Strafverfahren: Beschwerde gegen die Ablehnung der Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers
Gesetze: § 142 Abs 7 S 1 StPO, § 144 Abs 1 StPO
Gründe
I.
1Das Oberlandesgericht Düsseldorf führt gegen die Angeklagte ein Strafverfahren wegen des Vorwurfs der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in mehreren Fällen, teils in Tateinheit mit weiteren Delikten. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hatte ihr bereits am Rechtsanwältin G. als Pflichtverteidigerin bestellt. Der Vorsitzende des mit der Sache befassten Strafsenats des Oberlandesgerichts hat es durch Beschluss vom abgelehnt, Rechtsanwälte K. und M. als (weitere) Pflichtverteidiger zu bestellen. Hiergegen richtet sich die am Folgetag durch Rechtsanwalt M. eingereichte "Beschwerde".
II.
2Die "Beschwerde" ist als sofortige Beschwerde der Angeklagten nach § 142 Abs. 7 Satz 1 StPO auszulegen und als solche zulässig (vgl. im Einzelnen , NJW 2020, 3736 Rn. 7 ff.; zum Rechtsmittelführer , BGHSt 61, 218 Rn. 7 mwN). Sie ist jedoch unbegründet.
3Auf die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Bestellung eines weiteren Verteidigers prüft das Beschwerdegericht, ob der Vorsitzende des Erstgerichts die Grenzen seines Beurteilungsspielraums zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 StPO eingehalten und sein Entscheidungsermessen ("können") fehlerfrei ausgeübt hat (, NJW 2020, 3736 Rn. 15).
4Daran gemessen ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden. Das Oberlandesgericht ist unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen davon ausgegangen, dass zur Sicherung der zügigen Durchführung des Verfahrens die Hinzuziehung eines weiteren Verteidigers nicht erforderlich sei. Es handele sich um einen überschaubaren Verfahrensgegenstand mit in der Rechtsprechung vielfach entschiedenen Problemstellungen, dessen Bearbeitung durch einen Pflichtverteidiger ohne qualitative Einbußen für die Verteidigung der Angeklagten gewährleistet werden könne. Eine Überschreitung des dem Vorsitzenden des Tatgerichts zustehenden Beurteilungsspielraums oder etwaige Ermessensfehler sind weder nach der Aktenlage noch aufgrund des Beschwerdevorbringens ersichtlich.
5Etwas anderes folgt nicht aus seinem Schreiben an die Angeklagte vom , in dem er im Rahmen der ausstehenden Entscheidung, "ob [...] ein weiterer (zweiter) Pflichtverteidiger beigeordnet werden soll", um entsprechende Benennung gebeten hat. Vielmehr wird daraus deutlich, dass über die grundsätzliche Erforderlichkeit noch zu befinden ist. Soweit in der Beschwerdebegründung Bedenken gegen die bestellte Pflichtverteidigerin vorgebracht werden, betreffen diese im Ergebnis nicht die Notwendigkeit eines zusätzlichen Pflichtverteidigers, sondern die - bereits abschlägig beschiedene (vgl. ) - Frage nach einem Verteidigerwechsel gemäß § 143a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StPO. Schließlich ist die Hinzuziehung eines Ergänzungsrichters (§ 192 Abs. 2 GVG) für die hier in Rede stehende Entscheidung ebenfalls nicht maßgeblich, da für die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ergänzungsfalls (s. dazu , juris Rn. 42) insbesondere in der Person eines beteiligten Richters liegende, für die Sicherung der Verteidigung indes nicht erhebliche Umstände in den Blick zu nehmen sein können, wie beispielsweise bevorstehender Ruhestand, Schwangerschaft, zu erwartende Versetzung oder Erkrankung (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 2 BvR 1737/05, BVerfGK 6, 384, 394; vom - 2 BvR 1815/06, BVerfGK 9, 306, 313; III-3 Ws 304-305/16, juris Rn. 36 mwN).
Schäfer Wimmer Anstötz
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:130421BSTB12.21.0
Fundstelle(n):
DAAAH-80944