Einkommensteuer | Abzinsungszinssatz für eine Darlehensverbindlichkeit (FG)
Jedenfalls für das Jahr 2013 bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG mit seinem statisch-typisierenden Abzinsungssatz von 5,5 % für Verbindlichkeiten (; Beschwerde anhängig, BFH-Az. XI B 44/21).
Sachverhalt: Die Antragstellerin, eine UG (haftungsbeschränkt), wies in ihrer Bilanz für das Streitjahr 2013 ein unverzinsliches Darlehen ihres Gesellschafters als Verbindlichkeit mit dem Nennwert aus. Das Finanzamt nahm demgegenüber eine Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG vor, was im Körperschaftsteuer- und im Gewerbesteuermessbescheid zu einer entsprechenden Gewinnerhöhung führte. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein, den sie mit der Verfassungswidrigkeit des Abzinsungssatzes aufgrund der lang andauernden Niedrigzinsphase begründete. Zugleich beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung.
Bereits mit Beschluss vom lehnte der 13. Senat des FG Münster den Aussetzungsantrag ab. Daraufhin wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurück. Über die hiergegen erhobene Klage ist noch nicht entschieden. Mit ihrem erneuten Aussetzungsantrag verwies die Antragstellerin auf einen in einem vergleichbaren Fall ergangenen stattgebenden (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 7.2.2019).
Auch den zweiten Aussetzungsantrag lehnte der 13. Senat des FG Münster ab:
Der erneute Antrag ist zwar zulässig, da der Beschluss des FG Hamburg einen veränderten rechtlichen Umstand darstellt, der nach § 69 Abs. 6 FGO eine erneute Überprüfung ermöglicht.
Der Antrag ist jedoch unbegründet, da jedenfalls für das Streitjahr 2013 weiterhin keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Abzinsungssatzes von 5,5 % bestehen.
Da die Abzinsung der Verbindlichkeit die Gewinne der folgenden Jahren der Restlaufzeit durch eine gegenläufige Aufzinsung mindert, bewirkt § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG lediglich eine temporäre Gewinnverschiebung. Diese ist im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) am Maßstab der Willkürkontrolle zu überprüfen.
Der typisierende Zinssatz von 5,5 % liegt für das Streitjahr 2013 noch nicht so weit vom Marktzins entfernt, dass unter Berücksichtigung von Praktikabilitätsgesichtspunkten und Verwaltungsvereinfachungsgründen ein Verstoß gegen dieses Willkürverbot vorliegt.
Der Auffassung des FG Hamburg, das die verfassungsrechtlichen Zweifel am Zinssatz von 6 % für Nachzahlungszinsen nach § 233a AO auf den Abzinsungssatz nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG überträgt, ist nicht zu folgen:
Es ist nicht ersichtlich, warum für die Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG die gleichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe gelten sollen wie für die Anwendung von § 233a AO, obwohl die Abzinsungsregelung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG lediglich zu einer temporären und allenfalls in geringem Umfang zu einer endgültigen steuerlichen Belastung führt.
Zudem sind die Gründe des Beschlusses des FG Hamburg auch deshalb nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, weil es zur Bestimmung des Marktzinsniveaus auf Zinssätze für Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von einem bzw. von fünf Jahren abgestellt hat, während im vorliegenden Streitfall zur Bestimmung des Marktzinsniveaus auf nicht besicherte Verbindlichkeiten mit einer ca. 12-jährigen Restlaufzeit abgestellt werden muss.
Der Senat hat im Hinblick auf die abweichende Rechtsprechung des FG Hamburg nachträglich die Beschwerde zum BFH zugelassen, die dort unter dem Aktenzeichen XI B 44/21 anhängig ist.
Quelle: FG Münster, Newsletter Juni 2021 (il)
Fundstelle(n):
WAAAH-81123