Verfassungskonforme Auslegung der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. EStG bei Bezug gewerblicher Beteiligungseinkünfte
Leitsatz
1. Eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, die lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt und nur
kraft der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. EStG 2007 als Gewerbebetrieb gilt, weil sie an einer gewerblich tätigen anderen
Personengesellschaft beteiligt ist, unterliegt mit ihren – nach Kürzung um die gewerblichen Beteiligungseinkünfte gemäß §
9 Nr. 2 GewStG – verbleibenden originär nicht gewerblichen Einkünfte nicht der Gewerbesteuer; insoweit ist § 2 Abs. 1 Satz 2
GewStG verfassungskonform auszulegen. Ansonsten würden infolge der Umqualifizierung sämtlicher Einkünfte der Gesellschaft
in solche aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. EStG 2007 der von der Personengesellschaft insgesamt erzielte
Gewinn der Gewerbesteuer unterfallen und auch an sich nicht gewerbliche Einkünfte mit Gewerbesteuer belastet (Anschluss an
, BFHE 265, 157).
2. Für die durch die Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. EStG ausgelösten gewerbesteuerrechtlichen Folgen gibt es
– anders als im Fall des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG – keine hinreichend gewichtigen Gründe, die die erhebliche Schlechterstellung
von Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmern rechtfertigen könnten.
3. In der rückwirkenden Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. i.V.m. § 52 Abs. 32a EStG i.d.F. des JStG 2007 auf Jahre vor
2006 liegt kein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber
mit dieser Neufassung des Gesetzes die vor der Rechtsprechungsänderung durch , BFHE 207,
466 geltende Rechtsprechung und Rechtspraxis rückwirkend gesetzlich verankert hat. Es ist dem Gesetzgeber auch unter dem Gesichtspunkt
des Vertrauensschutzes nicht verwehrt, eine Rechtslage rückwirkend festzuschreiben, die vor der Rechtsprechungsänderung einer
gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprach.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): DStZ 2021 S. 428 Nr. 11 EFG 2021 S. 857 Nr. 10 EStB 2021 S. 442 Nr. 10 GAAAH-77042
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