Instanzenzug: Az: S 36 R 473/19vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Az: L 17 R 422/20 Urteil
Gründe
I
1Mit Urteil vom hat das LSG Berlin-Brandenburg einen Anspruch des im September 1963 geborenen Klägers auf Rente für langjährig Beschäftigte verneint, weil er die für diese Rente maßgebliche Altersgrenze noch nicht erreicht habe.
2Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines noch zu benennenden Prozessbevollmächtigten beantragt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Revisionszulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG), insbesondere auf eine Verfassungswidrigkeit der seit seinem Eintritt in das Berufsleben "vom Gesetzgeber immer wieder rechtswidrig heraufgesetzten Altersgrenzen" für den Renteneintritt und deren Unstimmigkeit in Relation zueinander.
II
31. Der Antrag des Klägers auf Gewährung von PKH zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das ist abzulehnen.
4Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG ua nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es im Falle des Klägers. Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung zulässige und vom Kläger bereits selbst eingelegte Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a SGG). Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 SGG nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Nach Durchsicht der Akten und unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers in seiner Begründung vom ist das hier nicht der Fall.
5Es ist nicht ersichtlich, dass ein zur Vertretung vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 2 und 4 SGG) erfolgreich geltend machen könnte, dass der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) zukommt. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Anhaltspunkte für eine derartige Rechtsfrage sind im Fall des Klägers nicht vorhanden.
6Dies gilt insbesondere, soweit der Kläger eine Verfassungswidrigkeit wiederholt angehobener Altersgrenzen für den Renteneintritt und konkret der fehlenden Möglichkeit, die von ihm erstmals im November 2017 und erneut im November 2018 beantragte Rente für langjährig Versicherte bereits ab Antragstellung vorzeitig in Anspruch zu nehmen, geltend macht. Es ist bereits höchstrichterlich entschieden worden, dass die Anhebung des Renteneintrittsalters für verschiedene Rentenarten nicht gegen Verfassungsrecht verstößt (vgl zB ua - BVerfGE 122, 151 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16; - SozR 4-2600 § 237 Nr 11; - juris; - SuP 2011, 44). Ebenso ist entschieden worden, dass die Rentenabschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte und die Vertrauensschutzregelung aufgrund von 45 Jahren mit Pflichtbeiträgen nach dem Rentenreformgesetz 1999 nicht gegen das Grundgesetz verstoßen ( - SozR 4-2600 § 236 Nr 1). Schließlich hat das BSG auch schon dargestellt, dass Möglichkeiten einer vorzeitigen Inanspruchnahme von Altersrenten nur unter bestimmten - hier nicht vorliegenden - Umständen geboten sind ( - SozR 4-2600 § 236b Nr 1, insbes RdNr 38 ff). Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass sich aus Anlass des vorliegenden Falles eine ungeklärte Rechtsfrage stellen könnte. Denn als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; - juris RdNr 4).
7Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) vorliegt. Denn die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.
8Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Insbesondere sind im Zusammenhang mit der Entscheidung des LSG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung keine rügefähigen Verfahrensmängel erkennbar. Der Kläger hatte dieser Entscheidungsform ausdrücklich zugestimmt.
9Dass der Kläger das Berufungsurteil inhaltlich für unrichtig hält, kann nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
10Mit der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
112. Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.
12Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG ist unzulässig, da sie nicht von einem gemäß § 73 Abs 4 SGG vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet worden ist. Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in § 73 Abs 4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen (zur Verfassungsmäßigkeit vgl - SozR 3-1500 § 160a Nr 7 juris RdNr 5 mwN), ist der Kläger ebenfalls in der Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils hingewiesen worden.
133. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2021:230621BB13R7721B0
Fundstelle(n):
CAAAH-85340