Online-Nachricht - Donnerstag, 19.08.2021

Einkommensteuer | Entschädigung für Kanalbau an einen Landwirt (BFH)

Leistungen, die ein Landwirt für die Bewilligung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zulasten eines Betriebsgrundstücks bezieht, mit der er das zeitlich nicht begrenzte Recht eingeräumt hat, auf dem Grundstück in 3 bis 4 m Tiefe einen Regenwasserkanal zu verlegen und zu unterhalten, sind bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG mit dem Grundbetrag gem. § 13a Abs. 4 EStG abgegolten (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute und unterhielten für das Streitjahr im Nebenerwerb einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einer Größe von 16,69 ha, dessen Gewinn für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG ermittelt wurde. Die Gemeinde baute einen Regenwasserkanal auf dem zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstück. Als Gegenleistung zahlte die Gemeinde an den Kläger einen Betrag in Höhe von 20.000 €. Ferner übertrug sie ihm ein Flurstück zur Größe von 23 210 qm. Der Wert des Grundstücks wurde mit 46.420 € bemessen (2 €/qm gemäß Bodenrichtwertkarte). Die Zahlung des Barbetrags und die Besitzübergabe des Grundstücks erfolgten im Juli 2014.

In ihrer Einkommensteuererklärung erklärten die Kläger für das Streitjahr Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 4.418 € (Wirtschaftsjahr 2013/2014: 4.104 €, Wirtschaftsjahr 2014/2015: 4.733 €). Die mit der Eintragung der Grunddienstbarkeit in Zusammenhang stehenden Leistungen der Gemeinde betrachteten sie im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 13a EStG als mit dem Grundbetrag abgegolten. Das Finanzamt sah die Leistungen der Gemeinde hingegen als Miet- und Pachtzinsen i.S. von § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung an und erhöhte die Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 2014/2015 insoweit um 66.420 €. Das FG hatte die Leistungen, die der Kläger von der Gemeinde bezogen hat, als Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) angesehen.

Der BFH führte aus:

  • Das FG hat die Leistungen, die der Kläger von der Gemeinde für die Bewilligung der Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit bezogen hat, zu Unrecht als Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung deklariert.

  • Es handelt sich auch nicht um sonstige Einkünfte aus Leistungen i.S. von § 22 Nr. 3 EStG. Vielmehr liegen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vor. Die Einnahmen sind bei der Gewinnermittlung gem. § 13a EStG jedoch mit dem Grundbetrag (§ 13a Abs. 4 EStG) abgegolten; vereinnahmte Miet- und Pachtzinsen i.S. von § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 EStG (in der in 2014 geltenden Fassung) sind insoweit nicht gegeben.

  • Der betrieblichen Veranlassung steht auch nicht entgegen, dass der Regenwasserkanal auf dem Grundstück des Klägers in einer Tiefe von 3 bis 4 m verlegt wurde. Denn auch diese Schichten des Grundstücks gehören zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen. Sie bilden mit den oberen Bodenschichten ein einheitliches Wirtschaftsgut "Grund und Boden".

  • Die fraglichen Bodenschichten bilden vielmehr sowohl zivil- als auch steuerrechtlich mit dem Grund und Boden eine Einheit. Der Untergrund ist als unselbständiger Bestandteil des Wirtschaftsguts Grund und Boden anzusehen.

  • Die Belastung des klägerischen Grundstücks mit der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit stellt auch keine beim Durchschnittssatzgewinn gem. § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG zu berücksichtigende Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden dar. Hierüber bestand zwischen den Beteiligten kein Streit.

Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:

Ob die Einräumung einer Dienstbarkeit zu einer (regelmäßig steuerbaren) Nutzungs- /Fruchtziehungsüberlassung oder zu einer (sofern es um Privatvermögen geht nicht steuerbaren) Beschränkung der Eigentümerbefugnisse führt, hat in erster Linie das FG als Tatsacheninstanz zu beurteilen. Dabei ist maßgebend auf den wirtschaftlichen Gehalt der zugrunde liegenden Vereinbarung abzustellen, wie er sich nach dem Gesamtbild der gestalteten Verhältnisse des Einzelfalls unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergibt. Die dahingehende Tatsachen- und Beweiswürdigung ist naturgemäß streitanfällig (z.B. , BStBl II 2021, 5, betreffend die Verteilung eines Gestattungsentgelts für die Überlassung landwirtschaftlicher Flächen zur Durchführung naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen; , BStBl II 2019, 311, betreffend den Zuflusszeitpunkt von Entschädigungen für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zur Sicherung eines Flutungsrechts; , BFH/NV 2018, 1266, betreffend die ertragsteuerliche Beurteilung einer Einnahme für die Zurverfügungstellung eines eigenen Grundstücks zum Zwecke der ökologischen Aufwertung zu einer Ausgleichs-/Ersatzfläche und , BStBl II 2018, 759, betreffend die Entschädigung für Überspannung eines Privatgrundstücke mit einer Stromleitung). Die Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG, zu der auch die Auslegung von Verträgen gehört, ist für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend. Die revisionsrechtliche Überprüfung durch den BFH beschränkt sich daher darauf, ob die vorgenommene Würdigung unter Beachtung der gesetzlichen Auslegungsregeln (insbesondere §§ 133, 157 BGB) möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Auf dahingehende Fehler des FG „sollte“ der Steuerpflichtige nicht „vertrauen“. Er ist vielmehr gut beraten, bereits im finanzgerichtlichen Verfahren belastbar zum zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt der auszulegenden Vereinbarung vorzutragen und dadurch deren „zutreffende“ Inhaltsbestimmung durch das FG zu befördern.

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Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
IAAAH-87146