Online-Nachricht - Donnerstag, 17.06.2021

Einkommensteuer | Bonuszahlungen einer privaten Krankenkasse als Beitragserstattung (BFH)

Bonuszahlungen einer privaten Krankenkasse mindern als Beitragserstattung die nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG abzugsfähigen Sonderausgaben, wenn diese unabhängig davon gezahlt werden, ob dem Versicherungsnehmer finanzieller Gesundheitsaufwand entstanden ist oder nicht (Abgrenzung zu den Senatsurteilen v. - X R 17/15, BStBl II 2016, 989, Rz 24, 27, 33, sowie v. - X R 16/18, Rz 22 ff.). Der mit den Bonuszahlungen einhergehende teilweise Verlust eines Erstattungsanspruchs für Gesundheitsaufwendungen berührt nicht die für § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG maßgebliche Beitragsebene (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Sie sind privat kranken- und pflegeversichert. Die beiden minderjährigen Kinder sind über den Kläger versichert.

Von ihrer Krankenversicherung bezogen die Klägerin für sich und der Kläger für die beiden Kinder in den Streitjahren Boni von jährlich 1.080 € (3 x 360 €). Nach den Vertragsbedingungen war der Bonus für jede versicherte Person garantiert. Die Krankenversicherung verrechnete die Boni vertragsgemäß mit den zur Erstattung angemeldeten Gesundheitsaufwendungen, und zwar in den Jahren 2014 und 2016 jeweils in voller Höhe (1.080 €) und im Jahr 2015 in Höhe von 922 €.

Die Versicherung meldete die Boni gegenüber der Finanzverwaltung für jedes Streitjahr in Höhe von 984 € als Beitragserstattung (360 € x 3 x 91,36 % Anteil Basiskrankenversicherungsschutz). Hiervon ging auch das Finanzamt aus und minderte für die Streitjahre dementsprechend den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: ):

  • Die von der privaten Krankenversicherung gezahlten Boni sind als den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattungen zu werten.

  • Eine Prämienzahlung, die eine gesetzliche Krankenkasse ihrem Mitglied im Rahmen eines Wahltarifs gemäß § 53 Abs. 1 SGB V gewährt, stellt keine Versicherungsleistung, sondern eine Beitragserstattung dar, weil diese im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes steht. Durch die Prämie ändert sich die Gegenleistung, die vom Mitglied zu erbringen ist, um den vereinbarten Krankenversicherungsschutz zu erhalten.

  • Die Prämie wird gezahlt, da die Krankenversicherung vom Mitglied entweder nicht oder in einem geringeren Umfang in Anspruch genommen worden ist, als dies der Fall gewesen wäre, wenn es keine Prämie gegeben hätte; hierdurch wird im Ergebnis der Beitrag des Mitglieds und damit dessen wirtschaftliche Belastung reduziert (, BStBl II 2018, 648, Rz 21, 24).

  • Demgegenüber hat der Senat bereits mehrfach entschieden, dass die Bonuszahlung einer gesetzlichen Krankenkasse gemäß § 65a SGB V nicht als Beitragserstattung zu qualifizieren ist, sofern hierdurch konkret der Gesundheitsmaßnahme zuzuordnender finanzieller Aufwand des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise ausgeglichen wird (grundlegend , BStBl II 2016, 989, Rz 24, 27, 33; nachfolgend , Rz 22 ff.; s. hierzu Gerauer, sowie ).

  • Derartige Boni stehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes, sondern sind als Erstattung der vom Versicherten getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen und damit als eine nicht die Höhe des Sonderausgabenabzugs beeinflussende Leistung der Krankenkasse anzusehen.

  • Diese Boni mindern daher - unabhägig von der Art ihrer Ausgestaltung - nicht die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge, sondern lediglich den zusätzlichen Gesundheitsaufwand des Steuerpflichtigen (, Rz 24 ff.).

  • Vorliegend stellen die streitgegenständlichen Boni keine von den Versicherungsbeiträgen der Kläger unabhängige Leistungen der Krankenversicherung dar. Sie minderten vielmehr laufend die Gegenleistung, die die Klägerin für sich und der Kläger für die beiden Kinder zu erbringen hatten, um den vertraglich vereinbarten Krankenversicherungsschutz zu erhalten.

  • Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Krankenversicherung die als Bonus bezeichneten monatlichen Zahlungen von 30 € je versicherter Person nach den im Streitfall geltenden Versicherungsbedingungen unabhängig davon erbrachte, ob den Klägern erstattungsfähiger Gesundheitsaufwand entstanden war oder nicht. Die Bonuszahlungen als solche waren somit garantiert.

Anmerkung von Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker, Richter im X. Senat des BFH:

Unabhängig von der Bezeichnung können Zahlungen von einer Krankenkasse Beitragsrückerstattungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG) sein. Entscheidend ist, dass sie nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt auch als solche und nicht als hiervon losgelöste Leistungen zu werten sind. Die sozialrechtliche Qualifikation ist unerheblich ( -nv-, Rz. 29).

So stellen Prämienzahlungen einer gesetzlichen Krankenkasse im Rahmen eines Wahltarifs (§ 53 Abs. 1 SGB V) Beitragserstattungen dar (, BStBl II 2017, 55, Rz 24). Bonuszahlungen gesetzlicher Krankenkassen, die dagegen einen finanziellen Aufwand eines Steuerpflichtigen zumindest teilweise ausgleichen, reduzieren gesundheitsbezogene Aufwendungen und sind keine Beitragsrückerstattungen (zuletzt , BFH/NV 2020, 1067, Rz 20ff.).

Letzteres war hier nicht der Fall, weshalb die Boni dieser privaten Krankenkasse als Beitragsrückerstattung zu qualifizieren waren. Sie gleichen einem Selbstbehalt. Krankheitskosten, die ein Steuerpflichtigen deshalb selbst trägt, können keine "Beiträge zu Krankenversicherungen" sein (, BFH/NV 2014, 154, Rz 8), sondern sind dem Grunde nach außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG. Fraglich ist weiterhin, ob sie zwangsläufig entstehen (so schon , BStBl II 2018, 384, Rz 27).

Keine materiell-rechtliche Bindungswirkung kommt den vom Krankenversicherungsunternehmen nach § 10 Abs. 2a Satz 4 Nr. 2 EStG a.F. (jetzt: § 10 Abs. 2b Satz 1 EStG) übermittelten Datensätze zu. Das Finanzamt muss selbst prüfen (§ 93c Abs. 4 Satz 2 AO).

; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB BAAAH-81396