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Online-Nachricht - Donnerstag, 29.07.2021

Einkommensteuer | Privates Veräußerungsgeschäft - Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung (BFH)

Eine "Anschaffung" bzw. "Veräußerung" i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt vor, wenn die übereinstimmenden rechtsgeschäftlichen Verpflichtungserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Zehn-Jahres-Frist bindend abgegeben worden sind (Anschluss an , BStBl II 2015, 487: ; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Streitig ist, auf welches Ereignis für die Berechnung der Zehn-Jahres-Frist des § 23 EStG abzustellen ist.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Mit Blick auf den Zweck des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen, kann von einer (rechtsgeschäftlichen) "Anschaffung" oder "Veräußerung" nur gesprochen werden, wenn die Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist bindend abgegeben worden sind.

  • Eine "Veräußerung" in diesem Sinne liegt daher vor, wenn die rechtsgeschäftlichen Erklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist übereinstimmend abgegeben werden.

  • Denn mit den beiderseitigen übereinstimmenden Willenserklärungen wird der Vertragsschluss für die Vertragspartner zivilrechtlich bindend. Damit sind, dem Normzweck des § 23 EStG entsprechend, die Voraussetzungen für die Realisierung der Wertsteigerung verbindlich eingetreten

  • Die Bindungswirkung eines innerhalb der Haltefrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG abgeschlossenen, wegen des Fehlens einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung (noch) schwebend unwirksamen Vertrags kann ausreichen, um die Rechtsfolgen eines privaten Veräußerungsgeschäfts eintreten zu lassen:

  • Haben sich die Parteien bereits vor Erteilung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung auf die Vertragsinhalte geeinigt und sich dergestalt gebunden, dass sich keine Partei mehr einseitig vom Vertrag lösen kann, sind die Voraussetzungen für die Annahme eines Anschaffungs- oder Veräußerungsgeschäfts innerhalb der Zehn-Jahres-Frist erfüllt.

Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter im IX. Senat des BFH:

Die Entscheidung klärt die Grundsätze für die Fristberechnung im Rahmen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG beim Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung, deren Fehlen den schuldrechtlichen Vertrag zunächst (schwebend) unwirksam macht. Dies gilt sowohl für die Bestimmung des Zeitpunkts der Anschaffung als auch für den Zeitpunkt der Veräußerung.

Für den BFH kommt es nicht darauf an, ob die fehlende Genehmigung das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft oder das dingliche Verfügungsgeschäft (schwebend) unwirksam macht und wann das Rechtsgeschäft in der Folge der Erteilung der Genehmigung in vollem Umfang rechtswirksam wird. Entscheidend ist vielmehr allein, dass die schuldrechtlichen Vereinbarungen innerhalb der Zehn-Jahres-Frist für die Parteien beidseitig verpflichtend abgegeben worden sind, so dass sich keine Partei mehr einseitig vom Vertrag lösen kann.

Ob und wann die Genehmigung erteilt wird, ist damit unbeachtlich. Dies ist nur anders, wenn sich eine Partei vor dem Notar durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht vertreten lässt (§ 177 Abs. 1 BGB) und sich damit jederzeit durch Versagung der Genehmigung wieder vom Vertrag lösen kann.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
VAAAH-85659