BGH Beschluss v. - 3 StR 519/18

Ablehnung einer Wiedereinsetzung nach Versäumung der Revisionseinlegungsfrist unter Verwerfung des Rechtsmittels: Anspruch eines polnischen Verurteilten auf Übersetzung der rechtskräftigen Entscheidung

Gesetze: § 187 Abs 1 S 1 GVG, § 187 Abs 2 S 1 GVG, § 187 Abs 2 S 4 GVG, § 187 Abs 2 S 5 GVG, § 44 StPO

Instanzenzug: Az: 3 StR 519/18 Beschlussvorgehend LG Lüneburg Az: 27 Ks 7/17

Gründe

1Mit Urteil vom hat das Landgericht Lüneburg den Antragsteller wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Nachdem er zunächst kein Rechtsmittel eingelegt hatte, ist das Urteil am in Rechtskraft erwachsen. Mehr als ein Jahr später hat der Verurteilte, der zwischenzeitlich zur weiteren Vollstreckung der Strafe in sein Heimatland Polen überstellt worden war, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision beantragt und Revision eingelegt. Mit Beschluss vom hat der Senat sowohl den Wiedereinsetzungsantrag als auch das Rechtsmittel als unzulässig verworfen.

2Mit eigenhändigem Schreiben vom hat der Verurteilte "die Zusendung von Kopien der Gerichtsentscheidungen ... der I. und II. Instanz ... in der polnischen Sprache" beantragt. Für die Tatsacheninstanz hat das Landgericht Lüneburg den Antrag mit Beschluss vom zurückgewiesen. Für die Revisionsinstanz ist der Vorsitzende des Senats zur Entscheidung berufen (s. , BGHSt 63, 192 Rn. 5).

3Der Verurteilte hat mit seinem Begehren keinen Erfolg, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Übersetzung des Senatsbeschlusses vom nicht vorliegen.

41. Die Entscheidung, ob einem Verurteilten Schriftstücke zu übersetzen sind, richtet sich nach § 187 GVG.

5Die Vorschrift begründet keinen generellen Übersetzungsanspruch (vgl. , BGHSt 64, 283 Rn. 10 mwN). Vielmehr bestimmt § 187 Abs. 1 Satz 1 GVG, dass das Gericht für den Beschuldigten oder Verurteilten, welcher der deutschen Sprache nicht mächtig ist, einen Sprachmittler heranzieht, soweit dies zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich ist. Diese allgemeine Regelung konkretisierend, sieht § 187 Abs. 2 Satz 1 GVG für den - nicht verteidigten (vgl. § 187 Abs. 2 Satz 4 und 5 GVG) - sprachunkundigen Beschuldigten in der Regel eine schriftliche Übersetzung von freiheitsentziehenden Anordnungen, Anklageschriften, Strafbefehlen und nicht rechtskräftigen Urteilen vor.

62. Danach besteht kein Anspruch des Verurteilten auf Übersetzung des Senatsbeschlusses vom .

7Da Rechtsmittel gegen den Beschluss nicht statthaft sind, sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer der Verurteilte eine Abschrift in polnischer Sprache zur Ausübung von strafprozessualen Rechten benötigen würde. Dass nach dem rechtkräftigen Abschluss des Verfahrens grundsätzlich kein Anspruch auf Übersetzung besteht, ist in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich klargestellt (s. BT-Drucks. 17/12578, S. 11) und steht mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom (ABl. EU L 280 vom , S. 1) in Einklang (s. , BGHSt 63, 192 Rn. 17 ff.; ferner , bei Cierniak/Niehaus, NStZ-RR 2020, 332, 333).

8Soweit der - im Erkenntnisverfahren verteidigte - Verurteilte mit weiterem Schreiben vom angekündigt hat, erneut Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision zu beantragen, begründet dies keinen Anspruch auf Übersetzung der Entscheidung, mit der ein gleichlautender Antrag bereits verworfen worden ist.

Schäfer

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:071220B3STR519.18.0

Fundstelle(n):
JAAAH-70149