Online-Nachricht - Donnerstag, 03.12.2020

Grunderwerbsteuer | Änderung nach Kaufpreisherabsetzung (BFH)

Die Herabsetzung der Gegenleistung i.S. des § 16 Abs. 3 GrEStG ermöglicht keine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Eine entsprechende Anwendung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG auf einen im Kaufvertrag vereinbarten, einseitig durchsetzbaren Anspruch auf Herabsetzung der Gegenleistung ist nicht möglich (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: § 16 Abs. 3 GrEStG lässt als spezialgesetzliche Korrekturvorschrift zu § 1 GrEStG unter den dort näher aufgeführten Voraussetzungen auf Antrag die Änderung einer Steuerfestsetzung zu, wenn die Gegenleistung nach Entstehung der Steuer herabgesetzt wird. Eine nachträgliche Herabsetzung der Gegenleistung erlaubt aber nur dann eine Änderung der Steuerfestsetzung, wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet (§ 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG) oder wenn die Herabsetzung (Minderung) aufgrund des § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vollzogen wird (§ 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG). Tritt ein Ereignis ein, das nach § 16 Abs. 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, endet die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 AO) insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses (§ 16 Abs. 4 GrEStG).

Sachverhalt: Mit dem Kaufvertrag erwarb die Revisionsbeklagte von einer GmbH Ackerflächen, Grünland, Umland, Wald und sonstige Flächen. Aufgrund nachträglicher Kaufpreissenkung beantragte die Klägerin die Änderung der festgesetzten Grunderwerbsteuer. Das FA lehnte diesen ab, da die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 GrEStG nicht erfüllt seien.

Der BFH führte aus:

  • Entgegen der Auffassung des FG konnte der Grunderwerbsteuerbescheid aufgrund der Herabsetzung des Kaufpreises nicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden. Eine Änderungsbefugnis ergibt sich auch nicht aus anderen Vorschriften.

  • Der Umstand, dass einem Ereignis ertragsteuerrechtlich Rückwirkung zukommt, ist für Zwecke der Grunderwerbsteuer nicht ausschlaggebend (vgl. ).

  • Wäre ein Ereignis, das nach § 16 Abs. 1 bis 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung begründet, namentlich die Herabsetzung der Gegenleistung, ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, liefe § 16 Abs. 4 GrEStG ausnahmslos leer. Denn mit dem Ende des Kalenderjahres einer Kaufpreisherabsetzung i.S. des § 16 Abs. 3 GrEStG würde dann die vierjährige Festsetzungsverjährung nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO erneut beginnen. Damit bedürfte es des § 16 Abs. 4 GrEStG nicht, wonach die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 AO) lediglich nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses endet.

  • Bei § 16 GrEStG handelt es sich um eine am Besteuerungszweck orientierte gegenläufige Korrekturvorschrift zu § 1 GrEStG (, ). § 1 GrEStG knüpft an steuerverwirklichende Vorgänge an, ohne das weitere Schicksal dieser Vorgänge zu berücksichtigen. Die Entscheidung, das Verpflichtungsgeschäft in den Mittelpunkt der Besteuerung zu stellen, bedeutet aber keineswegs, dass das weitere Schicksal des Verpflichtungsgeschäftes für die Steuerpflicht bedeutungslos sein sollte (). Deswegen entfällt die durch Verwirklichung eines der Rechtsvorgänge des § 1 GrEStG entstandene Steuer nach § 16 GrEStG dann wieder, wenn es zu den durch diese Rechtsvorgänge intendierten Grundstücksumsätzen tatsächlich (wirtschaftlich) nicht kommt oder nicht auf Dauer verbleibt (). Deswegen ist auch bei nachträglicher Herabsetzung der Gegenleistung in § 16 Abs. 3 GrEStG eine niedrigere Festsetzung der Steuer vorgesehen (vgl. ).

  • Allerdings ist die Korrekturvorschrift des § 16 Abs. 3 GrEStG bei Kaufpreisminderungen im Gegensatz zu unbeschränkter Korrektur bei Kaufpreiserhöhungen nach § 9 GrEStG zeitlich und inhaltlich stark eingeschränkt. So berechtigt eine einvernehmliche nachträgliche Herabsetzung unabhängig aus welchem Rechtsgrund oder Motiv nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nur innerhalb einer zweijährigen Frist nach Steuerentstehung zur Änderung der Grunderwerbsteuer (). Dagegen ist die Änderung nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG zeitlich - abgesehen vom Antragserfordernis - nicht eingeschränkt, jedoch inhaltlich auf den gesetzlichen Minderungsanspruch nach § 437 BGB begrenzt.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
WAAAH-65607