Online-Nachricht - Donnerstag, 20.05.2021

Bewertung | Einheitsbewertung eines Supermarkts im Beitrittsgebiet (BFH)

Für die Ermittlung der Gebäudenormalherstellungskosten eines SB Markts im Beitrittsgebiet ist der Raum unterhalb der Traufe voll anzurechnen. Befinden sich unterhalb der Traufe Versorgungsleitungen, die mittels einer abgehängten Decke der Sicht entzogen sind, steht dies der Vollanrechnung nicht entgegen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages (EinigVtr) benannten Gebiet, auf dem ein Gebäude als Lebensmittelmarkt errichtet worden war. Durch Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen, die zu einer Vergrößerung der Kubatur führten, baute sie das Gebäude in einen modernen Selbstbedienungsmarkt (SB Markt) um.

Streitig ist, wie im Rahmen der Ermittlung des Einheitswerts des Gebäudes der Umfang nicht ausgebauter Dachräume bei abgehängten Decken (sog. Staubdecke) unter dem Niveau der Dachkante bzw. dem Ringanker des Gebäudes zu bestimmen ist.

Das FA stellte den Einheitswert - Wertfortschreibung - für das Geschäftsgrundstück auf den in der Weise fest, dass es beim Gebäudewert des Hauptgebäudes das Raumvolumen bis zur Unterkante des Dachaufbaus ansetzte.

Mit der Klage begehrte die Klägerin, nur das Raumvolumen bis zu den abgehängten Decken anzusetzen. Das FG hat die Klage abgewiesen ().

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:

  • Das BVerfG hat bisher über die Frage der Verfassungskonformität des § 129 BewG nicht entschieden. Die durch entschiedenen Verfahren () betrafen ausschließlich das außerhalb des Art. 3 EinigVtr genannte Gebiet. Das BVerfG hat ausdrücklich die Normenkontrolle nicht auf die Bewertung von Grundvermögen im Beitrittsgebiet erstreckt.

  • Eine Verfassungswidrigkeit der angewandten Normen des materiellen Rechts ist nicht überzeugend, so dass eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i. V. mit § 13 Nr. 11 BVerfGG und § 80 BVerfGG nicht in Betracht kommt. Es ist schon zu bezweifeln, ob die Regeln für die Einheitsbewertung im Beitrittsgebiet verfassungswidrig wären, wenn sie auf Dauer Geltung beanspruchten. Jedenfalls laufen sie mittlerweile in zulässiger Weise aus (vgl. zur Begründung im Einzelnen , Rz. 50 bis 60).

  • Der Wert kann nicht berechnet werden, sondern ist in Anlehnung an die hierfür erlassenen gleichlautenden Erlasse in BStBl I S. 528 als Verwaltungsanweisungen der Länder zu schätzen.

  • Es ist § 129 BewG in der aktuell noch geltenden Fassung des BewG anzuwenden. Das durch das Grundsteuer-Reformgesetz v. (BGBl I S. 1794) geänderte Bewertungsrecht, in dem u.a. §§ 129 bis 133 BewG weggefallen sind, findet nach dem neuen § 266 BewG erst vom Jahre 2022 (Hauptfeststellung) bzw. 2025 (Hauptveranlagung) an Anwendung.

  • Nach § 129 Abs. 1 BewG gelten für die im Beitrittsgebiet liegenden wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens und für Betriebsgrundstücke die festgestellten oder noch festzustellenden Einheitswerte nach den Wertverhältnissen zum weiter. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift werden - vorbehaltlich der §§ 129a bis 131 BewG - für die Ermittlung der Einheitswerte 1935 statt der §§ 27, 68 bis 94 BewG u.a. im Einzelnen genannte Bestimmungen des BewG DDR und der RBewDV mit späteren Änderungen weiter angewandt.

  • Zu dem nicht zu bewertenden Dachraum gehört derjenige Teil des Raumvolumens, der auf Höhe des tiefsten Schnittpunkts zwischen Außenwand und Dach beginnt. Er entspricht dem Traufpunkt. Ein auf allen Seiten von den Außenflächen der baulich untrennbar zum Gebäudekörper gehörenden Gebäudeumfassungen umschlossener Raum ist voll anzurechnen.

  • Nach diesen Maßstäben hat das FA zu Recht den Raum zwischen den abgehängten Decken und dem tiefsten Schnittpunkt zwischen Außenwand und Dach bei der Bewertung berücksichtigt und lediglich den darüber befindlichen Dachraum ausgeklammert.

Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:

Der Streitfall betrifft die Einheitsbewertung für Zwecke der Grundsteuer in den neuen Bundesländern. Nach § 129 Abs. 1 BewG galten für die im Beitrittsgebiet liegenden wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens und für Betriebsgrundstücke die festgestellten oder noch festzustellenden Einheitswerte nach den Wertverhältnissen von 1935 weiter. Durch das Grundsteuer-Reformgesetz vom sind zwar u.a. §§ 129 bis 133 BewG weggefallen. Das neue Bewertungsrecht ist jedoch erst ab 2022 (Hauptfeststellung) bzw. ab 2025 (Hauptveranlagung) anzuwenden.

Das BVerfG hatte bisher über die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 129 BewG und die Anknüpfung an die (uralten) Einheitswerte von 1935 noch nicht entschieden. Die vom BVerfG am entschiedenen Verfahren betrafen ausschließlich die Einheitsbewertung in den alten Bundesländern und die dortige Anknüpfung an die (alten) Wertverhältnisse von 1964. Der BFH hat nun klargestellt, dass er nicht gewillt ist, das alte Recht noch einmal dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen, zumal das neue Recht bereits verabschiedet ist. In der Sache ging es um die eher technische Frage, wie bei der Berechnung des Gebäudewerts das Raumvolumen zwischen einer abgehängten Decke und dem beginnenden Dach einzubeziehen ist. Der BFH hat hier Klarheit geschaffen.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
LAAAH-79259