Keine Schätzungsbefugnis allein wegen unzureichender Mitwirkung bei der Verprobung des Wareneinsatzes
Anforderungen an eine zur Hinzuschätzung berechtigende Nachkalkulation bei formell ordnungsgemäßer Buchführung einer GmbH
Leitsatz
1. Liegen nach dem Betriebsprüfungsbericht bei einer GmbH keine Buchführungsmängel vor und hat die GmbH demnach lediglich
bei der Verprobung des Wareneinsatzes nicht hinreichend mitgewirkt, ist das Finanzamt allein deswegen nicht zu einer Hinzuschätzung
berechtigt. Auch eine eher grobe, überschlagsmäßige Berechnung zur Verprobung des Wareneinsatzes im Prüfungsbericht, die zudem
im Nachhinein korrigiert worden ist, kann keine Schätzungsbefugnis begründen.
2. Die Richtigkeitsvermutung einer formell ordnungsmäßigen Buchführung ist nur entkräftet, wenn das Finanzamt nachweist, dass
das Buchführungsergebnis sachlich schlechterdings nicht zutreffen kann; an die Methodik einer solchen Schätzung sind wesentlich
strengere Anforderungen zu stellen als in Fällen, in denen wegen festgestellter Buchführungsmängel ohnehin eine Schätzung
der Einnahmen durchgeführt werden muss (vgl. ). Zu den Mindestvoraussetzungen gehört es,
dass eine solche Nachkalkulation in ihren Einzelheiten nachvollziehbar ist; danach sind eine weitgehende Aufgliederung des
Wareneinsatzes und ein genauer Überblick über das Preisgefüge erforderlich. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn
unter anderem:
eine Außenprüferin in ihrer Nachkalkulation die unterschiedlichen Warengruppen einer GmbH zu einem Gesamtwareneinsatz zusammengefasst
und lediglich einen einheitlichen Aufschlagsatz angewendet hat,
dieser einheitliche Aufschlagsatz zudem willkürlich ermittelt erscheint,
sowohl substantiierte Darlegungen zu den bei der Nachkalkulation verwendeten Berechnungsgrößen als auch Nachweise fehlen,
die in der Nachkalkulation angesetzten Abschläge und Korrekturen zum Wareneinsatz nicht im Einzelnen nachvollziehbar sind.
3. Bei formell ordnungsmäßiger Buchführung ist das Schätzungsergebnis nur dann der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn es
nicht nur unwesentlich von dem Buchführungsergebnis abweicht. Wird eine Nachkalkulation nach den strengen Anforderungen der
BFH-Rechtsprechung durchgeführt, mögen bereits Abweichungen zum ausgewiesenen Umsatz von 3 % als wesentlich anzusehen sein.
Je genauer die Verprobung angelegt ist (Aufgliederung nach Warengruppen, Bemessung der Aufschlagsätze, Eingehen auf Besonderheiten
des Betriebs und veränderte Preissituationen), umso eher ist die festgestellte Abweichung als wesentlich anzuerkennen. Ist
die Verprobung hingegen oberflächlich, mögen auch Abweichungen von über 3 % noch unwesentlich sein (vgl. ).
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