Online-Nachricht - Donnerstag, 27.05.2021

Schenkungsteuer | Begünstigung von Grundstücken im Betriebsvermögen bei Nutzungsüberlassung an Dritte (BFH)

Eine teleologische Reduktion oder Erweiterung der Tatbestandsmerkmale der §§ 13a, 13b ErbStG i.d.F. des ErbStRG kann nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Vorschriften ansonsten verfassungswidrig wären. Die Wirkung der durch angeordneten Weitergeltung darf nicht unterlaufen werden (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG a.F. gehört zum begünstigten Vermögen vorbehaltlich § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. u.a. inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 BewG) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs. Nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. bleibt ausgenommen Vermögen i.S. des § 13b Abs. 1 ErbStG a.F., wenn das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Der Umfang des nicht begünstigten Verwaltungsvermögens ist nach alledem für die Schenkungsteuer relevant.

Sachverhalt: Streitig ist, ob das beklagte FA zu Recht die den Klägern im Rahmen einer Schenkung zugewandten Grundstücke als Verwaltungsvermögen beurteilt hat, das von der in § 13b ErbStG in der zuletzt durch Art. 8 Nr. 2 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 (BGBl I 2011, 2131) geänderten - für Erwerbe im Jahr 2012 geltenden - Fassung des ErbStRG v. (BGBl I 2008, 3018) geregelten Begünstigung ausgenommen ist.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die Vorschriften der §§ 13a, 13b ErbStG i.d.F. des ErbStRG (BGBl I 2008, 3018) sind zwar verfassungswidrig, aber anzuwenden. Sie sind für den Stichtag des Streitfalls keiner erneuten Vorlage an das BVerfG und nur begrenzt einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich.

  • Mit Urteil v. - 1 BvL 21/12, BStBl 2015 II S. 50 hat das BVerfG entschieden, dass §§ 13a, 13b ErbStG i.d.F. des ErbStRG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, aber bis zu einer spätestens bis zum zu treffenden Neuregelung weiter anwendbar sind.

  • Eine erneute Vorlage zur Überprüfung dieser Vorschriften oder von Teilen hieraus ist für Besteuerungszeitpunkte innerhalb dieses Zeitraums ausgeschlossen.

  • Die Weitergeltungsanordnung steht auch einer Aussage der Art entgegen, dass es zur Behebung der Verfassungswidrigkeit der Vorschriften sachlicher Billigkeitsmaßnahmen bedürfe oder bedürfen könne.

  • Bei der Auslegung der betroffenen Vorschriften darf die Fachgerichtsbarkeit, das FG und der BFH, verfassungsrechtliche Aspekte allenfalls noch berücksichtigen, wenn die Gesetzesauslegung unter Ausschöpfung der herkömmlichen Auslegungsmethoden Unklarheiten oder Zweifelsfragen aufwirft, die ggf. mit Hilfe verfassungsrechtlicher Erwägungen behoben werden können.

  • Teleologische Reduktion oder Erweiterung, die ausschließlich auf die anderweit gegebene Verfassungswidrigkeit gestützt werden, unterliefen die Wirkung der Weitergeltungsanordnung und wären deshalb unzulässig.

Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:

Das ErbStG wurde in der Vergangenheit häufig auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand gestellt. Das aktuelle Gesetz beruht auf den weitreichenden Änderungen ab dem . Das BVerfG hatte dem Gesetzgeber in seiner Entscheidung aus Dezember 2014 aufgegeben, bis zum neue Regelungen zu schaffen, die den verfassungswidrigen Zustand beseitigen. Insbesondere hatte das BVerfG die Regelung zum Verwaltungsvermögenstest beanstandet. Es gab, so das BVerfG und zuvor der BFH, keine Rechtfertigung für eine Verschonung des Verwaltungsvermögens, das nach der alten Regelung bis zu 50 % des übertragenen Vermögens betragen durfte.

Im Streitfall wurden Grundstücke an eine vom Kläger fast vollständig beherrschte GmbH verpachtet. Dadurch stieg der Verwaltungsvermögensanteil auf über 50 % und die Steuerbegünstigung war nicht zu gewähren. Der Kläger begehrte eine aus seiner Sicht aus Verfassungsgründen gebotene erweiternde Auslegung der Vorschriften.

Der BFH hat dies anders gesehen. Er hat auch davon abgesehen, die bereits einmal vom BVerfG geprüften Normen noch einmal im Hinblick auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin überprüfen zu lassen. Das stünde im Widerspruch zu der klaren Weitergeltungsanordnung des BVerfG. Im Ergebnis wurde damit noch einmal bekräftigt, dass das alte ErbStG in vollem Umfang bis zur Neuregelung weiter anzuwenden ist.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
PAAAH-79797