Online-Nachricht - Freitag, 04.06.2021

Verfahrensrecht / Kindergeld | Unzulässige Klage bei Verwendung eines Falschnamens (BFH)

Die Klageerhebung unter Verwendung eines Falschnamens ist unzulässig, da die Identität des Klägers nicht feststeht. Es genügt nicht, dass sich eine Klage, die von einer Person unter einem Falschnamen erhoben worden ist, zweifelsfrei der Person zuordnen lässt, die den Falschnamen benutzt und dass gerichtliche Schreiben der mit dem Falschnamen bezeichneten Person tatsächlich zugehen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über den Billigkeitserlass von Kindergeldrückforderun-gen. Die Klägerin bezog ab September 2015 unter dem Falschnamen A.P. als (vermeintlich) bangladeschische Staatsangehörige für drei minderjährige Kinder Kindergeld unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG a.F. Sie hatte der Familienkasse den Verlust ihres Arbeitsplatzes nicht angezeigt und in der Folgezeit für sich und die drei Kinder Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezogen, bei deren Ermittlung das Kindergeld als Einkommen angerechnet wurde. Nachdem die Familienkasse von der fehlenden Erwerbstätigkeit der Klägerin Kenntnis erlangt hatte, hob sie mit die Kindergeldfestsetzung ab Februar 2016 auf und forderte das für den Zeitraum Februar 2016 bis September 2017 gezahlte Kindergeld in Höhe von 11.574 € von der Klägerin zurück.

Im Revisionsverfahren teilte die Klägerin mit, dass sowohl ihr Name und Vorname als auch ihr Geburtsdatum und ihre Nationalität richtigzustellen seien. Sie heiße E.R. und stamme aus Indien. Auch die Personalien der Kinder müssten korrigiert werden.

Der BFH führte aus:

  • Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO müssen der Kläger und der Beklagte in der Klage bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um eine Sachentscheidungsvoraussetzung.

  • Auf welche Weise der Kläger zu bezeichnen ist, regelt § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht ausdrücklich. Die Bezeichnung der Beteiligten in der Klageschrift ist nicht nur für die zweifelsfreie Identifizierung der Prozessbeteiligten und die eindeutige Fixierung des Prozessverhältnisses, sondern auch für eine ordnungsgemäße und sachgerechte Prozessführung von Bedeutung ().

  • Zu unterscheiden ist die Benutzung eines Künstlernamens (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 5 des Bundesmeldegesetzes), denn als Künstlername ist ein vom bürgerlichen Namen abweichender Name zu verstehen, der in bestimmten Lebensbereichen geführt wird und dort anstelle des Familiennamens die Identität und Individualität der Person ausdrückt ().

  • Nach den Angaben der Klägerin im Revisionsverfahren hat sie die Klage unter dem Falschnamen erhoben, mit dem sie in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war. Da sie über ihre Identität getäuscht hatte, war die zweifelsfreie Identifizierung der Person der Klägerin nicht möglich.

  • Es kann dahinstehen, ob sich die Klage gegen den richtigen Beklagten richtete, weil es bereits an einer ausreichenden Bezeichnung der Klägerin in der Klageschrift fehlt.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
BAAAH-80521