Online-Nachricht - Montag, 19.07.2021

Umsatzsteuer | Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern (BMF)

Das BMF hat zur Anwendung des zur Unternehmereigenschaft des Mitglieds eines Aufsichtsrats Stellung genommen und u.a. den UStAE in Abschn. 2.2 UStAE angepasst ().

Hintergrund: Mit Urteil v. hat der BFH u. a. entschieden, dass das Mitglied eines Aufsichtsrats entgegen bisheriger Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung (Abschnitt 2.2 Abs. 2 Satz 7 UStAE) nicht als Unternehmer tätig ist, wenn es aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt (ausführlich hierzu: Bihler, NWB 10/2020 S. 699 NWB OAAAH-43306).

Danach wird der USTAE in Abschnitt 2.2 u.a. wie folgt geändert:

Absatz 2 Satz 7 wird gestrichen.

Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 3a eingefügt (Sätze 1-13):

  1. Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es nicht selbständig tätig.

  2. Die Vergütung kann sowohl in Geldzahlungen als auch in Sachzuwendungen bestehen.

  3. Eine Festvergütung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere im Fall einer pauschalen Aufwandsentschädigung vor, die für die Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat gezahlt wird.

  4. Sitzungsgelder, die das Mitglied des Aufsichtsrats nur erhält, wenn es tatsächlich an der Sitzung teilnimmt, sowie nach dem tatsächlichen Aufwand bemessene Aufwandsentschädigungen sind keine Festvergütung im Sinne des Satzes 1.

  5. Besteht die Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds sowohl aus festen als auch variablen Bestandteilen, ist es grundsätzlich selbständig tätig, wenn die variablen Bestandteile im Kalenderjahr mindestens 10 % der gesamten Vergütung, einschließlich erhaltener Aufwandsentschädigungen, betragen.

  6. Reisekostenerstattungen sind keine Vergütungsbestandteile und demzufolge bei der Ermittlung der 10 %-Grenze nicht zu berücksichtigen.

  7. Die Sätze 1 bis 6 sind für jedes Mandat eines Aufsichtsrates separat zu prüfen.

  8. Ausnahmen von der Festlegung in Satz 5 sind in begründeten Fällen möglich.

  9. Das Mitglied eines Aufsichtsrats trägt nicht schon deshalb ein Vergütungsrisiko, weil seine Vergütung nachträglich für mehrere Jahre ausgezahlt wird.

  10. Trägt das Mitglied des Aufsichtsrats kein Vergütungsrisiko, ist es nicht deshalb selbständig tätig, weil es unter den Voraussetzungen des § 116 AktG für pflichtwidriges Verhalten haftet.

  11. Bei Beamten und anderen Bediensteten einer Gebietskörperschaft, die die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung ihres Arbeitgebers oder Dienstherren übernommen haben und nach beamten- oder dienstrechtlichen Vorschriften verpflichtet sind, die Vergütung bis auf einen festgelegten Betrag an den Arbeitgeber bzw. Dienstherren abzuführen, ist es bei einem bestehenden Vergütungsrisiko nicht zu beanstanden, wenn diese allein auf Grund dieser Tätigkeit ebenfalls als nicht selbständig tätig behandelt werden.

  12. Für Mitglieder der Bundes- oder einer Landesregierung gilt Satz 11 entsprechend, soweit sie im Zusammenhang mit ihrer Zugehörigkeit zur Regierung einem Aufsichtsrat angehören und einer zumindest teilweisen öffentlich-rechtlichen Abführungspflicht unterliegen.

  13. Die Sätze 1 bis 12 gelten auch für Mitglieder von Ausschüssen, die der Aufsichtsrat nach § 107 Abs. 3 AktG bestellt hat und für Mitglieder von anderen Gremien, die nicht der Ausübung, sondern der Kontrolle der Geschäftsführung einer juristischen Person oder Personenvereinigung dienen.“

Hinweis:

Die Regelungen des Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten wird es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn die bisher geltenden Regelungen in Abschnitt 2.2. Abs. 2 Satz 7 und Abs. 3 Satz 1 UStAE auf Leistungen angewendet werden, die bis einschließlich ausgeführt worden sind. Es wird ebenfalls nicht beanstandet, wenn ein Beamter oder ein politischer Mandatsträger, der eine Tätigkeit als Mitglied eines Aufsichts- oder Verwaltungsrats nicht lediglich aufgrund seiner gesellschaftlichen oder politischen Stellung, sondern aufgrund unmittelbarer Verknüpfung mit seinem Amt ausübt, trotz eines vorliegenden Vergütungsrisikos insoweit für bis ausgeführte Umsätze als nicht selbstständig im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG tätig beurteilt wird.

Das Schreiben ist auf der Homepage des BMF veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: BMF online (il)

Fundstelle(n):
DAAAH-83896