Festsetzung eines Ordnungsgelds in Höhe von 500 EUR aufgrund schuldhaften Ausbleibens eines Beteiligten im Erörterungstermin
zur Überprüfung einer Zwangsgeldfestsetzung nach jahrelanger Nichtabgabe von Umsatzsteuererklärungen
Leitsatz
1. Hat ein selbst zur Steuerberatung befugter Kläger trotz mehrfacher gerichtlicher Aufforderung die Klage gegen das nach
jahrelanger Nichtabgabe von Umsatzsteuererklärungen festgesetzte Zwangsgeld zur Erzwingung der Abgabe der aktuellen Jahresumsatzsteuererklärung
nicht begründet, gesetzte, teils auf eigenen Vorschlägen beruhende Stellungnahmefristen nicht eingehalten, sowie, um ein persönliches
Erscheinen zu einem bereits früher angesetzten Erörterungstermin zu vermeiden, beim Berichterstatter den unzutreffenden Eindruck
erweckt, „in Gesprächen” mit dem beklagten Finanzamt zu sein, und hat das Gericht unter Androhung eines Ordnungsgeldes in
Höhe von 500 EUR nunmehr das persönliche Erscheinen des Klägers zu einem weiteren angesetzten Erörterungstermin angeordnet,
um den Kläger persönlich zu den Hintergründen der Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung zu befragen und die zwei Wochen später
terminierte mündliche Verhandlung vorbereiten zu können, so sind eine 27 Minuten vor dem zweiten Erörterungstermin geschickte
E-Mail, wonach der Kläger eine Zwangsgeldandrohung als Voraussetzung für eine Zwangsgeldfestsetzung nicht erhalten habe, sowie
pauschal behauptete, nicht nachgewiesene „gesundheitliche Gründe” nicht ausreichend, um von einem nicht schuldhaften Fernbleiben
im Sinne des § 80 Abs. 1 Satz 3 FGO ausgehen zu können.
2. Bei diesem Sachverhalt (siehe 1.) sowie unter Berücksichtigung des bei Gericht entstandenen erheblichen Zweitaufwands und
der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers (bestandskräftig geschätzte jährliche Gewinne von 50.000 EUR bis 70.000 EUR,
geschätzte Jahresumsätze zwischen 120.000 EUR und 180.000 EUR) ist die nunmehrige Festsetzung eines Ordungsgeldes in Höhe
von 500 EUR auch nicht unter dem Aspekt unverhältnismäßig bzw. ermessensfehlerhaft, dass das streitige Zwangsgeld (200 EUR)
niedriger als das festgesetzte Ordungsgeld ist.
3. Die Festsetzung des Ordnungsgeldes steht im Ermessen des Gerichts. Ein Verschulden im Sinne von § 80 Abs. 1 Satz 3 FGO
liegt vor, wenn der Beteiligte bei seinen Bemühungen, seine Teilnahme an dem Termin sicherzustellen, nicht die erforderliche
Sorgfalt hat walten lassen. Einfache Fahrlässigkeit ist ausreichend. Ein schuldhaftes Verhalten eines Beteiligten kann auch
bei erstmaligem Ausbleiben zu einem erstmaligen Erörterungstermin vorliegen.
4. Zweck des § 80 FGO ist vor allem die verbesserte Sachverhaltsaufklärung durch die Ergänzung und Klärung des Sachvortrags.
Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes verliert dagegen ihre Berechtigung, wenn sich das Ausbleiben des Beteiligten nicht verfahrensverzögernd
ausgewirkt hat, weil auch ohne seine Mitwirkung das Verfahren abgeschlossen werden kann. Es ist eine Verfahrensverzögerung
eingetreten, wenn eine vorgesehene mündliche Verhandlung, die mithilfe eines Erörterungstermins vorbereitet werden sollte,
aufgrund des schuldhaften Nichterscheinens des Klägers nicht durchgeführt werden konnte.
Fundstelle(n): FAAAH-71157
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FG Baden-Württemberg, Beschluss v. 17.12.2020 - 1 K 1891/20
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