Insolvenz des Mieters eines unbeweglichen Gegenstands: Zeitanteilige Aufteilung der Mietforderungen für den Monat der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Leitsatz
Bei einem Mietvertrag über einen unbeweglichen Gegenstand ist in der Insolvenz des Mieters die Mietforderung für den Monat, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wird, in dem Umfang Masseverbindlichkeit, der dem ab der Verfahrenseröffnung verbleibenden Teil des Monats entspricht.
Gesetze: § 55 Abs 1 Nr 2 InsO, § 108 Abs 1 InsO, § 108 Abs 3 InsO
Instanzenzug: Az: 1 U 3/20vorgehend Az: 17 O 49/19
Gründe
1Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die entscheidungserheblichen Fragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt.
2In der Insolvenz des Mieters besteht ein Mietverhältnis über unbewegliche Gegenstände gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Ansprüche des Vermieters aus einem solchen Mietverhältnis sind Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO), wenn - wie hier - ihre Erfüllung für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss (, WM 2013, 138 Rn. 10; vom - IX ZR 69/14, WM 2014, 2187 Rn. 8; vom - IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83 Rn. 33). Ansprüche für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Vermieter dagegen gemäß § 108 Abs. 3 InsO nur als Insolvenzgläubiger geltend machen ( aaO; vom , aaO).
3Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, gelten diese Grundsätze auch für Mietforderungen für den Monat, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Sie sind Masseverbindlichkeiten, soweit die Erfüllung des Mietvertrags zur Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss, und demgemäß zeitanteilig aufzuteilen (vgl. aaO Rn. 17, 32 f). Ob die Verbindlichkeit aus einem gegenseitigen Vertrag gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO eine Masseverbindlichkeit darstellt, hängt nicht davon ab, wann diese Verbindlichkeit insolvenzrechtlich entstanden ist. Entscheidend für Mietforderungen ist vielmehr, inwieweit diese Verbindlichkeit die Gegenleistung für den Teil einer Leistung aus einem gegenseitigen Vertrag darstellt, dessen Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss. Ist die Leistung teilbar, ist die Gegenforderung nur in einem der Leistung an die Insolvenzmasse entsprechenden Teil Masseverbindlichkeit. Dies soll gewährleisten, dass derjenige, der seine vollwertige Leistung weiterhin zur Masse erbringen und sie der Masse damit zugute kommen lassen muss, die dafür zu entrichtende volle Gegenleistung erhalten und nicht auf eine Insolvenzforderung beschränkt sein soll (, ZIP 2003, 854, 855). Die Literatur meint ebenfalls, dass die Miete für den Monat, in dem das Verfahren eröffnet wird, anteilig aufzuteilen ist und für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Masseverbindlichkeit darstellt (Jaeger/Jacoby, InsO, § 108 Rn. 147; Tintelnot in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2019, § 108 Rn. 74; MünchKomm-InsO/Hefermehl, 4. Aufl., § 55 Rn. 150; MünchKomm-InsO/Hoffmann, 4. Aufl., § 108 Rn. 101; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 55 Rn. 53; Uhlenbruck/D. Wegener, InsO, 15. Aufl., § 108 Rn. 30, 43; Flöther/Wehner in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 4. Aufl., § 108 Rn. 20; Graf-Schlicker/Breitenbücher, InsO, 5. Aufl., § 108 Rn. 29; Cymutta in Kölner Kommentar zur InsO, § 108 Rn. 21 ff; Geißler, ZInsO 2012, 1206, 1208 f; vgl. bereits Jaeger/Henckel, InsO, § 55 Rn. 48).
4Die von der Beschwerde angeführten abweichenden Literaturstimmen (FK-InsO/B. Wegener, 9. Aufl., § 108 Rn. 38; HmbKomm-InsO/Pohlmann-Weide, 8. Aufl., § 108 Rn. 19; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 4. Aufl., § 38 Rn. 40; Rosenmüller, ZInsO 2012, 1110) begründen keinen Klärungsbedarf. Sie sind vereinzelt geblieben und setzen sich nicht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Einordnung von Ansprüchen aus gegenseitigen Verträgen als Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO auseinander.
5Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:110321BIXZR152.20.0
Fundstelle(n):
DB 2021 S. 1067 Nr. 20
DStR 2021 S. 1488 Nr. 25
NJW 2021 S. 10 Nr. 19
NJW-RR 2021 S. 625 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 17/2021 S. 1216
WM 2021 S. 804 Nr. 16
ZIP 2021 S. 29 Nr. 15
ZIP 2021 S. 863 Nr. 16
NAAAH-76208