Online-Nachricht - Dienstag, 23.03.2021

Gewerbemietrecht | Coronabedingte Einschränkungen für Gewerberaumnutzung sind kein Mietmangel (OLG)

Die beschränkten Nutzungsmöglichkeiten von Gewerberäumen während des ersten Lockdowns stellen keinen zur Minderung der Miete berechtigenden Mangel der Mietsache dar. Ein Anspruch auf Anpassung der Miethöhe über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist möglich, aber im Urkundenprozess mit den dort zulässigen Beweismitteln nicht beweisbar (OLG Frankfurt, Urteil v. - 2 U 143/20; Revision zugelassen).

Sachverhalt und Prozessverlauf: Die Klägerin begehrt rückständige Gewerberaummiete für ein Geschäft in Bad Homburg für die Monate April, Mai und Juni 2020 während der Zeit des ersten Lockdowns. Aufgrund der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus war der beklagten Mieterin die Nutzung der Räume vom 18.3. bis unmöglich und in der Zeit vom an nur sehr eingeschränkt möglich. Die Umsätze der Beklagten brachen ab März ein. Einer Bitte nach Mietminderung kam die Klägerin nicht nach. Die Beklagte zahlte die Miete in der Zeit April bis Juni 2020 nur teilweise.

Die Vermieterin hat daraufhin im Wege des Urkundsprozesses unter Vorlage des Mietvertrages die ausstehenden Mietbeträge eingeklagt. Das Landgericht hat der Klage stattgeben.

Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG keinen Erfolg:

  • Die vertraglich geschuldete Miete ist in dem hier zu beurteilenden Zeitraum aus keinem rechtlichen Grund herabgesetzt. Die Mietsache hat insbesondere keine zur Minderung berechtigten Mangel aufgewiesen.

  • Die behördlich angeordneten Einschränkungen haben sich nicht objektbezogen ausgewirkt, sondern bezogen sich inhaltlich auf den Betrieb der Beklagten als Mieterin.

  • Die Klägerin hat allein die Möglichkeit, in den überlassenen Räumen ein Geschäftsbetrieb zu führen geschuldet, nicht aber in irgendeiner Weise die Überlassung des Betriebs selbst.

  • Der vereinbarte Nutzungszweck für den Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts hat lediglich die gestattete Nutzung präzisiert. Durch die behördlichen Beschränkungen ist dieser vereinbarte Nutzungszweck selbst nicht untersagt worden, sondern nur die Art der Durchführung des Geschäftsbetriebs.

  • Im hier vorliegenden Urkundenverfahren kann nicht festgestellt werden, dass die Mieterin wegen einer „schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages Herabsetzung des Mietzinses verlangen“ kann. Diese Einwendung ist im Urkundenprozess unstatthaft, da der Beweis nicht mit den dort zulässigen Beweismitteln geführt werden kann.

  • Tatsächlich hat sich allerdings die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages durch die Folgen der Naturkatastrophe der COVID-19-Pandemie schwerwiegend geändert. Die Parteien sind davon ausgegangen, dass während der Vertragslaufzeit Folgen einer solchen Pandemie nicht eintreffen.

  • Es ist davon auszugehen, dass die Parteien, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, Regelungen hierfür vereinbart hätten. Im hiesigen Urkundenprozess kann die Beklagte aber nicht eine Anpassung des Vertrages verlangen, da sie den Beweis für die von ihr vorgetragenen Umstände nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln antritt. Die Einwände können im Nachverfahren zu würdigen sein.

Hinweis:

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Die Entscheidung ist in Kürze im Volltext unter www.rv.hessenrecht.hessen.de abrufbar.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
JAAAH-74504