Online-Nachricht - Donnerstag, 15.07.2021

Grunderwerbsteuer | Zusammenlegung von Kirchengemeinden kann Grunderwerbsteuer auslösen (FG)

Die Zusammenlegung mehrerer katholischer Kirchengemeinden, die Anteile einer grundbesitzenden GmbH halten, führt zu einer Anteilsvereinigung, die Grunderwerbsteuer auslöst ( GrE; Revision zugelassen).

Sachverhalt und Verfahrensverlauf: Die Klägerin ist eine katholische Kirchengemeinde, die im Jahr 2007 aus der Zusammenlegung mehrerer anderer Kirchengemeinden mittels geschäftlicher Urkunde entstanden ist. Zwei dieser Gemeinden waren die einzigen Gesellschafter einer GmbH, die Grundbesitz hielt. Das Finanzamt erließ einen Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Grunderwerbsteuer, weil es von einer Anteilsvereinigung im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG ausging. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass die Zusammenlegung von Kirchengemeinden als grundrechtlich geschützter Bereich des Selbstbestimmungsrechts von Religionsgemeinschaften kein grunderwerbsteuerbares Rechtsgeschäft darstellen könne. Hilfsweise sei der Vorgang steuerfrei.

Mit Urteil vom - 8 K 3992/14 GrE wies das FG Münster die Klage ab. Dieses Urteil sowie den angefochtenen Feststellungsbescheid hob der (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 9.7.2020) auf, weil das Finanzamt die Feststellung auf einen falschen Stichtag durchgeführt habe.

Die gegen die auf den richtigen Stichtag durchgeführte Feststellung erhobene Klage hat der Senat wiederum abgewiesen.:

  • Die Zusammenlegung der Kirchengemeinden führt zu einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG, da hierdurch mindestens 95 % der GmbH-Anteile in der Hand einer Gesellschafterin vereinigt werden.

  • Dass der Vorgang auf einem bischöflichen Dekret beruht, ist unerheblich, da es sich um einen zivilrechtlich wirksamen Rechtsübergang handelt. Eine einschränkende Auslegung der Norm ist verfassungsrechtlich nicht geboten, da die Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer unabhängig von Aspekten der Gemeinnützigkeit und der Gemeinwohlorientierung allein an einen Rechtsträgerwechsel anknüpft. Auch kirchliche Rechtsträger, die staatlich anerkannt werden, unterliegen den staatlichen Regeln.

  • Der Vorgang ist auch nicht steuerfrei. Zunächst liegt keine freigebige Zuwendung i. S. von § 3 Nr. 2 GrEStG vor. Die aufgelösten Kirchengemeinden haben der Klägerin nichts zugewandt; vielmehr ist ihr Vermögen nach kanonischem Recht auf die Klägerin übergegangen. Auch die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 1 GrEStG für Grundstücksübertragungen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts aus Anlass des Übergangs öffentlich-rechtlicher Aufgaben ist nicht einschlägig, denn § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG fingiert einen Grundstücksübergang auf die Klägerin von der GmbH und damit von einer zivilrechtlichen Körperschaft.

  • Die Befreiungsvorschriften §§ 4 Nr. 4 und 6a GrEStG sind zum maßgeblichen Stichtag noch nicht anwendbar gewesen.

Hinweis

Die Revision zum BFH ist zugelassen.

Das vollständige Urteil ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Münster, Newsletter v. (JT)

Fundstelle(n):
ZAAAH-83692