Online-Nachricht - Donnerstag, 19.08.2021

Verfahrensrecht | Entscheidung über den Antrag auf Akteneinsicht (BFH)

Über die Art und Weise der Akteneinsicht hat der Senat und nicht der Vorsitzende Richter des FG zu entscheiden, soweit nicht der ab dem gesetzlich geregelte Sonderfall des § 78 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 1 FGO für elektronisch geführte Akten vorliegt (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Vorsitzende des FG lehnte den Antrag des Klägers, die dem Gericht vorgelegten Akten des Finanzamtes in elektronischer Form zur Einsicht zur Verfügung zu stellen ab. Zur Begründung führte er aus, dass § 78 Abs. 2 FGO nur dann Anwendung finde, wenn die Akten elektronisch geführt werden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Würden die Prozessakten in Papierform geführt, so werde die Akteneinsicht nach § 78 Abs. 3 Satz 1 FGO durch Einsichtnahme in die Akten in den Diensträumen gewährt. Die Akteneinsicht könne nach § 78 Abs. 3 Satz 2 FGO, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen würden, auch durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf gewährt werden. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die technische Möglichkeit eines Abrufs von Daten beim FG Berlin-Brandenburg nicht existiere. Eine anderweitige Form der elektronischen Zurverfügungstellung des Inhalts der in Papierform geführten Akten sehe § 78 Abs. 3 FGO nicht vor. So enthalte die Regelung insbesondere keine dem § 78 Abs. 2 Satz 3 FGO entsprechende Möglichkeit der Übermittlung eines Datenträgers. Wollte man diese Regelung für in Papierform geführte Akten entsprechend anwenden, so stünde die Übermittlung des Datenträgers im Ermessen des Vorsitzenden. Angesichts des Umfangs der Papierakten im vorliegenden Verfahren komme eine Digitalisierung durch Einscannen nicht in Betracht. Ohne Erfolg berufe sich der Kläger auf Art. 15 DSGVO, da diese Vorschrift keine Verpflichtung vorsehe, in Papierform geführte Akten zum Zwecke der Einsichtnahme zu digitalisieren. In der Rechtsmittelbelehrung hat das FG darauf hingewiesen, dass der Beschluss nach § 78 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 FGO unanfechtbar sei.

Der BFH führte aus:

  • Entgegen der Auffassung des FG liegt kein Fall des § 78 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 FGO vor. Nach dieser Regelung ist die Entscheidung über einen Antrag nach § 78 Abs. 2 Satz 3 FGO auf Übermittlung eines Aktenausdrucks oder eines Datenträgers mit dem Inhalt der Akten unanfechtbar. Vorliegend hat der Kläger seinen Antrag auf Akteneinsicht jedoch nicht auf § 78 Abs. 2 Satz 3 FGO gestützt, sondern auf Art. 15 DSGVO. Zudem konnte er auch keinen Antrag nach § 78 Abs. 2 Satz 3 FGO stellen, da die Prozessakten nicht in elektronischer Form, sondern in Papierform geführt wurden.

  • Form und Ort der Akteneinsicht und somit auch die Ausgestaltung des Antragsrechts werden was das FG unberücksichtigt gelassen hat durch § 78 Abs. 2 und Abs. 3 FGO in der ab dem geltenden Fassung ausdrücklich danach geregelt, ob die Prozessakten elektronisch oder in Papierform geführt werden (). Danach findet der Ausschluss der Beschwerde nach § 78 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 FGO keine Anwendung, wenn der Antrag auf Akteneinsicht sich auf Prozessakten bezieht, die wie im vorliegenden Fall in Papierform geführt werden.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
MAAAH-87149