BGH Beschluss v. - 5 StR 373/20

Revision im Strafverfahren: Verfahrenseinstellung bei unwirksamen Beschluss über die Eröffnung eines weiteren Verfahrens in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung; Freiwilligkeit des Rücktritts vom versuchten Raub bei Angst vor erhöhtem Entdeckungsrisiko

Gesetze: Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 76 GVG, § 203 StPO, § 206a StPO, § 338 Nr 1 StPO, § 22 StGB, § 23 StGB, § 24 Abs 1 S 1 StGB, § 249 StGB, § 250 StGB

Instanzenzug: Az: 624 KLs 6/20

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit vorsätzlichem unerlaubten Führen eines Butterflymessers sowie wegen fahrlässigen unerlaubten Führens eines Faustmessers zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und eine Einziehungsanordnung getroffen. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2Der Generalbundesanwalt hat zutreffend ausgeführt:

3„Soweit der Angeklagte im Fall II. 2 der Urteilsgründe wegen fahrlässigen unerlaubten Führens eines Faustmessers verurteilt wurde, ist das Verfahren einzustellen, weil dieser Verfahrensteil erst während der Hauptverhandlung [...] in reduzierter Besetzung eröffnet wurde. Da somit der Beschluss lediglich von zwei Richtern gefasst worden ist, ohne dass der dritte zur Entscheidung mitberufene Richter beteiligt war, fehlt es diesbezüglich an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss. Dieses von Amts wegen zu beachtende Verfahrenshindernis muss insoweit zur Einstellung des Verfahrens führen (BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 504/05‚ NStZ-RR 2006, 146; und vom - 3 StR 497/08; ‚ NJW 2015, 2515; ).“

4Mit der Aufhebung des Urteils und der Einstellung des Verfahren nach § 206a StPO entfallen hinsichtlich dieser Tat der Schuld- und Strafausspruch sowie die Einziehung des als Tatobjekt eingezogenen Faustmessers.

5Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht angesichts der nach der Vorstellung des Angeklagten für die Begehung des Raubes wesentlichen Abgeschiedenheit des Tatortes (der Keller eines Hochhauses) in dem Absehen von der Verfolgung des geflüchteten Geschädigten und einer Tatverwirklichung in der Öffentlichkeit mit Blick auf das dadurch für ihn nicht hinnehmbar erhöhte Entdeckungsrisiko die Freiwilligkeit des Rücktritts im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB verneint hat. Dem steht nicht entgegen, dass der Geschädigte den Angeklagten kannte. Denn dieser hatte vergleichbare gewaltsame Übergriffe des Angeklagten in der Vergangenheit stets für sich behalten (vgl. , NStZ 2011, 454, 455; Urteil vom - 4 StR 216/05, NStZ-RR 2006, 168, 169).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:300920B5STR373.20.0

Fundstelle(n):
ZAAAH-65538