Grunderwerbsteuer | Änderung im Gesellschafterbestand (BFH)
Für Erwerbsvorgänge vor Inkrafttreten der Änderungen in § 1 Abs. 2a GrEStG durch das Steueränderungsgesetz 2015 wird zur Berücksichtigung mittelbarer Strukturen auf allen Beteiligungsebenen durch Kapital- und Personengesellschaften gleichermaßen durchgeschaut (Bestätigung der Rechtsprechung). Hat die Finanzbehörde nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG die Besteuerungsgrundlagen für einen zu einem bestimmten Zeitpunkt durch einen bestimmten Rechtsvorgang verwirklichten Erwerbsvorgang gesondert festgestellt, kann sie den Bescheid weder im Einspruchsverfahren noch im Klageverfahren dahingehend ändern, dass der Erwerbsvorgang durch einen zu einem anderen Zeitpunkt und einen anderen Rechtsvorgang verwirklichten Erwerbsvorgang ausgetauscht wird (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.
Sachverhalt: Streitig ist die Steuerbarkeit eines Umstrukturierungsvorgangs: Die Klägerin wurde unter einer anderen Firma (A-KG) gegründet. Am Kapital der A-KG waren als Kommanditistinnen die B-GmbH zu 1 % und die C-GmbH zu 99 % beteiligt. Die persönlich haftende Komplementär-GmbH war nicht am Kapital der A-KG beteiligt. An der C-GmbH war D zu 16 % beteiligt. Im November 2000 erwarb die A-KG von der C-GmbH ein Grundstück.
Im Jahr 2007 wurde folgende Umstrukturierung durchgeführt: In einem ersten Schritt übertrug die C-GmbH einen Kommanditanteil i. H. von 6 % auf D. In einem zweiten Schritt wurde die C-GmbH, die mittlerweile als E-GmbH firmierte, auf die F-GmbH verschmolzen. Die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister erfolgte am .
Das beklagte Finanzamt behandelte diese Vorgänge als grunderwerbsteuerbaren Gesellschafterwechsel und erließ einen entsprechenden Feststellungsbescheid. Zur Begründung führte es aus, dass 99 % der Anteile an der A-KG auf neue Gesellschafter übergegangen seien. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg (). (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 8.5.2017)
Der BFH hat die Revision als begründet angesehen und das FG Urteil aufgehoben:
Für Erwerbsvorgänge vor Inkrafttreten der Änderungen in § 1 Abs. 2a GrEStG durch das StÄndG 2015 hat der BFH entschieden, dass eine angemessene Berücksichtigung mittelbarer Strukturen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur erreicht werden kann, wenn auf allen Beteiligungsebenen durch Kapital- und Personengesellschaften gleichermaßen durchgeschaut und dortige Veränderungen der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse in die Betrachtung einbezogen werden (, Rz 18).
An dieser Rechtsauffassung für Erwerbszeiträume, die vor der gesetzlichen Neuregelung des § 1 Abs. 2a GrEStG durch das StÄndG 2015 verwirklicht wurden, ist festzuhalten. Die Höhe der Beteiligung ist durch alle Gesellschaftsformen durchzurechnen.
Anhand der Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG mit Wirksamwerden der Verschmelzung der E-GmbH auf die F-GmbH am erfüllt wurde.
Der Feststellungsbescheid vom , indem das FA die Besteuerungsgrundlagen auf den festgestellt hatte, bezeichnet einen unzutreffenden Erwerbsvorgang. Mit der Handelsregistereintragung des D als neuen Kommanditisten der A- hat kein Gesellschafterwechsel gem. § 1 Abs. 2a GrEStG stattgefunden. Durch die Verschmelzung der E-GmbH mit der F-GmbH sind bereits am 99 % der Anteile an der A-KG auf neue Gesellschafter übergegangen, denn die vorherige Übertragung von 6 % der Anteile vom auf D ist erst mit dessen Eintragung ins Handelsregister am wirksam geworden. Durch Änderungsbescheid vom wurden die Besteuerungsgrundlagen auf den festgestellt.
Das FA durfte im laufenden Klageverfahren den angefochtenen Feststellungsbescheid aber auch nicht in der Weise ändern, dass die Besteuerungsgrundlagen für einen zu diesem Zeitpunkt verwirklichten Erwerbsvorgang festgestellt werden.
Die Besteuerungsgrundlagen werden für den zu einem bestimmten Zeitpunkt durch einen bestimmten Rechtsvorgang verwirklichten Erwerbsvorgang gesondert festgestellt. Dieser kann weder im Einspruchsverfahren noch im Klageverfahren gegen den angefochtenen Bescheid durch einen zu einem anderen Zeitpunkt verwirklichten anderen Erwerbsvorgang ausgetauscht werden. Ist der Erwerbsvorgang auf einen unzutreffenden Zeitpunkt festgestellt worden, ist der Bescheid aufzuheben und ggf. ein neuer Bescheid über die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zu erlassen.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
OAAAH-65601