BGH Beschluss v. - 6 StR 227/20

Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Kenntnis und Billigung des Wohnungsinhabers von Lagerung und Vertrieb von Betäubungsmitteln

Gesetze: § 29 BtMG, § 29a BtMG, § 13 StGB, § 27 StGB

Instanzenzug: LG Dessau-Roßlau Az: 651 Js 17750/18 3 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

21. Der Schuldspruch hat keinen Bestand. Die Feststellungen belegen nicht, dass die Angeklagte ihrem Lebensgefährten Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln geleistet hat.

3a) Soweit das Landgericht es als eine Beihilfehandlung gewertet hat, dass sie ihm ihre gemeinsam genutzte Wohnung einschließlich des Kellers sowie ein von ihnen beiden gepachtetes Gartengrundstück zur Verfügung gestellt und die vorübergehende Lagerung von Drogen in der Wohnung akzeptiert habe, hält dies rechtlicher Prüfung nicht stand. Ohne eine irgendwie geartete, die Handelstätigkeit objektiv fördernde Unterstützungshandlung erfüllt es nicht die Voraussetzungen einer strafbaren Beihilfe, dass der Wohnungsinhaber die Lagerung von Betäubungsmitteln und deren Verkauf aus der Wohnung heraus kennt und billigt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 459/15, StraFo 2016, 215; vom - 2 StR 348/11, NStZ-RR 2012, 58); eine solche Unterstützungshandlung der Angeklagten lässt sich jedoch den Urteilsgründen auch in ihrer Gesamtheit nicht entnehmen.

4Eine ihren Lebensgefährten in seinem Tun bestärkende Äußerung oder sonstige Verhaltensweise der Angeklagten, die gegebenenfalls als psychische Unterstützung seiner Tat gewertet werden könnte, hat die Strafkammer ebenfalls nicht festgestellt.

5Mangels Garantenstellung der Angeklagten als Wohnungsinhaberin scheidet auch eine Strafbarkeit wegen Beihilfe durch Unterlassen aus, denn ein Wohnungsinhaber hat grundsätzlich nicht rechtlich dafür einzustehen, dass in seinen Räumen durch andere Personen keine Straftaten begangen werden (st. Rspr.; vgl. , NStZ 2014, 164; Beschluss vom - 2 StR 329/09, NStZ 2010, 221).

6b) Soweit das Landgericht eine Beihilfehandlung der Angeklagten darin erblickt hat, dass sie zwischen ihrem Lebensgefährten und dessen Drogenlieferanten Nachrichten zur Durch- und Fortführung des Drogenhandels vermittelt habe, trägt dies den Schuldspruch ebenso nicht, weil sich diese Förderung nicht auf die angeklagte Tat bezieht.

7Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Feststellungen dazu, dass die Angeklagte die hier allein verfahrensgegenständliche Haupttat betreffend die in der Wohnung am sichergestellte Handelsmenge durch eine Vermittlung von Nachrichten oder sonstiges Mitwirken an Vereinbarungen gefördert hat, sind auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen. Die allgemeinen, hinsichtlich einzelner Lieferungen nicht näher konkretisierten Ausführungen im Rahmen des Tatvorgeschehens, nach denen Informationen zwischen dem Mitangeklagten und dem Lieferanten lediglich ‚teilweise‘ unter Vermittlung der Angeklagten erfolgten, belegen keine durchgängige Einbindung der Angeklagten bei allen vom Mitangeklagten bezogenen Handelsmengen und lassen offen, ob die Angeklagte solche Tätigkeiten auch zur Förderung der hier verfahrensgegenständlichen Tat ausgeführt hat.“

8Dem schließt sich der Senat an.

92. Die Sache bedarf aufgrund des aufgezeigten Rechtsfehlers neuer tatgerichtlicher Verhandlung und Entscheidung. Das neue Tatgericht wird im Fall einer erneuten Verurteilung der Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Rahmen der Strafzumessung die in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts aufgezeigten Hinweise zu beachten haben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:211020B6STR227.20.0

Fundstelle(n):
QAAAH-69345