Einkommensteuer | Zahlung aus öffentlichen Mitteln an eine Pflegeperson (BFH)
Eine Zahlung aus öffentlichen Mitteln i.S. des § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG an eine Pflegeperson kann bei Zwischenschaltung eines freien Trägers der Jugendhilfe nur vorliegen, wenn das zuständige Jugendamt weiß, ob und in welcher Höhe der freie Träger einen Eigenanteil einbehält, dies billigt und ihm gegen den freien Träger ein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch zusteht, aufgrund dessen es eine Rechnungslegung über die Mittelverwendung und die Vorlage geeigneter Nachweise verlangen kann (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Zu den gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG steuerfreien Beihilfen zur Erziehung gehören u.a. auch die an Pflegeeltern für eine Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII aus öffentlichen Mitteln gezahlten Pflege- und Erziehungsgelder. Öffentliche Mittel gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG sind solche, die aus einem öffentlichen Haushalt stammen, d.h. haushaltsmäßig als Ausgaben festgelegt und verausgabt werden.
Sachverhalt: Die Klägerin betreute im Jahr 2016 in ihrem Haushalt ein minderjähriges Kind in Vollzeitpflege. Mit der Pflege des Kindes war nicht die Klägerin selbst, sondern ein freier Träger der Jugendhilfe (eine GmbH) von der zuständigen Kommune beauftragt worden. Diese GmbH übernimmt die Betreuung von Pflegekindern und erhält hierfür von der Kommune eine Vergütung. Die Pflegekinder werden in professionellen Betreuungsfamilien betreut. Die jeweiligen Pflegepersonen werden für die GmbH freiberuflich auf Honorarbasis tätig. Die Höhe ihrer Vergütung wird separat zwischen der GmbH und der Pflegeperson ausgehandelt und muss vom Jugendamt nicht genehmigt werden. Die Klägerin hatte mit der GmbH eine entsprechende Vereinbarung über die Betreuung des Kindes geschlossen.
Vom Jugendamt waren der Klägerin keine Pflegeleistungen bewilligt worden. Die Klägerin war dennoch der Meinung, dass die Honorarzahlungen gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG steuerfrei seien, weil ihr Honorar letztlich vom Jugendamt und damit aus öffentlichen Mitteln finanziert werde. Das FA lehnte die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift unter Bezugnahme auf das ab. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg ().
Die Richter des BFH wiesen die Revision der Klägerin ab:
Zu den „steuerfreien Beihilfen zur Erziehung“ des § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG fallen auch Erziehungs- und Pflegegelder, die - wie im Streitfall - an eine Pflegeperson (die Klägerin) gezahlt werden, die ein Pflegekind mit einem besonderen Unterstützungsbedarf zeitlich unbefristet in den eigenen Haushalt aufnimmt und dort umfassend in Vollzeit betreut (, Rz 22).
Nach der Rechtsprechung des Senats ist für eine Zahlung aus öffentlichen Mitteln entgegen der Auffassung des ), BStBl I 2018, 1109 nicht erforderlich, dass die Zahlungen auf Ebene des zwischengeschalteten Trägers "durchlaufende Posten" sind.
Die vom BMF geforderte Vorgehensweise, dass das Pflegegeld der Pflegeperson durch das Jugendamt zu bewilligen ist und zusätzlich eine dreiseitige Vereinbarung zwischen der Pflegeperson, dem Jugendamt und dem freien Träger über die Betreuung geschlossen werden muss, wird von der Rechtsprechung nicht verlangt.
Auch hat der BFH die vom BMF für erforderlich gehaltene Vollmacht bislang nicht für notwendig erachtet.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH werden Pflegegelder nach haushaltsrechtlichen Vor-schriften verausgabt und ist der gesetzlich geregelten Kontrolle der Mittelverwendung genügt, wenn der Finanzbedarf für die zur Betreuung erforderlichen Leistungen in den Haushaltsplänen des Trägers des zuständigen Jugendamts festgestellt wird und die Verwendung der Mittel der Rechnungskontrolle durch die Jugendhilfebehörde unterliegt. Für die erforderliche Kontrolle der zweckgerichteten Mittelverausgabung genügt es, wenn diese Feststellung der öffentlichen Hand anhand ggf. vom freien Träger vorzulegender Unterlagen möglich ist.
Diese Kriterien sind jedoch konkretisierungsbedürftig: Dem zuständigen Jugendamt ist die Prüfung, ob die für ein bestimmtes Kind bereitgestellten Jugendhilfemittel an die Pflegeperson tatsächlich vollständig abgeflossen sind, nur möglich, wenn es weiß,
ob und in welcher Höhe der freie Träger vom bewilligten Tagessatz einen Eigenanteil einbehält,
welchen (Rest )Betrag die Pflegeperson für die Betreuung (für Honorar, Sachkostenersatz und weiterzuleitendes Taschen- und Bekleidungsgeld) erhält und
es dies billigt.
Dies ist anhand geeigneter Unterlagen, etwa in einer Vereinbarung zwischen dem Jugendamt und dem freien Träger, zu dokumentieren.
Ferner besteht eine ausreichende Kontrollmöglichkeit des Jugendamts nur, wenn ihm gegen den freien Träger ein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch zusteht, aufgrund dessen es eine Rechnungslegung und die Vorlage geeigneter Nachweise verlangen kann. Die Kenntnis und Billigung der Honorarvereinbarung zwischen dem freien Träger und der Pflegeperson sowie der zumindest vertragliche Rechnungslegungskontrollanspruch des Jugendamts gegen den freien Träger müssen kumulativ gegeben sein.
Nach diesen Grundsätzen hat das klageabweisende Urteil Bestand: Denn dem Jugendamt war vorliegend nicht bekannt, wie die der GmbH gezahlten Tagessätze in einen Eigenanteil der GmbH und die für die Betreuung des Kindes an die Klägerin gezahlten Mittel aufgeteilt wurden.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
XAAAH-80865