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NWB Nr. 9 vom Seite 626

Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Vermietungstätigkeit

Auswirkungen des

Karl R. Bihler

[i]BMF, Schreiben v. 16.11.2020, NWB BAAAH-63897 Mit dem nun mehr als 25-jährigen Bestehen ist die Geschäftsveräußerung im Ganzen ein wahrer „Klassiker“ des Umsatzsteuerrechts und beschäftigt in schöner Regelmäßigkeit Berater, Finanzverwaltung und Rechtsprechung gleichermaßen. Die Voraussetzungen der Geschäftsveräußerung im Ganzen sind in § 1 Abs. 1a UStG normiert. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung und Verwaltung einige zusätzliche Kriterien für das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen geschaffen und über die Jahre hinweg weiterentwickelt. Eines davon ist die Fortführung der Unternehmenstätigkeit, insbesondere in Form der Vermietungstätigkeit. Wird etwa nach der Übertragung eine Vermietungstätigkeit ausgeführt, ist von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nur dann auszugehen, wenn der Veräußerer bereits ein solches Vermietungsunternehmen vor der Veräußerung betrieben hat. Nur dann ist die notwendige Fortführung der Unternehmenstätigkeit gegeben. Diese Frage stellt sich in der Praxis häufig bei Bauträgern, welche ein Objekt entwickeln, dieses im Anschluss daran vermieten und abschließend – nach einer gewissen Zeit – das entsprechende Objekt veräußern möchten. Mit Schreiben v.  ( ) hat das BMF u. a. Stellung zu der Geschäftsveräußerung im Ganzen im Zusammenhang mit einer Vermietungstätigkeit genommen und mit den Anpassungen im UStAE nicht ausschließlich die BFH-Rechtsprechung umgesetzt.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Allgemeines zur Geschäftsveräußerung im Ganzen

1. Hintergrund

[i]Burbaum/Baumgartner, Geschäftsveräußerung im Ganzen (§ 1 Abs. 1a UStG), Grundlagen, NWB SAAAG-98458 Von dem Grundsatz, dass alle Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, auch steuerbar sind, macht die nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen gem. § 1 Abs. 1a UStG eine Ausnahme. Eine solche liegt vor, wenn die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens oder eines gesondert geführten Betriebs in der Weise übertragen werden, dass der erwerbende S. 627Unternehmer sie ohne finanziellen Aufwand fortsetzen kann (Burbaum/Baumgartner, Geschäftsveräußerung im Ganzen [§ 1 Abs. 1a UStG], Grundlagen, NWB SAAAG-98458, Rz. 30). Dies gilt gem. Abschnitt 1.5 Abs. 1 Satz 1 UStAE auch dann, wenn der Erwerber mit dem Erwerb seine unternehmerische Tätigkeit erstmalig aufnimmt. Bei der Beurteilung der Sachverhalte stößt der Rechtsanwender oft an Grenzen, da sowohl die Verwaltung als auch die Rechtsprechung keine präzisen Aussagen treffen. Augenscheinlich wird dieses Problem bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Vermietungstätigkeit – insbesondere bei Bauträgern, welche grds. andere Leistungen als Vermietungsleistungen erbringen –, wobei hier nun das ( NWB BAAAH-63897) etwas Licht ins Dunkel bringt.

2. Rechtsfolge

[i]Bihler, NWB 47/2019 S. 3418Nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG ist eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar. Eine solche liegt gem. § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG vor, wenn ein Unternehmen im Ganzen an den Erwerber übereignet bzw. in eine Gesellschaft eingebracht wird. Als Rechtsfolge tritt gem. § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG der Erwerber an die Stelle des Veräußerers. Diese kurze und prägnante Norm birgt ein extremes Risikopotenzial für die beteiligten Parteien. Grund dafür ist, dass eine fälschlich bejahte oder irrtümlich nicht erkannte Geschäftsveräußerung im Ganzen – welche dann erst im Nachhinein entdeckt wird – zu Umsatzsteuer-, Vorsteuer- und Zinsnachzahlungen führt (Bihler, NWB 47/2019 S. 3418, 3423). Konkret hat der Veräußerer das Risiko bei einer fälschlicherweise angenommenen Geschäftsveräußerung im Ganzen, dass er die Umsatzsteuer inklusive Zinsen nachentrichten muss. Hat dagegen der Veräußerer eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht erkannt und daher Umsatzsteuer auf den Umsatz ausgewiesen, darf der Erwerber keinen Vorsteuerabzug vornehmen. Sollte der Erwerber – wovon in der Praxis auszugehen ist – die Vorsteuer bereits gezogen haben, entstehen bei der Rückzahlung Zinsen für den Erwerber (Bihler, Immobilienumsätze im Umsatzsteuerrecht, S. 26 ff.).

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