Gewerbsmäßige Steuerhehlerei: Einziehung bei Weiterverkauf geschmuggelter Zigaretten
Gesetze: § 73 Abs 1 StGB, § 73c S 1 StGB, § 374 AO, § 1 TabStG, §§ 1ff TabStG, § 261 StPO, § 267 StPO
Instanzenzug: Az: 43 KLs 8/16
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in Tateinheit mit Beihilfe zur gewerbsmäßigen Steuerhehlerei in elf Fällen sowie wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Steuerhehlerei in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt, wobei wegen überlanger Verfahrensdauer zwei Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Weiter hat das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 69.192 € angeordnet.
2Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten, die er gleich mit Einlegung wirksam auf die Einziehungsanordnung beschränkt und innerhalb derer er später den Einziehungsbetrag von 2.400 € von seinem Angriff ausgenommen hat. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und ist im Übrigen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
3Die zu Gunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat in Bezug auf die Einziehung des Wertes von Taterträgen ebenfalls Erfolg. Die weitergehende zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie das Strafmaß und die Strafaussetzung zur Bewährung angegriffen hatte, ist wirksam zurückgenommen worden.
41. Das Rechtsmittel des Angeklagten und das zu Gunsten des Angeklagten eingelegte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben insoweit Erfolg, als der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen nur in Höhe eines Betrages von 36.200 € von den Feststellungen getragen wird, im Übrigen aber entfallen muss.
5a) Soweit das Landgericht im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) auch die bei den jeweiligen Taten 2 bis 12 der Urteilsgründe (UA S. 39 f.) hinterzogene Tabaksteuer einbezogen hat, kann die Einziehungsentscheidung keinen Bestand haben, da der Angeklagte insoweit nichts erlangt bzw. keine rechtswidrige Tat einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) begangen hat.
6Zwar kann ein Täter auch dadurch „etwas“ i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB erlangen, dass er sich Aufwendungen erspart. Infolgedessen kann bei einer Steuerhinterziehung grundsätzlich auch ein Betrag in Höhe nicht gezahlter Steuern in Gestalt ersparter Aufwendungen der Einziehung unterliegen (BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 244/18 Rn. 7, BGHR StGB § 73 Abs. 1 Anwendungsbereich 1 zu §§ 73 ff. StGB nF und vom - 1 StR 37/11 Rn. 11 mwN zu § 73 StGB aF). Der Angeklagte als Steuerhehler nach § 374 AO hat jedoch weder „durch die Tat“ noch „für sie“ die von den Lieferanten hinterzogenen Steuern und Abgaben erlangt. Er ersparte sich „durch die Tat“ auch keine Aufwendungen (st. Rspr.; vgl. nur Rn. 28 mwN).
7b) Jedoch erweist sich die Einziehung hinsichtlich des Wertes der weiterverkauften Zigaretten in Höhe von 33.800 € und des an den Angeklagten bezahlten Tatlohns in Höhe von 2.400 € als rechtsfehlerfrei.
8Der Steuerhehler erlangt dadurch, dass er Zigaretten ankauft oder sich sonst verschafft, zunächst die Zigaretten und durch den anschließenden Weiterverkauf den hieraus erzielten Erlös ( Rn. 29; Beschlüsse vom - 1 StR 127/19 Rn. 20 und vom - 1 StR 244/18 Rn. 8). Nach den Feststellungen des Landgerichts (UA S. 14 ff.) erlöste der Angeklagte aus dem Weiterverkauf der bei den Taten 2 bis 12 der Urteilsgründe jeweils erlangten 200 Stangen Zigaretten insgesamt 33.800 €; dies entspricht unter den gegebenen Umständen dem Wert der Zigaretten (§ 73 Abs. 1 Alternative 1, § 73c Satz 1 StGB).
9c) Ferner unterliegt der an den Angeklagten gezahlte Tatlohn von je 200 € bei den Taten 1 bis 12 der Urteilsgründe und damit ein weiterer Betrag in Höhe von 2.400 € der Einziehung (§ 73 Abs. 1 Alternative 2, § 73c Satz 1 StGB). In Höhe eines Gesamtbetrags von 36.200 € ist die Entscheidung des Landgerichts zur Einziehung des Wertes von Taterträgen daher rechtsfehlerfrei. Die Einziehungsentscheidung des Landgerichts ist daher durch den Senat entsprechend abzuändern (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
102. a) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten beruht auf § 473 Abs. 3 und 4 Satz 1, 2 StPO. Im Übrigen folgt die Verteilung der notwendigen Auslagen des Angeklagten, die durch die Einziehung entstanden sind, insbesondere der ʺzusätzlichen Gebührʺ gemäß Nr. 4142 der Anlage 1 Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 5 zum RVG, aus § 465 Abs. 2 StPO (entsprechend), § 464d StPO (vgl. Rn. 6 ff.).
11b) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft ergibt sich aus § 473 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 StPO.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:050521B1STR502.20.0
Fundstelle(n):
AO-StB 2021 S. 292 Nr. 9
AO-StB 2022 S. 18 Nr. 1
wistra 2021 S. 317 Nr. 8
FAAAH-88401