Nachträgliche Behandlung des Verkaufs von Telefonkarten im Ausland ansässiger Telefonanbieter in den Jahren 2010 bis 2012
als Telekommunikationsleistungen aufgrund des Urteils des Bundesfinanzhofs , BStBl 2017
II S. 135: kein Anspruch auf Erlass der Umsatzsteuernachforderungen sowie Zinsen infolge sachlicher Unbilligkeit oder wegen
anderer Vertrauensschutzgesichtspunkte
Leitsatz
1. Wer in den Jahren 2010 bis 2012 als Unternehmer auf eigene Rechnung Telefonkarten im Ausland ansässiger Telefonanbieter
erworben und diese an seine Kunden veräußert hat, konnte nach dem Urteil BFH, Urteil v. , V R 4/16, BStBl 2017 II
S. 135, auch dann selbst eine Telekommunikationsleistung ausführen, wenn er nach seinen AGB lediglich als Vermittler auftreten
wollte und dementsprechend lediglich Vermittlungsleistungen der Umsatzbesteuerung unterworfen hat.
2. Hinsichtlich der Umsatzsteuern und Zinsen für die Jahre 2010 bis 2012, die infolge der nachträglichen Behandlung des Telefonkartenverkaufs
als Telekommunikationsleistungen entstanden sind, besteht kein Anspruch nach § 227 AO auf Erlass infolge sachlicher Unbilligkeit,
da damals keine einheitliche Verwaltungsauffassung oder Rechtsprechung bestanden hat, auf die der Unternehmer hätte vertrauen
können und da dem Unternehmer klar sein musste, dass die Rechtslage damals zumindest unklar war (im Streitfall: keine Anwendbarkeit
der Übergangsregelung in dem BMF-Schreiben IV D 2 – S 7100/08/1004, BStBl 2012 I S. 947). Vor
Ergehen des EuGH-Urteils EUGH, Urteil v. , C-520/10 (Lebara Ltd.), BStBl. 2012 II S. 755, bestand keine einheitliche
Verwaltungsanweisung oder Rechtsprechung in Bezug auf die steuerliche Behandlung von Umsätzen mit Callingkarten ausländischer
Anbieter und demnach auch keine Vertrauensgrundlage.
3. Ein Vertrauensschutz des Unternehmers ergibt sich auch nicht daraus, dass das Finanzamt für Steuerjahre vor 2010 auch nach
Betriebsprüfungen die streitigen Umsätze als Vermittlungsleistungen anerkannt hat.
4. Eine GmbH als Unternehmerin ist nicht persönlich erlasswürdig, wenn das Finanzamt erstmals im Jahr 2013 in einer Betriebsprüfung
die Callingkartenumsätze als Telekommunikationsleistungen eingestuft hat und die GmbH anschließend trotz der unklaren Rechtslage
nicht Gelder für möglicherweise entstehende Umsatzsteuernachzahlungen zurückbehalten, sondern auch in den Jahren ab 2013 die
erzielten hohen Gewinne jeweils weitgehend an die Gesellschafter ausgeschüttet hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): UAAAH-81624
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Online-Dokument
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 22.03.2021 - 7 K 7208/19
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