BGH Beschluss v. - 5 StR 562/20

Gesamtstrafenbildung: Nichtbeachtung des auslieferungsrechtlichen Spezialitätsgrundsatzes

Gesetze: § 83h Abs 1 IRG, § 55 StGB

Instanzenzug: Az: 616 KLs 8/18

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen unter Einbeziehung einer Strafe aus dem in der Beschlussformel bezeichneten amtsgerichtlichen Urteil und unter Aufrechterhaltung einer darin getroffenen Einziehungsentscheidung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es gegen den Angeklagten wegen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls in vier Fällen, wegen versuchten schweren und versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängt und gegen ihn - teils als Gesamtschuldner - eine Einziehungsanordnung getroffen. Die in Ö.        erlittene Auslieferungshaft hat es im Verhältnis 1:1 auf die verhängten Strafen angerechnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Der Gesamtstrafenausspruch hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt dargelegt, dass eine Bewilligung der Auslieferung für die Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem nicht vorliegt. Zu den Konsequenzen hat er Folgendes ausgeführt:

„Da die Nichtbeachtung des auslieferungsrechtlichen Spezialitätsgrundsatzes aus § 83h Abs. 1 IRG ein Vollstreckungshindernis bewirkt, hat die Strafe aus dem Urteil nicht in eine Gesamtstrafe einbezogen werden dürfen (vgl. nur Senat, Beschluss vom - 5 StR 55/20). Solange diese Strafe nicht einbezogen werden darf, ist aus allen verhängten Einzelstrafen (nur) eine Gesamtstrafe zu bilden, denn Urteile, deren Strafen nicht nach § 55 StGB einbeziehungsfähig sind, entfalten keine Zäsurwirkung (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 499/13; vom - 5 StR 36/81).“

3Dem schließt sich der Senat an. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Da es sich um einen bloßen Wertungsfehler handelt, können die Feststellungen bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).

42. Zu Recht weist der Generalbundesanwalt darauf hin, dass die Aufrechterhaltung der Einziehungsentscheidung aus dem vorbenannten amtsgerichtlichen Urteil ebenfalls keinen Bestand haben kann. Nach § 74e Abs. 1 StGB aF ging mit Rechtskraft der Entscheidung das Eigentum an den eingezogenen Sachen auf den Staat über. Danach muss der Ausspruch über die Aufrechterhaltung der Einziehungsanordnung entfallen (vgl. , NStZ-RR 2016, 368, 369).

53. Die dem Grund und der Höhe nach rechtsfehlerfreie Anordnung der Einziehung von Taterträgen (§§ 73, 73c StGB) bedarf einer Ergänzung zugunsten des Angeklagten. Der Generalbundesanwalt hat hierzu Folgendes ausgeführt:

„Da der Angeklagte sämtliche Taten unter Beteiligung von - wenn auch teilweise unbekannt gebliebenen - Mittätern beging und diese tatsächliche (Mit-)Verfügungsmacht über die gestohlenen Gegenstände erlangten, haftet er in Höhe des vollen Einziehungsbetrages gesamtschuldnerisch (vgl. Senat, Beschluss vom - 5 StR 402/19).“

6Der Senat schließt sich auch insoweit dem Generalbundesanwalt an und ändert die Einziehungsanordnung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO. Einer individuellen Benennung der anderen Gesamtschuldner bedarf es nicht (vgl. ).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:030321B5STR562.20.0

Fundstelle(n):
IAAAH-90512