BVerwG Beschluss v. - 4 VR 6/20

Ablehnung eines Hängebeschlusses

Gesetze: § 80 Abs 5 VwGO, § 80e Abs 3 VwGO, § 80e Abs 1 Nr 2 VwGO

Gründe

1Der Antrag auf Erlass einer Zwischenentscheidung ("Hängebeschluss") bleibt erfolglos.

2Der Senat entscheidet über den Antrag auf der Grundlage einer Interessenabwägung. Eine Zwischenentscheidung wäre erforderlich, wenn zu befürchten wäre, dass bis zur Entscheidung im gerichtlichen Eilverfahren unter Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots des effektiven Rechtsschutzes vollendete Tatsachen geschaffen werden (BVerwG, Beschlüsse vom - 7 VR 7.12 - juris Rn. 2 und vom - 4 VR 5.14 - <n.v.>). Dabei kommt es darauf an, ob bei einem Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses schwere und unabwendbare Nachteile drohen (vgl. - NVwZ 2014, 363 Rn. 7; OVG Lüneburg, Beschluss vom - 4 ME 34/20 - DVBl 2020, 826 Rn. 4).

3Die Beigeladene hat mit Schriftsatz vom verbindlich zugesagt, dass sie vom Planfeststellungsbeschluss für den Bereich der Baulose 1 bis 3 - also im Trassenabschnitt von Mast 1 (Umspannwerk Bertikow) bis Mast 217 (Höhe Ortschaft Golzow) - keinen Gebrauch machen wird. Damit ist der Rechtsschutz hinreichend effektiv, soweit der Antragsteller die Behandlung der Vogelschutzgebiete Unteres Odertal, Schorfheide-Chorin und Randow-Welse-Bruch sowie der FFH-Gebiete Felchowseegebiet und Fischteiche Blumberger Mühle im Planfeststellungsbeschluss als fehlerhaft beanstandet und insoweit Belange berührt sieht, die zu den Zielen gehören, welche er nach seiner Satzung fördert. Denn alle diese Gebiete liegen im Bereich der Baulose 1 bis 3.

4Eine Gefährdung effektiven Rechtsschutzes im Bereich der Baulose 4 bis 5 hat der Antragsteller nicht aufgezeigt. Er weist insoweit auf eine Überspannung eines Naturschutzgebiets "Schwärzesee" hin - gemeint ist offenbar das Naturschutzgebiet Nonnenfließ-Schwärzetal - sowie auf den Naturpark Barnim. Es liegt nahe, dass einer Rüge etwaiger Rechtsmängel in Bezug auf diese Gebiete die Rechtskraft des Senatsurteils vom - 4 A 5.14 - (BVerwGE 154, 73) entgegensteht, das Rechtsfehler insoweit nicht festgestellt hat (vgl. 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 28 und vom - 7 A 1.18 - NuR 2020, 709 Rn. 31). Jedenfalls hat der Antragsteller nicht im Ansatz dargelegt, welche konkreten Beeinträchtigungen der Gebiete er befürchtet. Ebenso fehlt jede Darlegung, warum sich Maßnahmen nicht im Wege des Rückbaus oder der Wiederbepflanzung rückgängig machen lassen sollten ( 7 VR 7.19 - juris Rn. 13 f.).

5Der Antragsteller zeigt auch keine schweren und unabwendbaren Nachteile mit dem Hinweis auf, der Senat sei bei seinem Urteil vom (a.a.O.) von einem räumlich nicht teilbaren Planfeststellungsbeschluss ausgegangen. Dies berührt nicht die Frage, ob Baumaßnahmen im Bereich der Baulose 4 und 5 zu schweren und unabwendbaren Nachteilen führen. Es mag sein, dass ein Erfolg des Antragstellers im Eil- und späteren Klageverfahren dazu führt, dass der Planfeststellungsbeschluss insgesamt beanstandet würde. Es ist aber Sache der Beigeladenen zu entscheiden, ob sie bereits Investitionen vornimmt, obwohl sie nicht über einen bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss verfügt.

6Angesichts des Fehlens erheblicher Nachteile gibt für die gebotene Interessenabwägung den Ausschlag, dass der Gesetzgeber die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf für die Leitung festgestellt hat (§ 1 Abs. 2 Satz 2 EnLAG i.V.m. Nr. 3 der Anlage zum EnLAG) (vgl. 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 51 ff.), Rechtsmitteln gegen den Planfeststellungsbeschluss nach § 43e Abs. 1 Satz 1 EnWG keine aufschiebende Wirkung beimisst (vgl. 4 VR 7.19 - ZNER 2020, 438 Rn. 11) und die Beigeladene nachvollziehbare wirtschaftliche Gründe für den Baubeginn benannt hat. Auf die Frage, ob die Einwände des Antragstellers gegen die konkrete Darlegung des vordringlichen Bedarfs im Einzelnen stichhaltig sind, kommt es nicht an.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2020:121120B4VR6.20.0

Fundstelle(n):
KAAAH-65086