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FG Mecklenburg-Vorpommern Beschluss v. - 3 V 40/20

Gesetze: AO § 71, AO § 364, AO § 370 Abs. 1 Nr. 1, AO § 191, AO § 5, FGO § 69 Abs. 2 S. 2, FGO § 69 Abs. 3 S. 1

Reichweite des Anspruchs auf Offenlegung der Besteuerungsgrundlagen

Begriff der „Unterlagen der Besteuerung”

Berufung des FG auf Feststellungen zum Tatbestand der Steuerhinterziehung im Strafverfahren

nicht der deutschen Sprache mächtiger Haftungsschuldner

steuerlich erhebliche Tatsachen

Ermessen bei Haftungsinanspruchnahme von Mittätern

Leitsatz

1. Der Anspruch aus § 364 AO dient der Gewährleistung des rechtlichen Gehörs. Der Begriff der „Unterlagen der Besteuerung” ist grundsätzlich weit auszulegen. Er erstreckt sich auf alle Schriftstücke und Daten, die geeignet sind, die Sachverhaltsaufklärung zu beeinflussen. Dem als Haftenden in Anspruch Genommenen ist der Inhalt dieser Akten insoweit zugänglich zu machen, als diese für die Inanspruchnahme im Wege der Haftung erheblich sein können. Nicht offenzulegen sind jedoch solche Unterlagen, die dem Beteiligten schon vorliegen.

2. Für die Frage, ob der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt ist und eine Haftung nach § 71 AO begründet, kann sich das FG die tatsächlichen Feststellungen, die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung des Strafverfahrens zu eigen machen, wenn nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung diese Feststellungen zutreffend sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Tatsachen, auf die es ankommt, bereits im Strafverfahren rechtskräftig festgestellt worden sind, die Beteiligten gegen diese Feststellungen keine substantiierten Einwendungen erheben und für das Gericht kein Grund besteht, gleichwohl eine weitere Aufklärung vorzunehmen.

3. Der Beteiligte hat keinen Anspruch darauf, dass ihm von Amts wegen ein Dolmetscher gestellt wird oder dass ihm für das Verfahren erhebliche Schriftstücke von Amts wegen übersetzt werden. Vielmehr hat er selbst für eine Übersetzung Sorge zu tragen oder das Schriftstück einem sprachkundigen Bevollmächtigten zur weiteren Bearbeitung zu übergeben.

4. Tatsachen sind steuerlich erheblich im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, wenn sie auf die Entstehung, Höhe oder Fälligkeit der Steuer oder das Erlöschen des Steueranspruchs von Einfluss sind. Es muss sich nicht um Tatsachen handeln, die den Tatbestand einer auf den konkreten Steuerausfall anzuwendenden Steuerrechtsnorm ausfüllen.

5. Die Inanspruchnahme des Täters oder des Gehilfen einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung nach §§ 191, 71 AO ist auch ohne nähere Darlegung der Ermessenserwägungen ermessensgerecht. Das gilt, wenn mehrere Mittäter vorhanden sind, auch für die Inanspruchnahme des einzelnen Mittäters.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
OAAAH-74336

Preis:
€5,00
Nutzungsdauer:
30 Tage
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FG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 20.01.2021 - 3 V 40/20

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