BGH Urteil v. - VII ZR 157/20

VOB-Vertrag über Baumfällarbeiten im Rahmen einer Bauvorhabens: Anpassung des Einheitspreises bei Mengenminderung

Leitsatz

Faktoren, die nicht Bestandteil der Berechnung des ursprünglichen Einheitspreises sind, bleiben bei dessen Anpassung nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B (2012) unberücksichtigt.

Gesetze: § 2 Abs 3 Nr 3 VOB B 2012, § 313 BGB, § 631 Abs 1 BGB

Instanzenzug: Brandenburgisches Az: 11 U 35/18vorgehend Az: 6 O 122/16

Tatbestand

1Die Klägerin begehrt von der Beklagten, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, die Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 235.796,44 € nebst Zinsen aufgrund einer wegen Mindermengen geforderten Anpassung der Vergütung.

2Die Klägerin erhielt von der Beklagten mit Schreiben vom unter Einbeziehung der Regelungen der VOB/B (2012) den Zuschlag für ausgeschriebene Holzungs- und Altlastenumlagerungsarbeiten betreffend das Bauvorhaben "B 183 Ortumfahrung Bad Liebenwerda".

3Das Leistungsverzeichnis wies in Position 01.00.0001 als Leistung "Bäume fällen ohne Roden" und einen Mengenansatz von 4.500 Stück aus. Nach der Leistungsbeschreibung des Langtext-Leistungsverzeichnisses war das gesamte Holz dem Auftragnehmer zu seiner, der Beklagten nachzuweisenden, Verwertung zuzuführen.

4Die Position 01.07.0001 wies als Leistung "Freischneiden und Roden" bei einem Mengenansatz von 21.200 m² aus und bezog sich auf dasselbe Flurstück wie die Position 01.00.0001. Nach der Leistungsbeschreibung des Langtext-Leistungsverzeichnisses waren die Wurzelstöcke und das Räumgut ebenfalls dem Auftragnehmer zur Verwertung zuzuführen; zur Abrechnung sollten die abfallrechtlichen Nachweise vorgelegt werden.

5Das Preisangebot der Klägerin belief sich hinsichtlich der Position 01.00.0001 auf einen Einheitspreis von 0,12 € pro Baum, hinsichtlich der Position 01.07.0001 auf 0,11 € pro m².

6Nachdem die Beklagte hinsichtlich einiger Positionen nachgefragt hatte, ob die Einzelpreise auskömmlich seien, legte die Klägerin gegenüber der Beklagten ihre Urkalkulation offen. Hiernach setzte sich der Einheitspreis der Position 01.00.0001 aus den Einzelkosten der Teilleistung einschließlich Zuschlägen für Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten und Gewinn - abzüglich einer Gutschrift von 15 € - zusammen. Aus der Urkalkulation ergab sich weiter, dass die Klägerin mit einem Erlös aus der Verwertung der Bäume in Höhe von insgesamt 60 € je Baum rechnete, von dem sie den Betrag von 15 € als Gutschrift an die Beklagte weiterreichte; der Restbetrag in Höhe von 45 € pro Baum sollte der Klägerin verbleiben.

7Entsprechend gestaltete sich die Preiskalkulation für die Leistungsposition 01.07.0001. Dort rechnete die Klägerin mit einem Erlös von 20 € pro Wurzelstock, von dem sie 5 € als Gutschrift in dem Einheitspreis berücksichtigte.

8Die Klägerin führte die angebotenen Leistungen durch; diese wurden von der Beklagten abgenommen. Auf dem Flurstück standen tatsächlich nur 1.237 Bäume.

9In einem Nachtrag forderte die Klägerin von der Beklagten eine Anpassung der beiden Einheitspreise. Dabei verlangte sie hinsichtlich der Position 01.00.0001 einen neuen Einheitspreis von 126,89 €. Darin enthalten war auch ein Ausgleich für entgangenen Verwertungserlös in Höhe von 146.835 € netto wegen der im Vergleich zur Mengenangabe im Leistungsverzeichnis nicht vorhandenen 3.263 Bäume (3.263 fehlende Bäume x 45 €). Betreffend die Position 01.07.0001 verlangte die Klägerin unter Berücksichtigung eines Ausgleichs für entgangenen Verwertungserlös für 3.263 Wurzelstöcke eine Anpassung des Einheitspreises auf 2,42 € netto pro Stück.

10Die Beklagte hat die Klageforderung mit Ausnahme der jetzt noch streitigen Anteile des von der Klägerin zu den Positionen 01.00.0001 und 01.07.0001 geltend gemachten Ausgleichs für entgangene Verwertungserlöse anerkannt. Die weitergehende, auf den Ausgleich der von der Klägerin erwarteten Verwertungserlöse für 3.263 Bäume und Wurzelstöcke gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Gründe

I.

11Die ohne Einschränkung eingelegte Revision ist nur teilweise, nämlich nur hinsichtlich des vertraglichen Vergütungsanspruchs zulässig; im Übrigen ist sie nicht statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und daher unzulässig (§ 552 Abs. 1 ZPO). Insoweit ist die Revision auch nicht zuzulassen.

121. Die vom Berufungsgericht im Tenor ausgesprochene Zulassung der Revision ist in den Entscheidungsgründen auf den nicht zuerkannten Teil des vertraglichen Anspruchs der Klägerin auf Zahlung von Werklohn beschränkt worden.

13a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teil- oder Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Eine wirksame Beschränkung der Zulassung der Revision kann sich unbeschadet uneingeschränkter Zulassung im Tenor aus den Gründen des Berufungsurteils ergeben. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen Teil der entschiedenen Ansprüche von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung ergeben, dass in der Angabe dieses Zulassungsgrunds die Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Ansprüche zu sehen ist ( Rn. 3 m.w.N., BauR 2015, 535).

14b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht die Revision wirksam auf den nicht zuerkannten Teil des vertraglichen Anspruchs der Klägerin auf Zahlung von Werklohn beschränkt. Es hat in den Entscheidungsgründen die Revision ausschließlich wegen der von ihm als rechtsgrundsätzlich angesehenen Frage zugelassen, ob ein "(Teil)Sondergewinn", der nicht als Bestandteil des Einheitspreises kalkuliert worden ist, jedoch untrennbar kalkulatorisch mit einem in den Einheitspreis als Bonus einkalkulierten und aus dem gesamten "Sondergewinn" gespeisten "(Teil)Sondergewinn" verbunden ist, bei verringerten Mengen am Ausgleichsmechanismus des § 2 Abs. 3 VOB/B teilnimmt.

15Diese Frage ist nur für den vertraglichen Anspruch auf Zahlung der Vergütung nach § 631 Abs. 1 BGB von Bedeutung, nicht hingegen für die verfolgten Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB und § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB.

162. Die Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Die Schadenersatzansprüche betreffen selbstständige Teile des Gesamtstreitstoffs (vgl. Rn. 5 m.w.N., BauR 2015, 535). Die Klägerin hätte die Revision auf den vertraglichen Anspruch auf Zahlung weiterer Vergütung beschränken können.

173. Die vorsorglich für den Fall einer beschränkten Revisionszulassung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unbegründet. Von einer Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 6 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).

II.

18Soweit die Revision zulässig ist, hat sie keinen Erfolg.

191. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

20Die Klägerin habe wegen der Mindermengen keinen Anspruch auf eine Preisanpassung gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B. Diese Bestimmung regele den Anspruch auf Anpassung des Einheitspreises im Umfang der Auswirkung von Mehr- oder Mindermengen auf Kostenfaktoren, die den Einheitspreis bilden. Die Auslegung des Vertrages ergebe, dass die Klägerin den aus der Verwertung der Bäume erwarteten Gewinn nicht als Bestandteil des Einheitspreises im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B kalkuliert habe. Ausweislich der Urkalkulation sei der durch die Verwertung der Bäume zu erwartende Gewinn in Höhe von 45 € pro Baum und in Höhe von 15 € pro Wurzelstock nicht in die Berechnung des Einheitspreises eingeflossen. Dass die Klägerin den eigentlichen Gewinn mit der Rohstoffverwertung und nicht mit dem in der Kalkulation ausgewiesenen Gewinn mache, führe zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Denn die Gewinnerwartung aus der Verwertung der Bäume stehe in keinem synallagmatischen Gegenseitigkeitsverhältnis.

21Eine andere Auslegung verstoße gegen den Wortlaut und den Sinn und Zweck von § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B. Diese Bestimmung diene dazu, den Vertragsparteien bei Mengenabweichungen Rechtssicherheit zu verschaffen. Könnte der Auftragnehmer bei einer Preisanpassung versteckte Sondererlöse geltend machen, würde der Auftraggeber mit Risiken belastet, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht abschätzbar seien. Dies liefe dem Sinn und Zweck des § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B zuwider.

22Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB. Ein Rückgriff hierauf komme nicht in Betracht, da § 2 Abs. 3 VOB/B eine abschließende Regelung für die Über- wie Unterschreitung von Massenansätzen über 10 % enthalte. Im Übrigen stelle die Möglichkeit der Materialverwertung keine beiderseitige Geschäftsgrundlage dar. Es betreffe allein den Risikobereich der Klägerin, ob Holz in einer bestimmten Menge anfalle, um einen über den Werklohn hinausgehenden Sondererlös zu erwirtschaften. Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage seien auch nicht deshalb anwendbar, weil sich aus der Urkalkulation ergeben habe, dass die Beklagte mit einem Sondererlös außerhalb des Einheitspreises kalkuliert habe. Die Urkalkulation werde auch dann nicht zur Geschäftsgrundlage, wenn sie dem Besteller offengelegt werde. Besondere Umstände, die eine andere Annahme rechtfertigen könnten, lägen nicht vor.

23Hinsichtlich der Position 01.07.0001 seien die Preisbestandteile in Quadratmetern angegeben worden, so dass die von der Klägerin vorgenommene Umrechnung von Quadratmeter in Stück unzulässig sei. Hinsichtlich der ausgeschriebenen Menge in Quadratmetern liege keine Mengenminderung vor.

242. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

25a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin keinen - über den von der Beklagten anerkannten Betrag hinausgehenden - Anspruch auf Anpassung der Vergütung nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B (2012) hat.

26aa) Nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B (2012) ist bei einer über zehn Prozent hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu erhöhen, soweit der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält. Die Erhöhung des Einheitspreises soll im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, der sich durch Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Menge ergibt.

27Durch die Vergütungsregelung des § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B soll der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers den Unwägbarkeiten entzogen werden, die sich aus der unzutreffenden Einschätzung der für die Ausführung der Bauleistung erforderlichen Mengen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ergeben. Die Bestimmung trägt dem Risiko Rechnung, dass die Mengenschätzung im Zeitpunkt der Ausschreibung naturgemäß ungenau sein kann und die tatsächlichen Gegebenheiten auf der Baustelle insofern nicht genau erfasst worden sein können (vgl. Rn. 18, BGHZ 192, 252). Die aufgrund der Mengenminderung eingetretene Störung des Äquivalenzverhältnisses soll durch eine entsprechende Anpassung der Vergütung durch Neubildung eines einheitlichen Einheitspreises für die gesamte, tatsächlich ausgeführte Masse ausgeglichen werden (vgl. , BauR 1987, juris Rn. 12; BeckOK VOB/B/Kandel, Stand: , § 2 Abs. 3 Rn. 51).

28bb) Bezugsgröße für den wegen der Mengenminderung anzupassenden Einheitspreis ist ausweislich des Wortlauts von § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B der ursprüngliche Einheitspreis (vgl. , BauR 1987, 217, juris Rn. 12; BeckOK VOB/B/Kandel, Stand: , § 2 Abs. 3 Rn. 52). Hieraus folgt, dass Faktoren, die nicht Bestandteil des ursprünglichen Einheitspreises sind, bei dessen Anpassung - unabhängig davon, wie diese im Einzelnen erfolgt - unberücksichtigt bleiben.

29cc) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der in der Urkalkulation von der Klägerin prognostizierte Verwertungserlös in Höhe von 45 € pro Baum kein Bestandteil des angebotenen Einheitspreises ist.

30(1) Die Auslegung eines Vertrags ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung dahingehend, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder die Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden ist (ständige Rechtsprechung; vgl. Rn. 21, BauR 2020, 1630 = NZBau 2020, 570).

31(2) Derartige Verstöße sind dem Berufungsgericht nicht anzulasten. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage einer vom Wortlaut ausgehenden, an der beiderseitigen Interessenlage der Parteien orientierten und auch im Übrigen fehlerfreien Auslegung davon ausgegangen, dass - anders als der bei der Berechnung des Einheitspreises berücksichtigte Anteil von 15 € - die mit der Verwertung der Bäume verbundene Erlöserwartung in Höhe von weiteren 45 € nicht Bestandteil des angebotenen Einheitspreises war. Ausweislich der der Beklagten vor dem Zuschlag eröffneten Urkalkulation hat die Klägerin unter Berücksichtigung der Gutschrift von 15 € einen Einheitspreis von 0,12 € als äquivalente Gegenleistung für die Fällung eines Baumes einschließlich dessen Verwertung ohne Berücksichtigung des weiteren Verwertungserlöses (in Höhe von 45 € pro Baum) angeboten. Die Beklagte durfte daher davon ausgehen, dass - mit Ausnahme der in den Einheitspreis eingerechneten Gutschrift - die weitere Erlöserwartung der Klägerin keinen Einfluss auf den angebotenen Einheitspreis hat.

32Eine andere Auslegung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht deswegen geboten, weil nach dem Vortrag der Klägerin entsprechend einer Verkehrssitte die Bieter im Straßenbau den eigentlichen Gewinn mit der Verwertung der Rohstoffe machen und nicht mit dem in der Kalkulation der Einheitspreise ausgewiesenen Gewinn. Die im Leistungsverzeichnis angegebene Menge der zu entsorgenden Bäume mag der Beweggrund der Klägerin gewesen sei, sich an dem Ausschreibungsverfahren zu beteiligen. Die mit dem Zuschlag erhoffte Gewinnerwartung ist indes nicht Teil des zwischen den Parteien bestehenden Äquivalenzverhältnisses geworden. Die Klägerin war zwar vertraglich verpflichtet, die gefällten Bäume und die gerodeten Wurzelstöcke zu entfernen, um eine baureife Fläche zu schaffen. Als Gegenleistung für diese Leistungen schuldete die Beklagte jedoch nur den in den Einheitspreisen vereinbarten Werklohn. Durch die Einräumung einer Verwertungsmöglichkeit an den Bäumen ist keine Verpflichtung der Beklagten begründet worden, der Klägerin die in dem Leistungsverzeichnis angegebene Anzahl der Bäume und Wurzelstöcke zur Verwertung zur Verfügung zu stellen.

33(3) Entgegen der Auffassung der Revision folgt weder allein aus der Offenlegung der Urkalkulation noch aus der Einbeziehung einer Gutschrift in Höhe von 15 € pro Baum in die Kalkulation des Einheitspreises, dass der erwartete Verwertungserlös insgesamt Bestandteil des Einheitspreises und damit Teil des Äquivalenzverhältnisses wurde. Durch die Offenlegung ist die mit der Entsorgung der Bäume insgesamt verbundene Erlöserwartung der Klägerin nicht Gegenleistung für die von ihr zu erbringenden Leistungen geworden. Vielmehr war aus der Urkalkulation ersichtlich, dass die Klägerin die Verwertungserlöse am Markt allein erzielen wollte und diese jedenfalls in Höhe eines Teilbetrages von 45 € kein Kostenfaktor des Einheitspreises sein sollten.

34dd) Das Berufungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin hinsichtlich der die Wurzelstöcke betreffenden Position 01.07.0001 eine Anpassung der Vergütung nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B schon deshalb nicht verlangen kann, weil der Mengenansatz dieser Position in Quadratmetern und nicht in Stückzahlen angegeben wurde und die Flächengröße unverändert geblieben ist.

35b) Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1, 2 BGB hat.

36aa) Nach der Rechtsprechung des Senats kommt ein Rückgriff auf die gesetzlichen Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage wegen Mengenabweichungen im Einheitspreisvertrag grundsätzlich nicht in Betracht, soweit eine vertragliche Regelung wie § 2 Abs. 3 VOB/B vorhanden ist. Diese Bestimmung enthält eine abschließende Regelung für die Über- wie Unterschreitung der Mengenansätze über 10 % hinaus, die § 313 BGB vorgeht und die nicht auf eine bestimmte prozentuale Über- wie Unterschreitung beschränkt ist (vgl. Rn. 18, BGHZ 192, 252; Beschluss vom - VII ZR 216/08 Rn. 6, BauR 2011, 1162 = NZBau 2011, 353; Urteil vom - VII ZR 201/06 Rn. 36, BauR 2009, 491 = NZBau 2009, 232).

37Die Anwendung der gesetzlichen Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage kommt allenfalls ausnahmsweise in Betracht, wenn etwa die Parteien einer Einheitspreisvereinbarung eine bestimmte Menge zugrunde gelegt haben, diese bei Abgabe des Angebots und Erteilung des Zuschlags angegebene Menge zur Geschäftsgrundlage geworden ist und diese wegen gravierender Mengenabweichung und überhöhtem Einheitspreis keine Grundlage mehr für eine Preisanpassung sein kann ( Rn. 7 ff., BauR 2011, 1162 = NZBau 2011, 353).

38bb) Derartige besondere Umstände, die hier eine Anwendung von § 313 BGB gestatten würden, hat der Tatrichter nicht festgestellt. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Der Umstand allein, dass die Zahl der tatsächlich vorhandenen Bäume erheblich von der Mengenangabe in der Ausschreibung abwich, rechtfertigt nicht die Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage.

III.

39Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:100621UVIIZR157.20.0

Fundstelle(n):
NJW 2021 S. 3393 Nr. 46
NJW 2021 S. 8 Nr. 41
WM 2022 S. 2286 Nr. 47
YAAAH-89984