Grunderwerbsteuer | Grunderwerbsteuer bei treuhänderischem Erwerb (BFH)
Erwirbt ein Treuhänder von einem Dritten für den Treugeber ein Grundstück (Erwerbstreuhand), ist sowohl der Grundstückserwerb durch den Treuhänder als auch der Erwerb der Verwertungsbefugnis durch den Treugeber grunderwerbsteuerpflichtig (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Erwirbt ein Treuhänder im Auftrag des Treugebers von einem Dritten ein Grundstück, wird durch die Treuhandabrede eine Verwertungsbefugnis des Treugebers begründet.
Sachverhalt: Streitig ist, ob die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 und 3 GrEStG auf den Erwerb einer Verwertungsbefugnis anwendbar ist.
Die A GbR war Eigentümerin eines Grundstücks. An der A GbR waren X zu 94 % und Y zu 6 % beteiligt. An der Klägerin, ebenfalls einer GbR, sind X zu 94 % und Z zu 6 % beteiligt. Die Klägerin erteilte Z den Auftrag, das Grundstück im eigenen Namen als Treuhänder und im Innenverhältnis auf Rechnung der Klägerin zu erwerben.
Die A GbR veräußerte das Grundstück an Z. Das Finanzamt setzte gegenüber Z Grunderwerbsteuer fest. Dieser Bescheid ist nicht Streitgegenstand.
Ferner setzte das FA unter Berufung auf § 1 Abs. 2 GrEStG gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer fest. Die Bemessungsgrundlage setzte sich zusammen aus dem an Z erstatteten Kaufpreis, zuzüglich der dem Z ebenfalls erstatteten Grunderwerbsteuer sowie abzüglich eines nach § 5 Abs. 2 GrEStG steuerfreien Teils von 6 %, der der Höhe der Beteiligung von Z an der Klägerin entsprach.
Mit ihrem Einspruch begehrte die Klägerin unter Hinweis auf § 6 Abs. 3 GrEStG die Freistellung auch des Anteils von 94 % und beantragte hilfsweise während des Einspruchsverfahrens die abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO. Das FA wies den Einspruch zurück und lehnte innerhalb der Einspruchsentscheidung den Billigkeitsantrag ab.
Die Klägerin erhob Klage sowohl gegen die Festsetzung als auch gegen die ablehnende Billigkeitsentscheidung. Das FG setzte die Bemessungsgrundlage herab und führte aus, die Klage habe Erfolg ().
Der BFH hat die Revision des FA als begründet angesehen und das FG Urteil aufgehoben:
Die Festsetzung der Grunderwerbsteuer ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach dem Grundstückserwerb durch Z von der A GbR durch Vertrag vom , dessen Steuerpflicht nicht im Streit steht, hat die Klägerin im unmittelbaren Anschluss von Z die Verwertungsbefugnis an dem Grundstück erworben. Dieser Vorgang ist nach § 1 Abs. 2 GrEStG i. V. mit § 5 Abs. 2 GrEStG mit einem Anteil von 94 % steuerpflichtig.
Durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag i. S. von § 675 BGB, der sich auf den Erwerb eines Grundstücks durch den Verpflichteten im eigenen Namen richtet, erlangt der Geschäftsherr die Rechtsmacht, von dem Beauftragten die Auflassung des Grundstücks (§ 925 BGB) zu verlangen (§ 667 BGB i. V. mit § 675 BGB) oder es bei entsprechender Ausgestaltung des Vertrags durch andere Maßnahmen der Substanz nach auf eigene Rechnung zu verwerten. Diese Rechtsmacht begründet eine Verwertungsbefugnis i. S. von § 1 Abs. 2 GrEStG. Für den unentgeltlichen Auftragserwerb gilt dasselbe. Eine Treuhandvereinbarung in Gestalt der sog. Erwerbstreuhand ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag in diesem Sinne (vgl. , Rz 15 f., m.w.N.).
Erwirbt der Geschäftsbesorger oder Beauftragte im eigenen Namen das Grundstück, unterliegen sowohl dieser Erwerbsvorgang als auch gem. § 1 Abs. 2 GrEStG die damit dem Geschäftsherrn oder Auftraggeber verschaffte Rechtsmacht der Grunderwerbsteuer.
Für Grund und Umfang von Steuerbefreiungen sind grundsätzlich beide Erwerbsvorgänge getrennt zu betrachten.
Die Festsetzung von Grunderwerbsteuer und die abweichende Festsetzung der Grunderwerbsteuer aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO begründen zwei selbständige Verfahren.
Hat das FA im Rahmen einer die Festsetzung betreffenden Einspruchsentscheidung erstmals über einen Billigkeitsantrag entschieden, stellt eine unmittelbar erhobene Klage insoweit eine Sprungklage dar. Stimmt das FA dieser nicht zu, gilt sie als Einspruch. Das Verfahren ist formlos an das FA abzugeben.
Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:
Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch solche Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten (§ 1 Abs. 2 GrEStG). Erwirbt ein Treuhänder ein Grundstück, wird durch die Treuhandabrede eine Verwertungsbefugnis des Treugebers begründet. In diesem Fall werden also gleich zwei grunderwerbsteuerbare Tatbestände verwirklicht, nämlich der Erwerb des Grundstücks durch den Treuhänder einerseits (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) und die Begründung der Verwertungsbefugnis für den Treugeber andererseits (§ 1 Abs. 2 GrEStG).
Im Streitfall lag die Besonderheit darin, dass an der Verkäuferin des Grundstücks, einer GbR, und an der Treugeberin, ebenfalls eine GbR, ein Gesellschafter mit jeweils 94 % beteiligt war. Der später als Treuhänder agierende andere Gesellschafter war an der Treugeberin nur mit 6 % beteiligt. In dieser Konstellation konnte die Steuerbegünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG gewährt werden, und zwar in dem Umfang, in dem der Treuhänder an der Treugeberin beteiligt war, hier in Höhe von 6 %. Ein Fall des § 6 Abs. 3 GrEStG, der im Streitfall zu einer Begünstigung von 94 % geführt hätte, lag nicht vor. Die Treugeberin hat nämlich die Verwertungsbefugnis nicht von der Verkäuferin erhalten, sondern aufgrund der Treuhandabrede vom Treuhänder. Über den mit der Klage zugleich gestellten Antrag auf Billigkeitserlass (§ 163 AO) hat der BFH nicht entschieden, sondern die Klage – mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine Sprungklage – an das Finanzamt als Einspruch zurückgegeben.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
IAAAH-85283