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Online-Nachricht - Donnerstag, 09.09.2021

Einkommensteuer | Betriebsaufspaltung und minderjährige Kinder (BFH)

Eine Betriebsaufspaltung liegt nicht vor, wenn der das Besitzunternehmen beherrschende Gesellschafter in der Betriebskapitalgesellschaft nur über exakt 50 % der Stimmen verfügt. Dabei sind dem Gesellschafter die Stimmen seines ebenfalls beteiligten minderjährigen Kindes jedenfalls dann nicht zuzurechnen, wenn in Bezug auf dessen Gesellschafterstellung eine Ergänzungspflegschaft besteht (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin und ihre beiden Kinder sind mit dem Tod des Ehemanns und Vaters Gesellschafter der Betriebs-GmbH geworden. Dieser GmbH hatte die Klägerin bereits seit Jahren ein betrieblich genutztes Grundstück verpachtet. Nachdem die Klägerin in einer Gesellschafterversammlung, in der eine Ergänzungspflegerin ihren minderjährigen Sohn vertrat, zur Geschäftsführerin der GmbH bestellt worden war, sah das FA die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung als gegeben an. Es meinte, die Klägerin könne die GmbH, obwohl sie nur 50 % der Stimmen innehabe, aufgrund ihrer elterlichen Vermögenssorge beherrschen, so dass neben der sachlichen auch die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung vorliege. Die Klägerin erziele daher aus der Grundstücksverpachtung gewerbliche Einkünfte.

Das FG der ersten Instanz sah das anders und gab der Klage statt ().

Die Revision des FA hatte keinen Erfolg:

  • Eine personelle Verpflechtung liegt nicht vor.

  • Die Anteile ihres minderjährigen Kindes sind der Klägerin nicht zuzurechnen, da für dieses eine Ergänzungspflegschaft besteht, die auch dessen Gesellschafterrechte umfasst.

  • In einem solchen Fall liegen keine gleichgelagerten wirtschaftlichen Interessen vor.

  • Die Beteiligung der Klägerin von exakt 50 % der Stimmen reicht aufgrund der "Patt-Situation" für eine Beherrschung nicht aus.

Anmerkung von Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker, Richter im X. Senat des BFH:

Stirbt der Alleingesellschafter der GmbH, droht das Entstehen einer Betriebsaufspaltung. Jedenfalls, wenn bewusst das sog. Wiesbadener Modell unter Ehegatten gewählt worden ist, die Familie die Geschäftsanteile erbt und der überlebende Ehegatte Geschäftsführer der GmbH wird. Denn in diesem Fall könnte neben der sachlichen Verflechtung eine personelle Verflechtung entstanden sein.

Entscheidend bleibt jedoch stets die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung der GmbH. Exakt 50% der Stimmen reichen für die Annahme einer personellen Verflechtung nicht aus, trotz der Geschäftsführung, die auch die sog. Geschäfte des täglichen Lebens mitumfasst. Anders kann die Situation sein, wenn Stimmenmehrheit besteht, aber ein bestimmtes Quorum oder gar das Einstimmigkeitsprinzip gilt (vgl. dazu, wenn auch in Bezug auf eine Besitzpersonengesellschaft , BStBl. II 2020, 710, Rz. 29, m.w.N.).

Die Zurechnung der Stimmenanteile minderjähriger Kinder bleibt denkbar, sollten gleichgelagerte wirtschaftliche Interessen anzunehmen sein. Dies ist bei einer Ergänzungspflegschaft jedoch nicht der Fall. Eine solche ist grundsätzlich nötig, wenn es um die Stimmabgabe des Minderjährigen in Gesellschafterversammlungen geht. Dann kann auch der Einwand einer faktischen Beherrschung der GmbH durch das Elternteil der Finanzverwaltung nicht weiterhelfen.

Bleibt noch auf eine Besonderheit hinzuweisen: Vorliegend hat die Klägerin zu Recht den Einkommensteuerbescheid angegriffen, weil es aufgrund der vom Finanzamt angenommenen Betriebsaufspaltung zu einer Reduzierung der Absetzung für Abnutzung und damit zu einer Erhöhung der Summe der Einkünfte der Klägerin kam. Klassischerweise führt die Betriebsaufspaltung nur zu einer Steuerverhaftung der genutzten Wirtschaftsgüter im (neuen) gewerblichen Besitzunternehmen. Der Steuerpflichtige kann sich dann allein gegen den nun erlassenen Gewerbesteuermessbescheid wehren (vgl. dazu auch , Rz 13).

Quelle: BFH, Pressemitteilung v. zum Urteil v. - X R 5/19; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
KAAAH-88674