Einkommensteuer | Keine Steuerbefreiung für pauschales Sterbegeld (BFH)
Das nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gezahlte pauschale, nach den Dienstbezügen bzw. dem Ruhegehalt des Verstorbenen bemessene Sterbegeld ist nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 3 Nr. 11 EStG sind u.a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligt werden, steuerfrei.
Sachverhalt: Streitig ist, ob das an den überlebenden Ehegatten oder den Abkömmling eines verstorbenen Beamten gezahlte Sterbegeld, welches aufgrund der beamtenrechtlichen Vorschriften zur Hinterbliebenenversorgung (hier: § 18 Abs. 1 LBeamtVG NRW) gewährt wird, nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei ist.
Die Klägerin war zusammen mit ihren beiden Geschwistern Erbin ihrer verstorbenen Mutter, die als Ruhestandsbeamtin vom Land Nordrhein-Westfalen (NRW) eine Pension bezog. Den Erben stand nach beamtenrechtlichen Grundsätzen ein Sterbegeld i. H. der doppelten Bruttobezüge des Sterbemonats der Mutter zu. Auf Antrag der Klägerin zahlte das Landesamt NRW das Sterbegeld nach Abzug von einbehaltener Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag auf das von der Klägerin verwaltete Konto der Mutter.
Das Finanzamt sah das Sterbegeld als steuerpflichtige Einnahmen der Klägerin an und erhöhte deren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um den Bruttobetrag des Sterbegeldes. Zugleich gewährte es einen Freibetrag für Versorgungsbezüge sowie den Werbungskosten-Pauschbetrag und rechnete die einbehaltenen Abzugsbeträge an.
Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Der im Anschluss erhobenen Klage wurde stattgegeben ().
Der BFH hat die Revision des FA als begründet angesehen uns das FG Urteil aufgehoben:
Bei dem Sterbegeld handelt es sich um steuerbare, der Klägerin als Miterbin der Mutter zuzurechnende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Diese sind auch auf Grund der Besonderheiten der einschlägigen beamtenrechtlichen Regelungen der Klägerin - und nicht der Erbengemeinschaft - zugeflossen und nur von dieser zu versteuern.
Zu Unrecht hat das FG das Sterbegeld nach § 18 Abs. 1 LBeamtVG NRW a.F. aber als gem. § 3 Nr. 11 EStG steuerfreien Bezug beurteilt (zur Steuerpflicht des Sterbegeldes aus einem Versorgungswerk bzw. einer Pensionskasse s. und ). Diese Steuerbefreiung kommt nur für Bezüge in Betracht, die wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligt worden sind.
Zwar ist es zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig, dass es sich insoweit um einen Bezug aus öffentlichen Mitteln handelt. Die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf pauschales Sterbegeld entsteht, rechtfertigen allerdings keine Einbeziehung in die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 11 EStG. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus einem "Erst-Recht-Schluss" im Vergleich zu den als steuerfrei i. S. der Vorschrift anerkannten Beihilfeleistungen im öffentlichen Dienst.
Das Sterbegeld hat nur noch den Zweck, den Hinterbliebenen die Bestreitung der mit dem Tod des Beamten zusammenhängenden besonderen Aufwendungen zu erleichtern, d.h. z.B. die Kosten für die letzte Krankheit und die Bestattung des Beamten zu tragen. Es wird jedoch unabhängig davon ausgezahlt, ob anlässlich des Todesfalls tatsächlich Kosten entstanden sind.
Zudem orientiert sich das pauschale Sterbegeld an den Dienst- oder Anwärterbezügen bzw. am Ruhegehalt des Verstorbenen im Sterbemonat (s. § 18 Abs. 1 Sätze 2 und 3 LBeamtVG NRW a.F.), nicht aber - wie die Zahlung von Beihilfen - an der wegen des anlassbezogenen tatsächlichen Aufwands typisierend vermuteten Hilfsbedürftigkeit des Empfängers. Es unterscheidet sich damit nicht nur von den als nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei beurteilten Beihilfen im Krankheitsfall, sondern auch von - ggf. neben dem pauschalen Sterbegeld gewährten - Beihilfen im Todesfall. Eine typisierend unterstellte Hilfsbedürftigkeit kann in Bezug auf den Anspruch auf pauschales Sterbegeld nach alledem nicht angenommen werden.
Bei dem Sterbegeld handelt es sich jedoch um einen Versorgungsbezug i. S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG (s. ). Unerheblich ist dabei, dass es sich um einen einmaligen Bezug handelt.
Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:
Stirbt eine Beamtin/ein Beamter oder eine Ruhestandsbeamtin/ein Ruhestandsbeamter, erhalten der überlebende Ehegatte/eingetragene Lebenspartner oder die Abkömmlinge (leibliche bzw. angenommene Kinder oder Enkelkinder) Sterbegeld. Nach dem Beamtenversorgungsrecht in Bund und Ländern beträgt es das Zweifache (Bremen gewährt lediglich den 1,35fachen Satz) der im Sterbemonat zustehenden Dienst- oder Versorgungsbezüge (brutto) ohne Kindergeld. Von diesem pauschalen Sterbegeld ist das aufwandsersetzende Sterbegeld zu unterscheiden. Sind keine Angehörigen vorhanden, denen ein pauschales Sterbegeld zusteht, können beim Tode von Beamtinnen/Beamten oder Ruhestandsbeamtinnen/Ruhestandsbeamten auch sonstige Personen zur Deckung der ihnen entstandenen Aufwendungen auf Antrag ein Sterbegeld erhalten. Voraussetzung ist, dass sie die Kosten der letzten Krankheit oder Bestattung aus eigenen Mitteln oder aus dem Nachlass bestritten haben. Zudem kennt das Beamtenversorgungsrecht Beihilfeleistungen aus Anlass des Todes einer/s Beihilfeberechtigten. Die Höhe dieser Beihilfe richtet sich entweder nach den dahingehenden beihilfefähigen Aufwendungen und dem Bemessungssatz, welcher der/dem Verstorbenen am Tage vor dem Ableben zugestanden hat und/oder wird beim Vorliegen entsprechender Aufwendungen als pauschaliert gewährt. Beihilfeleistungen aus Anlass des Todes sind mit Beihilfeleistungen im Krankheitsfall vergleichbar und daher nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Entsprechendes gilt für das aufwandsbezogene Sterbegeld an „Nichtangehörige“. Der Umstand, dass diese nur sterbegeldanspruchsberechtigt sind, wenn sie die Kosten der letzten Krankheit oder Bestattung aus eigenen Mitteln oder aus dem Nachlass bestritten haben, rechtfertigt insoweit von einer, die Steuerfreiheit rechtfertigenden, typisierenden Hilfsbedürftigkeit i. S. von § 3 Nr. 11 EStG auszugehen. Lediglich das beamtenrechtliche pauschale Sterbegeld ist damit ausweislich der Besprechungsentscheidung steuerbar (s. auch , Rev. VI R 33/20). Eine Benachteiligung von Beamten/innen ist darin nicht zu erblicken. Denn ein einmaliges Sterbegeld, das ein berufsständisches Versorgungswerk neben der laufenden Hinterbliebenenrente an den überlebenden Ehegatten des Mitglieds zahlt, unterliegt als "andere Leistung" (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) mit dem Besteuerungsanteil ebenfalls der Einkommensteuer (). Entsprechendes gilt für ein einmaliges Sterbegeld aus einer betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse). Das ist auch dann nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG einkommensteuerpflichtig, wenn es mangels lebender Bezugsberechtigter nicht an die Bezugsberechtigten i. S. des BetrAVG, sondern ersatzweise an die Erben gezahlt wird ().
Quelle: BFH Pressemitteilung Nr. 026/2021 v. ; ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
YAAAH-87145