dritten Klagegrundes in der Rechtssache T‑263/16 werden zurückgewiesen.

  3. Die Sache wird zur Entscheidung über den dritten, den vierten und den fünften Klagegrund in der Rechtssache T‑131/16 sowie über den zweiten Klagegrund, den zweiten und den dritten Teil des dritten Klagegrundes und den vierten Klagegrund in der Rechtssache T‑263/16 an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

  4. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:EU:C:2021:741

Fundstelle(n):
EAAAH-90895