Keine Berücksichtigung von Sonderbetriebsaufwendungen bei alleiniger Anfechtung des laufenden Gesamthandsgewinns
Leitsatz
1. NV: Sonderbetriebsaufwendungen können nur im Rahmen der Feststellung des Sondergewinns des Mitunternehmers, der den Aufwand getragen hat, berücksichtigt werden.
2. NV: Die Feststellung des Sondergewinns ist eine selbständig anfechtbare Feststellung, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen kann.
Gesetze: AO § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b; EStG § 13 Abs. 1, 7;
Instanzenzug: ,
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GbR, an der Z und seine Ehefrau als Gesellschafter beteiligt sind. Sie unterhält einen Forstbetrieb, der aus 21 nicht zusammenhängenden und im jeweiligen Eigentum der Gesellschafter befindlichen Forstgrundstücken in X besteht. Sitz der Klägerin ist der 525 km entfernt gelegene Wohnsitz der Gesellschafter in Y.
2 Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung für das Wirtschaftsjahr bei Forstwirten vom 01.10. bis zum 30.09. durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG.
3 In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2013 (Streitjahr) erklärte die Klägerin einen laufenden Gesamthandsverlust aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 739 €. In der der Erklärung beigefügten Gewinn- und Verlustrechnung für das Wirtschaftsjahr vom bis berücksichtigte sie u.a. Fahrtaufwendungen für eine Hin- und Rückfahrt vom Sitz der Gesellschaft nach X in Höhe von 315 € (1 050 km x 0,30 €) sowie Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 24 € (2 x 12 €) als betriebliche Aufwendungen. Die Fahrt sei von Z zur „Ortsbegehung“ und für „kleinere Beschneidarbeiten“ durchgeführt worden. Für die Fahrt nutzte Z seinen privaten PKW. Sonderbetriebsausgaben des Z erklärte die Klägerin nicht. Eine Sonderbilanz wurde nicht erstellt.
4 Unter dem erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) für das Streitjahr, in dem er die Fahrtaufwendungen bei der Feststellung des laufenden Gesamthandsgewinns nur in Höhe der Entfernungspauschale berücksichtigte, da es sich um eine Fahrt zwischen Wohnung und Betriebsstätte handele. Entsprechend seien auch Verpflegungsmehraufwendungen nicht abzugsfähig.
5 Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein.
6 Mit ihrer Klage hielt die Klägerin an ihrem Begehren fest. Sie beantragte mit Klageschrift vom , den Gewinnfeststellungsbescheid vom aufzuheben und (wörtlich) „einen neuen Bescheid zu erlassen, in dem die Reisekosten im Sinne meiner Erklärung vom in voller Höhe anerkannt sind, sodass für 2013 ein Gesamtgewinn von - 739 € festgesetzt wird“.
7 Das Finanzgericht (FG) gab der Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 412 veröffentlichten Gründen statt.
8 Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
9 Es beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
10 Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Gründe
11 II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat den laufenden Gesamthandsgewinn der Klägerin zu Unrecht um die anteilig für das Streitjahr (abweichendes Wirtschaftsjahr, § 4a EStG) geltend gemachten Fahrt- und Verpflegungsmehraufwendungen gemindert. Dieser Aufwand kann, soweit er —was hier dahinstehen kann— überhaupt abzugsfähig ist, als Sonderbetriebsaufwand nur im Rahmen der Feststellung des Sondergewinns des Z Berücksichtigung finden. Diese selbständig anfechtbare Feststellung ist jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens.
12 1. Gegenstand des Verfahrens ist ausschließlich die Feststellung des laufenden Gesamthandgewinns der Klägerin.
13 a) Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Gewinnfeststellungsbescheid eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen. Solche selbständigen Regelungen (Feststellungen) sind insbesondere die Qualifikation der Einkünfte, das Bestehen einer Mitunternehmerschaft und wer an ihr beteiligt ist, die Höhe des laufenden Gesamthandsgewinns sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer und die Höhe eines Sondergewinns bzw. einer Sondervergütung. Selbständig anfechtbar ist auch die Feststellung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns, und zwar sowohl eines solchen des einzelnen Mitunternehmers als auch eines solchen auf Ebene der Gesamthand (z.B. , Rz 22), sowie —als weitere Feststellung— die Qualifikation des Aufgabe- oder Veräußerungsgewinns als Bestandteil der außerordentlichen Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Keine selbständige Feststellung ist hingegen der sich aus den einzelnen Feststellungen ergebende Gesamtgewinn, der lediglich eine Rechengröße darstellt (vgl. z.B. , BFHE 260, 543, BStBl II 2018, 587, Rz 24 ff.; vom - IV R 12/16, BFHE 264, 306, BStBl II 2019, 745, Rz 19, und vom - IV R 48/16, Rz 17, jeweils m.w.N.).
14 b) Da eine Klage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid mithin verschiedene Zielsetzungen haben kann, kommt der Bestimmung des klägerischen Begehrens im Sinne einer rechtsschutzgewährenden Auslegung besondere Bedeutung zu. Welche Besteuerungsgrundlagen der Kläger mit seiner Klage angreift und damit zum Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens gemacht hat, ist durch Auslegung der Klageschrift oder der darin ausdrücklich in Bezug genommenen Schriftstücke zu ermitteln (, Rz 23).
15 c) Vorliegend hat sich die Klägerin mit ihrem Klagevorbringen ausschließlich gegen die Feststellung des laufenden Gesamthandsgewinns gewandt. Zwar bezeichnet sie diesen in dem mit der Klageschrift vom angekündigten Klageantrag als Gesamtgewinn. Damit hat sie aber die Feststellung des laufenden Gesamthandsgewinns angefochten. So werden in dem angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Gesamtgewinn) in Höhe von ./. 681 € ausgewiesen, die sich aber ausschließlich aus dem (festgestellten) Gewinn aus Gesamthandsbilanz (laufender Gesamthandsgewinn) in derselben Höhe zusammensetzen. Zudem hat die Klägerin den Aufwand in ihrer der Feststellungserklärung beigefügten Gewinn- und Verlustrechnung, auf die sie in dem (angekündigten) Klageantrag ausdrücklich Bezug nimmt, ebenfalls dem Gesamthandsgewinn zugeordnet. Schließlich hat sie weder eine Sonderbilanz für die Gesellschafter aufgestellt noch den hier streitigen Aufwand als Sonderbetriebsaufwand des Z bezeichnet. Angesichts des Klagevorbringens, des Klageantrags und des Erklärungsverhaltens ist für eine rechtsschutzgewährende Auslegung, wonach auch die Feststellung eines Sondergewinns (hier Sonderverlust) angefochten bzw. begehrt wird, kein Raum.
16 2. Die geltend gemachten Fahrt- und Verpflegungsmehraufwendungen können nicht gewinnmindernd bei der Ermittlung des laufenden Gesamthandsgewinns der Klägerin berücksichtigt werden. Denn diese Aufwendungen sind nicht der Klägerin, sondern dem Gesellschafter Z entstanden. Z hat die Fahrt mit seinem privaten PKW durchgeführt. Aufwendungen hat die Klägerin dem Z insoweit nicht erstattet. Der mit dem Einsatz des privaten PKW im Zusammenhang stehende Aufwand ist daher, soweit er steuerlich zu berücksichtigen ist, eine Sonderbetriebsausgabe des Z, die im Rahmen der selbständig anfechtbaren Feststellung dessen Sondergewinns bei der Klägerin zu berücksichtigen gewesen wäre. Gleiches gilt für den Mehraufwand für Verpflegung, den die Klägerin dem Z ebenfalls nicht ersetzt hat.
17 3. Da die Feststellung des Sondergewinns des Z, wie unter II.1.c dargelegt, nicht Gegenstand des Klageverfahrens und des vorliegenden Revisionsverfahrens ist, kommt es auf die zwischen den Beteiligten streitige Rechtsfrage, ob die Fahrtkosten und Verpflegungsaufwendungen des Z nach Reisekostengrundsätzen anzuerkennen sind, nicht an. Der Senat sieht deshalb insoweit von weiteren Ausführungen ab.
18 4. Soweit das FA gleichwohl die geltend gemachten Fahrtaufwendungen des Z —wenn auch nur in Höhe der Entfernungspauschale— bei der Gewinnermittlung der Klägerin für das Wirtschaftsjahr vom bis und entsprechend anteilig bei der Feststellung des laufenden Gesamthandsgewinns des Streitjahres berücksichtigt hat, kommt eine Änderung dieser Feststellung zu Ungunsten der Klägerin wegen des finanzgerichtlichen Verböserungsverbots (Verbot der reformatio in peius) nicht in Betracht (z.B. , Rz 8, m.w.N.).
19 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2020:U.181120.VIR17.18.0
Fundstelle(n):
BFH/NV 2021 S. 625 Nr. 6
DStR 2021 S. 986 Nr. 17
DStRE 2021 S. 570 Nr. 9
DStZ 2021 S. 427 Nr. 11
StBp 2022 S. 106 Nr. 4
UAAAH-76236