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BBK Nr. 12 vom Seite 571

Abgrenzung von RAP und erhaltenen Anzahlungen am Beispiel der Entgelte für eine Dauergrabpflege

Dr. Johannes Riepolt

Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) [i]FG Bremen, Urteil v. 27.8.2020 - 1 K 104/17 (3) NWB VAAAH-69472 stellen ebenso wie Verbindlichkeiten wesentliche methodische Merkmale der bilanziellen, periodisierten Gewinnermittlung dar. Beide Bilanzposten dienen dazu, die Auswirkung auf das Jahresergebnis von der Einnahme bzw. Ausgabe zu trennen, indem temporär ein Posten in der Bilanz angesetzt wird. Geschäftsvorfälle, die zu passiven RAP oder zur Passivierung erhaltener Anzahlungen (Verbindlichkeiten) führen, gibt es in unterschiedlichsten Formen. Dem FG Bremen lag hierzu der Fall einer bilanzierenden Friedhofsgärtnerei vor, bei der es regelmäßig zu einer zeitlich gegenüber der Leistungserbringung vorgelagerten Vereinnahmung von Entgelten kommt. Die wesentlichen Inhalte des Urteils werden in diesem Buchführungs-Seminar anhand eines Buchungsbeispiels unter Verwendung des SKR 04 dargestellt.

I. Grundlagen der periodengerechten Gewinnermittlung

1. Rechnungsabgrenzungsposten

[i]Frank/Utz, Passive Rechnungsabgrenzungsposten (HGB, EStG), infoCenter NWB WAAAE-42991 RAP dienen im Rahmen der periodisierten Gewinnermittlung der zeitlich zutreffenden Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen. Demnach wird für die Erfolgswirkung nicht auf die Einnahme bzw. Ausgabe, sondern auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung bzw. des Leistungsempfangs abgestellt.

Hinweis:

Die Bildung von RAP ist durch deren Nennung in § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB für alle Kaufleute und unabhängig von deren Größenklasse vorgeschrieben. Durch den Maßgeblichkeitsgrundsatz (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) gilt dies auch für die Steuerbilanz.S. 572

Auch [i]Schmidt, Aktive Rechnungsabgrenzungsposten (HGB, EStG), infoCenter NWB XAAAB-14446 die konkrete Bilanzierung von RAP ist explizit für die Handels- und Steuerbilanz gesetzlich normiert (§ 250 Abs. 1 und 2 HGB, § 5 Abs. 5 Satz 1 EStG). Demnach ist

  • ein aktiver RAP für Ausgaben vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit diese Ausgaben Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;

  • ein passiver RAP für Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit diese Einnahmen Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.

Somit tritt im Falle des bestimmten Zeitbezugs, anders als bei einer Zahlungsstromrechnung, keine sofortige Erfolgswirkung der Ausgabe (kein sofortiger Aufwand) bzw. der Einnahme (kein sofortiger Ertrag) ein.

[i]BilanzausweisSowohl aktive als auch passive RAP sind in der Bilanz als eigenständige Posten auszuweisen. Dies gilt grundsätzlich über § 247 Abs. 1 HGB für alle Kaufleute. Für Kapitalgesellschaften und diesen nach § 264a HGB gleichgestellte Personengesellschaften ergibt sich dies zusätzlich aus dem gesetzlichen Bilanzgliederungsschema (§ 266 Abs. 2 C., Abs. 3 D. HGB).

2. Erhaltene Anzahlungen

[i]Cremer, Anzahlungen, erhaltene, Kontierungslexikon NWB LAAAG-51436 Erhaltene Anzahlungen stellen die monetäre Vorleistung eines Vertragspartners auf eine künftig vom bilanzierenden Unternehmen zu erbringende Sach- oder Dienstleistung dar. Aufgrund der eigenen Gegenleistungspflicht sind erhaltene Anzahlungen im Rahmen der periodisierten Gewinnermittlung nicht gewinnwirksam zu erfassen, sondern die damit einhergehende Gegenleistungsverpflichtung ist in der Bilanz auszuweisen. Dies erfolgt regelmäßig als eigenständiger Bilanzposten unter den Verbindlichkeiten (§ 266 Abs. 3 C.3 HGB).

[i]BilanzausweisZudem sind von Kapitalgesellschaften oder diesen gem. § 264a HGB gleichgestellten Personengesellschaften erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen – soweit Anzahlungen auf Vorräte nicht von dem Posten „Vorräte“ offen abgesetzt werden – unter den Verbindlichkeiten gesondert auszuweisen. Die Bilanzierung erhaltener Anzahlungen in der Handelsbilanz gilt nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz entsprechend auch für die Steuerbilanz (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG).

Erhaltene Anzahlungen bewirken, anders als bei einer Zahlungsstromrechnung, keine sofortige Erfolgswirkung.

II. Rechtsprechung des

1. Sachverhalt

[i]Verpflichtungen aus DauergrabpflegeverträgenAm FG Bremen war der Fall einer Friedhofsgärtnerei in der Rechtsform einer GmbH anhängig, bei der die bilanzielle Behandlung von Dauergrabpflegeverpflichtungen streitig war. Die Klägerin (Friedhofsgärtnerei in der Rechtsform einer GmbH) hatte zahlreiche Dauergrabpflegeverträge abgeschlossen, die die Pflege von Grabstätten über einen jeweils längeren Zeitraum in jeweils vertraglich bestimmtem Umfang beinhalteten. [i]Anzahlungen bzw. RAP statt Rückstellung für ungewisse VerpflichtungenDie Gegenleistung hierzu wurde auf Basis einer Kostenaufstellung ermittelt, in der die Kosten pro Jahr berechnet und über die Jahre der Vertragslaufzeit multipliziert wurden. Das Entgelt ist durch den Auftraggeber in zeitlicher Nähe zum Vertragsabschluss zu zahlen. Als Beginn der Dauergrabpflege kann ein konkret bestimmtes Datum oder der Zeitpunkt des Ablebens des Auftraggebers gelten. Die Kündigung der Dauergrabpflegeverträge war nur aus wichtigem Grund möglich; in diesem Fall waren nicht verbrauchte Beträge zurückzuzahlen.

Die Klägerin setzte in der Bilanz zum für die Verpflichtungen aus Dauergrabpflegeverträgen Rückstellungen für ungewisse Verpflichtungen an. Die S. 573Bewertung erfolgte auf Basis einer sog. buchhalterischen Methode, wobei vom eingezahlten Anfangskapital ausgegangen und eine Verzinsung des jeweils vorhandenen Restkapitals von 6 % jährlich sowie Kostensteigerungen von 4 % jährlich zugrunde gelegt wurden.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde insbesondere die bilanzielle Behandlung der Dauergrabpflegeverträge aufgegriffen. Hierbei kam das Finanzamt zu der Auffassung, dass anstelle der von der Klägerin passivierten Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten erhaltene Anzahlungen bzw. ein passiver RAP in der Bilanz anzusetzen sind.

  • Soweit die Vorauszahlungen auf zum Bilanzstichtag nicht verstorbene Auftraggeber zurückzuführen sind und der Leistungszeitraum am Bilanzstichtag noch nicht begonnen hat, ist die Passivierung einer erhaltenen Anzahlung vorzunehmen.

  • Andernfalls, sofern die Auftraggeber am Bilanzstichtag bereits verstorben sind und der Leistungszeitraum am Bilanzstichtag schon begonnen hat, handelt es sich um Einnahmen, die Erträge für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen, mithin ist ein passiver RAP zu bilden. Verzinsungen bzw. Preissteigerungen sind bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen.

Entsprechende [i]Höhe des passiven RAP Bescheide wurden durch das zuständige Finanzamt erlassen, wogegen die Klägerin Einspruch einlegte, der mit Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückgewiesen wurde. Hierzu führte das Finanzamt aus, dass die Verpflichtungen aus den Dauergrabpflegeverträgen in zutreffender Höhe passiv abgegrenzt wurden. Als Einnahmen i. S. des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG ist das vereinbarte und geflossene Entgelt zu erfassen, soweit diesem für das laufende Jahr noch kein Aufwand gegenüberstand. Die Höhe des passiven RAP bemisst sich nach dem zeitlichen Verhältnis der noch ausstehenden Gegenleistung zur gesamten Leistung. Sofern die Leistung nach Art und Umfang im Zeitablauf gleich bleibt, führt dies zu einer linearen Auflösung des passiven RAP.

[i]Keine Rechnungsabgrenzung bei Zins- und Kündigungsklausel?Hiergegen wendete sich die GmbH mit Klage vor dem FG Bremen, wobei sie im Wesentlichen ausführt, dass ein passiver RAP trotz Vereinnahmung der Vorauszahlung nicht zu bilden ist, weil die Grabpflegeverträge eine Zinsklausel enthalten und ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund besteht. Im Kündigungsfall besteht das Recht des Auftraggebers, nicht verbrauchte Beträge einschließlich Zinsen zurückzufordern.

Nach der Rückstellungsberechnung der Klägerin ist ein Passivposten anzusetzen, der in den ersten Jahren ansteigt. Somit resultiert ein bilanzieller Aufwand, sowohl aus den tatsächlich entstehenden Kosten für die Grabpflege als auch durch das Ansteigen des Passivpostens. Ansprüche und Verbindlichkeiten aus fortbestehenden schwebenden Geschäften sind nach Ansicht der Klägerin so lange nicht zu bilanzieren, wie und soweit sie einander ausgeglichen gegenüberstehen (§ 5 Abs. 4 Buchst. a EStG). Hierzu zählen nach Ansicht der Klägerin auch Dauerschuldverhältnisse, die zu ratierlichen Leistungserbringungen führen.

2. Urteil und Begründung

[i]FG Bremen, Urteil v. 27.8.2020 - 1 K 104/17 (3) NWB VAAAH-69472 Das FG Bremen bestätigte in dessen Urteil die Rechtsauffassung des Finanzamts. Demnach ist für die Dauergrabpflegeverpflichtungen keine Gewinnminderung durch Rückstellungsbildung – wie von der Klägerin gefordert – vorzunehmen.

2.1 Erhaltene Anzahlungen

[i]Eckert, Anzahlungen, Kontierungslexikon NWB UAAAF-77681 Sofern die Leistungspflicht der Klägerin noch nicht begonnen hat, da die Auftraggeber am Bilanzstichtag noch nicht verstorben waren, sind aus den Dauergrabpflegeverträgen unstreitig erhaltene Anzahlungen gem. § 266 Abs. 3 C.3 HGB zu passivieren. S. 574

Hinweis:

Als Anzahlungen kommen Vorleistungen auf schwebende Verträge aller Art in Betracht, weshalb auch bei zeitraumbezogenen Leistungen eine gewinnneutralisierende Passivierung des Zahlungseingangs erfolgt.

2.2 Passiver RAP

[i]Cremer, Rechnungsabgrenzungsposten, passive, Kontierungslexikon NWB NAAAG-58900 Sofern die Leistungspflicht der Klägerin bereits begonnen hat, da die Auftraggeber am Bilanzstichtag schon verstorben waren, ist ein passiver RAP gem. § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusetzen. Dieser beinhaltet Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit diese Einnahmen Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Mit dieser Regelung soll gewährleistet werden, dass vorab vereinnahmte Entgelte entsprechend dem Realisationsprinzip erst durch Auflösung des RAP erfolgswirksam werden. Die Auflösung erfolgt mit der Erbringung der noch ausstehenden Gegenleistung.

[i]Vorleistungen für eine bestimmte ZeitRAP sind typischerweise für Vorleistungen eines Vertragspartners im Rahmen gegenseitiger Verträge (§§ 320 ff. BGB) zu bilden. Eine Abgrenzung erfolgt nur insoweit, als das Entgelt Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Zeitpunkt darstellt. Insofern muss zumindest noch zeitanteilig eine zu erbringende Gegenleistung bestehen.

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