Verfahrensrecht | Gemeinnützigkeit des Trägers einer Privatschule (BFH)
Der Träger einer Privatschule fördert mit dem Schulbetrieb nicht die Allgemeinheit, wenn die Höhe der Schulgebühren auch unter Berücksichtigung eines Stipendienangebots zur Folge hat, dass die Schülerschaft sich nicht mehr als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Eine Körperschaft verfolgt nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nach § 52 Abs. 1 Satz 2 AO nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist, z. B. bei Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens, oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann.
Sachverhalt: Streitig ist, ob der Klägerin zu Recht für das Jahr 2014 (Streitjahr) die Gemeinnützigkeit aberkannt wurde, weil sie nach Auffassung des Finanzamts zu wenig Stipendien vergab und daher gegen das Sonderungsverbot nach den Besitzverhältnissen der Eltern i. S. von Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG i. V. mit § 118 Abs. 3 Satz 2 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen verstoßen hat.
Die Klägerin, eine GmbH, verfolgt gemäß ihrer Satzung den Zweck der Förderung der Erziehung, der Volks- und Berufsbildung sowie der internationalen Gesinnung und des Völkerverständigungsgedankens. Dieser Satzungszweck soll insbesondere durch die Errichtung und den Betrieb einer internationalen Schule als Ergänzungsschule in privater Trägerschaft verwirklicht werden.
Die Klägerin übernahm ab dem Jahr 2014 als neue Trägergesellschaft eine Schule. Die vorherige Trägergesellschaft der Schule war als allgemeinbildende internationale Ergänzungsschule anerkannt. Die Anerkennung der vorherigen Trägergesellschaft ging auf die Klägerin über.
Die Klägerin erhob im Streitjahr Schulgebühren i. H. von zwischen ca. 11.000 € und 17.000 € pro Jahr zuzüglich Verwaltungsgebühren sowie einmalig anfallende Einschreibegebühren. Begabten Schülern aus Familien mit bestimmten Einkommen bot die Klägerin Stipendien an.
Das FA setzte die Körperschaftsteuer gegenüber der Klägerin auf 0 € fest. In der Erläuterung des Bescheides führt das FA aus: Die Gesellschaft ist nicht gemeinnützig. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das FG ab.
Der BFH die Revision als unbegründet zurückgewiesen:
Die Klägerin ist im Streitjahr nicht als gemeinnützig anzuerkennen.
Der Träger einer Privatschule fördert mit dem Schulbetrieb nicht die Allgemeinheit, wenn die Höhe der Schulgebühren auch unter Berücksichtigung eines Stipendienangebots zur Folge hat, dass die Schülerschaft sich nicht mehr als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt. Die Klägerin fördert wegen der Höhe der für den Besuch der Schule aufzubringenden Schulgebühren und einer Stipendiatenquote von weniger als 10 % der Gesamtschülerzahl vor allem Schüler wohlhabender Eltern und damit nicht einen Ausschnitt der Allgemeinheit.
Zudem fielen, was das FG zu Recht berücksichtigt hat, neben den Schulgebühren weitere Kosten für Verpflegung, Material und besondere Veranstaltungen an. Dies verringert den Anteil der Haushalte, die einen Besuch ihrer Kinder auf der Schule bezahlen können, weiter. Auch die Klägerin geht daher offenkundig davon aus, dass die Kosten des Schulbesuchs im Regelfall bei einem monatlichen Haushaltseinkommen von bis zu 5.000 € nicht zu schultern sind und gewährt in diesen Fällen Vollstipendien. In diese Einkommensgruppe fallen jedoch über 80 % der Haushalte in Deutschland. Bei einer Stipendiatenquote von weniger als 10 % (einschließlich Teilstipendien) ist daher die Annahme gerechtfertigt, dass die Schülerschaft der Schule sich nicht als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt.
Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter im V. Senat des BFH:
Bei der Besprechungsentscheidung handelt es sich um einen Beschluss nach § 129a FGO, bei dem der entscheidende Senat die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Es geht um die Frage, ob eine Körperschaft, die eine internationale Schule mit Englisch als erster Unterrichtssprache als Ergänzungsschule in privater Trägerschaft betreibt, als gemeinnützig anzuerkennen ist, wenn die Schulgebühren so hoch sind, dass nur einem kleinen Teil der Bevölkerung der Schulbesuch finanziell möglich ist.
Der V. Senat hat diese Frage zu Recht verneint. Denn eine Körperschaft verfolgt nur dann nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nach § 52 Abs. 1 Satz 2 AO nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist oder infolge seiner Abgrenzung, dauernd nur klein sein kann. Das ist der Fall, wenn die Höhe der Schulgebühren auch unter Berücksichtigung eines Stipendienangebots zur Folge hat, dass die Schülerschaft sich nicht mehr als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt.
Von einer Förderung der Allgemeinheit kann nur dann ausgegangen werden, wenn im Grundsatz jedermann freien Zutritt zur Körperschaft hat, die Mitglieder sich dementsprechend zumindest als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellen. Die monatlichen Kosten für den Besuch der streitigen Schule betrugen - je nach Jahrgangsstufe - zwischen ca. 1.000 € und ca. 1.500 €. Da diese Kosten nur ein geringer Teil der Haushalte in Deutschland aufbringen kann, ist bei einer Stipendiatenquote von weniger als 10 % die Annahme gerechtfertigt, dass die Schülerschaft sich nicht als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
WAAAH-89201