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OFD Frankfurt/Main, - S 2400 A

§ 44a EStG Erteilung von Nichtveranlagungs (NV)-Bescheinigungen an natürliche Personen und Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen


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 Inhaltsübersicht
 
 I. Allgemeines
 1. Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren
 2. Freistellung von der Kapitalertragsteuer, Körperschaftsteuer sowie vom Solidaritätszuschlag
 3. Abstandnahme vom Steuerabzug
 3.1 Freistellungs- und Nichtveranlagungsfälle (§ 44 a Abs. 1 EStG)
 3.2 Steuerbefreite KSt-Subjekte und juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 44 a Abs. 4 und 7 EStG)
 3.3 Sog. Dauerüberzahler (§ 44 a Abs. 5 EStG)
 3.4 Verwahrung und Verwaltung unter dem Namen des Gläubigers (§ 44 a Abs. 6 EStG)
 3.5 Voraussetzungen der Abstandnahme
 3.6 Ausstellung von Bescheinigungen und Verwendung von Kopien
 4. Erstattung der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlages, [Vergütung der Körperschaftsteuer]
 4.1 Besonderheiten bei nicht steuerbefreiten Körperschaften
 4.2 Freistellungs- und Nichtveranlagungsfälle (§ 44 b Abs. 1 EStG)
 4.3 Steuerbefreite KSt-Subjekte und juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 44 c Abs. 1 und 2 EStG)
 4.4 Voraussetzungen zur Erstattung [bzw. Vergütung]
 4.5 Solidaritätszuschlag
 5. Ausnahme von der Körperschaftsteuer-Erhöhung
 

I. Allgemeines

1. Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren

Nach § 52 Abs. 53 Satz 1 EStG sind die §§ 43 bis 45c EStG in der Fassung des Gesetzes vom (EStG a. F.) für Ausschüttungen anzuwenden, für die noch das Anrechnungsverfahren (Vierter Teil des KStG in der Fassung der Bekanntmachung vom , zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom (KStG a. F.)) anzuwenden ist.

Die §§ 43 bis 45c in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom , dieses wiederum geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom (EStG n. F.), sind auf Kapitalerträge anzuwenden, für die Satz 1 nicht gilt (§ 52 Abs. 53 Satz 2 EStG).

Dieser Karteikarte liegt grundsätzlich die Rechtslage des EStG n. F. und des KStG in der ab geltenden Fassung unter Berücksichtigung der Änderungen, zuletzt durch das Solidarpaktfortführungsgesetz vom (KStG n. F.) zugrunde. Soweit noch Ausführungen zum EStG a. F. und zum KStG a. F. gemacht werden, sind diese kursiv und in eckigen Klammern ,,[]'' dargestellt.

2. Freistellung von der Kapitalertragsteuer bzw. Körperschaftsteuer sowie vom Solidaritätszuschlag

Nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (EStG), des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sowie des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) kommen unter bestimmten Voraussetzungen - z. T. alternativ zur Anrechnung der Kapitalertragsteuer [bzw. der Körperschaftsteuer] im Rahmen der Veranlagung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 [und 3] EStG) - folgende Maßnahmen zur Freistellung von Kapitalertragsteuer bzw. Körperschaftsteuer in Betracht:


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 - Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug     - § 44 a EStG            
   sowie vom Abzug des Solidaritätszuschlags     - § 51 a Abs. 1 i.V.m.    
                                                   § 44 a EStG             
 - Erstattung der Kapitalertragsteuer            - § 44, § 44 c EStG      
   sowie des Solidaritätszuschlages              - § 51 a Abs. 1 i.V.m.    
                                                   §§ 44 b44 c EStG       
 - [Vergütung der Körperschaftsteuer             - § 36 b, § 36 c EStG]   
 - [Ausnahme von der Körperschaftsteuer-Erhöhung - § 40 Satz 1 Nr. 3 KStG]
 

Grundlage für die Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug einschließlich des Zinsabschlags und des Solidaritätszuschlags sowie für die Erstattung von Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag [und/oder Vergütung der Körperschaftsteuer] ist, dass der unbeschränkt steuerpflichtige Gläubiger von Kapitalerträgen durch eine Bescheinigung des für ihn zuständigen Finanzamts nachweist, dass sämtliche Voraussetzungen der im Einzelfall anzuwendenden Vorschriften erfüllt sind ([§ 36 b Abs. 2], § 44 a Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4, 5 und 7, § 44 b Abs. 1 sowie § 44 c Abs. 1 EStG).

Auf die Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlages sind gem. § 51 a Abs. 1 EStG die Vorschriften des EStG entsprechend anzuwenden.

3. Abstandnahme vom Steuerabzug

3.1 Freistellungs- und Nichtveranlagungsfälle (§ 44 a Abs. 1 EStG)

Bei Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 4, 7 und 8 sowie Satz 2 EStG (= bestimmte Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 4, 6 und 7 sowie Abs. 2 EStG), die einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen oder unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen - nicht von der Körperschaftsteuer befreiten - Gläubiger im Rahmen von Einkünften aus Kapitalvermögen zufließen, ist vom Kapitalertragsteuerabzug abzusehen,

- soweit diese Kapitalerträge zusammen mit den Kapitalerträgen, für die die Kapitalertragsteuer nach § 44 b EStG zu erstatten ist [oder die Körperschaftsteuer nach §§ 36 b, 36 c EStG zu vergüten ist, einschließlich der Kapitalerträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG], den Sparer-Freibetrag nach § 20 Abs. 4 (Einzelveranlagung: 1.550 Euro/Zusammenveranlagung: 3.100 Euro) und den Werbungskosten-Pauschbetrag nach § 9 a Satz 1 Nr. 2 EStG (Einzelveranlagung: 51 Euro/Zusammenveranlagung 102 Euro) nicht übersteigen (§ 44 a Abs. 1 Nr. 1 EStG - ggf. i. V. mit § 31 Abs. 1 KStG [§ 49 Abs. 1 KStG a. F.]) oder

- wenn anzunehmen ist, dass für ihn eine Veranlagung zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer nicht in Betracht kommt (§ 44 a Abs. 1 Nr. 2 EStG - ggf. i. V. mit § 31 Abs. 1 KStG [§ 49 Abs. 1 KStG a. F.]).

3.2 Steuerbefreite KSt-Subjekte und juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 44 a Abs. 4 und 7 EStG)

Bei Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 7 und 8 sowie Satz 2 EStG (= bestimmte Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 und 7 sowie Abs. 2 EStG), ist vom Kapitalertragsteuerabzug abzusehen, wenn der Gläubiger

- eine von der Körperschaftsteuer befreite inländische Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse (§ 44 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG) oder

- eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts (§ 44 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG) ist

und die Kapitalerträge nicht im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes oder eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebs gewerblicher Art anfallen (§ 44 a Abs. 4 Satz 5 EStG).

Entsprechendes gilt bei Bezügen [Gewinnanteilen] im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG), die eine der vorgenannten Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen von einer von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft bezieht (§ 44 a Abs. 4 Satz 2 EStG).

Ein Steuerabzug ist weiterhin bei Kapitalerträgen im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 a bis 7 c (= bestimmte Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9, 10 a und 10 b) nicht vorzunehmen, wenn der Gläubiger

- eine inländische Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG oder

- eine inländische Stiftung des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient, oder

eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen Zwecken dient

ist (§ 44 a Abs. 7 EStG). Bei Kapitalerträgen im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 a und 7 b EStG gilt § 44 a Abs. 4 EStG entsprechend.

3.3 Sog. Dauerüberzahler (§ 44 a Abs. 5 EStG)

Bei Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und 8 sowie Satz 2 (= bestimmte Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 sowie Abs. 2 EStG), ist nach § 44 a Abs. 5 EStG von einem Kapitalertragsteuerabzug abzusehen, wenn

- die Kapitalerträge Betriebseinnahmen des Gläubigers sind und

- die Kapitalertragsteuer [und anrechenbare Körperschaftsteuer] bei ihm

- aufgrund der Art seiner Geschäfte

- auf Dauer höher wären als die gesamte festzusetzende Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer.

Vgl. hierzu Karten 2 und 11 zu § 44 a EStG.

3.4 Verwahrung und Verwaltung unter dem Namen des Gläubigers (§ 44 a Abs. 6 EStG)

Eine Abstandnahme vom Steuerabzug nach § 44 a Abs. 1, 4 oder 5 EStG ist bei den dem Zinsabschlag unterliegenden Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, 8 und Satz 2 EStG nur dann möglich, wenn das Kapitalvermögen (die Teilschuldverschreibungen, die Anteile an der Sammelschuldbuchforderung, die Wertrechte oder die Einlagen und Guthaben) im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge unter dem Namen des Gläubigers der Kapitalerträge bei der auszahlenden Stelle verwahrt oder verwaltet werden (§ 44 a Abs. 6 EStG).

Eine Abstandnahme ist damit bei Tafelgeschäften, bei denen das Kreditinstitut Kapitalerträge gegen Aushändigung der Zinsscheine ohne gleichzeitige Verwahrung oder Verwaltung des Vermögens auszahlt oder gutschreibt, nicht möglich.

Eine Abstandnahme vom Steuerabzug ist darüber hinaus für Erträge aus Treuhandkonten nicht zulässig, da der Treuhänder, unter dessen Namen die Rechte verwahrt werden, nicht der Gläubiger der Kapitalerträge ist (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO).

Entsprechendes gilt in Nießbrauchsfällen, in denen die auszahlende Stelle die Rechte zwar verwahrt oder verwaltet, aber nicht eindeutig feststeht, ob der Depotinhaber auch Gläubiger der Kapitalerträge ist (vgl. hierzu auch Abschnitt II Nr. 4.1 d) - Zurechnung von Einnahmen aus Kapitalvermögen bei unentgeltlich bestelltem Zuwendungsnießbrauch).

Mit der Voraussetzung der Identität von Kontoinhaber und Gläubiger der Kapitalerträge gem. § 44 a Abs. 6 EStG soll vermieden werden, dass Kreditinstitute Kapitalerträge für steuerliche Zwecke aufteilen müssen. Dies ist Aufgabe der Finanzverwaltung (vgl. § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a AO). Bei Kapitalerträgen, die den beiden Kindern eines Steuerpflichtigen auf einem auf den Namen der Kinder lautenden Gemeinschaftskonto (Oder-Konto, Und-Konto) gutgeschrieben werden, kann daher auch dann nicht vom Steuerabzug Abstand genommen werden, wenn für beide Kinder eine NV-Bescheinigung vorgelegt wird.

In diesen Fällen kommt nur die Anrechnung der Kapitalertragsteuer [bzw. Körperschaftsteuer] im Rahmen der Veranlagung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 [und 3] EStG in Betracht [(§§ 36 b Abs. 5 Nr. 2, 44 b Abs. 1 Satz 3 EStG)].

3.5 Voraussetzungen der Abstandnahme

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug (einschließlich Zinsabschlag) [sowie die Vergütung der Körperschaftsteuer] sind gegenüber dem Schuldner der Kapitalerträge bzw. der die Kapitalerträge auszahlenden Stelle durch Vorlage

- eines Freistellungsauftrages des Gläubigers der Kapitalerträge nach amtlich vorgeschriebenem Muster (§ 44 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG) oder

- einer NV-Bescheinigung des für den Gläubiger der Kapitalerträge zuständigen Finanzamtes (§ 44 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 44 a Abs. 4 Satz 3, § 44 a Abs. 5 Satz 2, § 44 a Abs. 7 Satz 2 EStG)

nachzuweisen.

Zu der Erteilung und den Rechtsfolgen eines Freistellungsauftrages im einzelnen sowie zum Verhältnis von Freistellungsauftrag und NV-Bescheinigung siehe ESt-Kartei § 44 a Karte 4. Da die gesetzlichen Regelungen zum Freistellungsauftrag nach § 44 a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 EStG und zur NV-Bescheinigung nach § 44 a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 EStG gleichrangig nebeneinander stehen, ist einem Stpfl. auf Antrag bei Vorliegen der Voraussetzungen auch dann eine NV-Bescheinigung zu erteilen, wenn dieser die Möglichkeit hat, mit einem Freistellungsauftrag eine Freistellung der Kapitalerträge zu erreichen.

Für eine Abstandnahme vom Steuerabzug nach § 44 a Abs. 4 und 7 EStG wird es nicht beanstandet, wenn der auszahlenden Stelle bei Kapitalerträgen im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 und 7 sowie Satz 2 EStG statt der NV-Bescheinigung eine amtlich beglaubigte Kopie des zuletzt erteilten Freistellungsbescheides (z. B. Gem. 2 für gemeinnützige Körperschaften, KSt Ber 3 für Berufsverbände, KSt Part 3 für politische Parteien) überlassen wird, der für den fünften oder einen späteren Veranlagungszeitraum vor dem Veranlagungszeitraum des Zuflusses der Kapitalerträge erteilt worden ist.

Entsprechendes gilt, wenn eine amtlich beglaubigte Kopie der vorläufigen Bescheinigung des Finanzamts über die Gemeinnützigkeit überlassen wird, deren Gültigkeitsdauer im Veranlagungszeitraum des Zuflusses der Kapitalerträge oder später endet.

Unterhalten steuerbefreite Körperschaften einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, bei dem die Freibeträge und Freigrenzen überschritten sind, erfolgt jährlich eine Veranlagung zur Körperschaftsteuer. In diesen Fällen ist die Steuerbefreiung für den steuerbegünstigten Bereich in Form einer Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid zu bescheinigen. Dem zum Steuerabzug Verpflichteten ist vom Gläubiger der Kapitalerträge in Schriftform mitzuteilen, ob die Kapitalerträge im steuerfreien oder steuerpflichtigen Bereich angefallen sind.

3.6 Ausstellung von Bescheinigungen und Verwendung von Kopien

Der Gläubiger der Kapitalerträge hat einen Anspruch auf Ausstellung der von ihm benötigten Anzahl von NV-Bescheinigungen sowie auf die Beglaubigung von Kopien des zuletzt erteilten Freistellungsbescheides, der vorläufigen Bescheinigung über die Gemeinnützigkeit oder der Bescheinigung über die Steuerbefreiung für den steuerbefreiten Bereich.

Es bestehen keine Bedenken, neben dem Original der Bescheinigungen oder Bescheide auch eine amtlich beglaubigte Kopie für steuerliche Zwecke anzuerkennen. Für Kapitalerträge, die dem Gläubiger ab dem zufließen, gilt gleiches, wenn durch einen Mitarbeiter des zum Steuerabzug Verpflichteten auf einer Kopie vermerkt wird, dass das Original der Bescheinigung oder des Freistellungsbescheides vorgelegen hat.

Zur amtlichen Beglaubigung sind gem. § 65 Satz 3 BeurkG und § 33 VwVfG ausschließlich Verwaltungsbehörden befugt. Behörden sind allgemein in den Organismus der Verwaltung des Staates eingeordnete organisatorische Einheiten, die dazu berufen sind, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates tätig zu sein.

Auch eine von einem Notar nach § 43 BeurkG öffentlich beglaubigte Kopie des zuletzt erteilten Freistellungsbescheides genügt für die Abstandnahme vom Steuerabzug in den o. g. Fällen. Die öffentliche Beglaubigung bezeugt ebenso wie die amtliche Beglaubigung nach § 33 VwVfG die Übereinstimmung einer Abschrift mit einer Hauptschrift, ist insoweit öffentliche Urkunde i. S. d. § 418 Abs. 1 ZPO und begründet vollen Beweis der Übereinstimmung.

Die Kopie des zuletzt erteilten Freistellungsbescheides, die der die Zinserträge auszahlenden Stelle zwecks Abstandnahme vom Zinsabschlag vorgelegt wird, kann daher

- amtlich von einer hierzu befugten Behörde - entweder gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Hessisches VwVfG von dem Finanzamt, das den Freistellungsbescheid erteilt hat oder gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Hessisches VwVfG von einer in der Hessischen Verordnung zur Bestimmung der zu Beglaubigungen befugten Behörden (Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Hessen 1978, S. 513) genannten Behörde- oder

- öffentlich von einem Notar beglaubigt werden.

4. Erstattung der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlages, [Vergütung der Körperschaftsteuer]

4.1 Besonderheiten bei nicht steuerbefreiten Körperschaften

Im Anwendungsbereich des Halbeinkünfteverfahrens bleiben Gewinnausschüttungen auf der Ebene der empfangenden nicht steuerbefreiten Körperschaft gemäß § 8 b Abs. 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. Der Sparer-Freibetrag und der Werbungskosten-Pauschbetrag kommen in diesen Fällen nicht zur Anwendung. Eine Erstattung von Kapitalertragsteuer kann nur durch NV-Bescheinigung, nicht mehr durch Freistellungsauftrag bewirkt werden. Eine NV-Bescheinigung kann nur für sog. kleine Körperschaften i. S. von § 24 KStG (NV-Bescheinigungen NV 3 B) und für sog. Überzahler i. S. von § 44 a Abs. 5 EStG (NV-Bescheinigung NV 2B) erteilt werden.

4.2 Freistellungs-und Nichtveranlagungsfälle (§ 44 b Abs. 1 EStG)

Bei Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 (= Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG sowie Zinsen aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen), die einem unbeschränkt einkommensteuer- bzw. körperschaftsteuerpflichtigen Gläubiger zufließen, wird vom Bundesamt für Finanzen auf Antrag die einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer unter den Voraussetzungen des § 44 a Abs. 1, 2 und 5 EStG in dem dort bestimmten Umfang unter Berücksichtigung des § 3 Nr. 40 d, e und f erstattet (§ 44 b Abs. 1 EStG - ggf. i. V. mit § 31 Abs. 1 KStG [§ 49 Abs. 1 KStG a. F.]).

[Entsprechend ist nach § 36 b Abs. 1 EStG bei Kapitalerträgen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG, die einem unbeschränkt steuerpflichtigen Gläubiger zufließen, auf Antrag die anrechenbare Körperschaftsteuer zu vergüten, wenn für ihn eine Veranlagung zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer nicht in Betracht kommt oder ein Freistellungsauftrag i.S.d. § 44 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG vorliegt.

Nach § 51 KStG ist die Vergütung oder Anrechnung der Körperschaftsteuer bei den steuerbefreiten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen sowie bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts allerdings ausgeschlossen, da gem. § 50 Abs. 1 KStG die Körperschaftsteuer durch den Steuerabzug abgegolten ist. Zur Vergütung des Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrags vgl. § 52 KStG.]

Bei Investmentfonds wird an die Depotbank auf Antrag die einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer erstattet [und die anrechenbare Körperschaftsteuer vergütet], soweit nicht nach § 44 a EStG vom Steuerabzug Abstand zu nehmen ist; dies gilt auch für den als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer einbehaltenen und abgeführten Solidaritätszuschlag (vgl. § 38 Abs. 2 [und 3] sowie § 43 a und § 49 KAGG).

4.3 Steuerbefreite KSt-Subjekte und juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 44 c Abs. 1 und 2 EStG)

a) Bei Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 [und 6] EStG (= Beteiligungserträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG sowie Zinsen aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen, Kapitalerträgen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, [Vergütungsbeträgen i.S. von § 36 e EStG und § 52 KStG]) erstattet das Bundesamt für Finanzen nach § 44 c Abs. 1 EStG auf Antrag des Gläubigers in den Fällen, in denen der Gläubiger

- eine inländische Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ist oder

- eine inländische Stiftung des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient, oder

- eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen Zwecken dient,

die gesamte einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer.

b) Bei Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 7 a EStG (= bestimmte Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 9 EStG) erstattet das Bundesamt für Finanzen nach § 44 c Abs. 2 EStG auf Antrag des Gläubigers in den Fällen, in denen der Gläubiger

- eine nach § 5 Abs. 1 mit Ausnahme der Nr. 9 KStG oder nach anderen Gesetzen von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder

- eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts ist, die nicht in Absatz 1 bezeichnet ist,

die Hälfte der auf die Kapitalerträge i.S. des § 43 Abs. 1 Nr. 1 und 7 a EStG einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer.

4.4 Voraussetzungen zur Erstattung [bzw. Vergütung]

Die verfahrensmäßig weitgehend übereinstimmend geregelte Erstattung der Kapitalertragsteuer [bzw. Vergütung der Körperschaftsteuer] kann grundsätzlich aufgrund eines Einzelantrags des Gläubigers der Kapitalerträge (Anleger) beim Bundesamt für Finanzen oder in bestimmen Einzelfällen im Sammelantragsverfahren über Kreditinstitute erfolgen (vgl. §§ 44 b Abs. 2 [36 b Abs. 3], 44 c Abs. 3, 45 b [36 c] EStG).

Voraussetzung für die Erstattung [bzw. Vergütung] ist, dass der unbeschränkt steuerpflichtige Gläubiger der Kapitalerträge dem Bundesamt für Finanzen oder dem Kreditinstitut einen Freistellungsauftrag oder eine NV-Bescheinigung des für ihn zuständigen Finanzamts vorlegt (§ 44 b Abs. 1 EStG [§ 36 b Abs. 2 EStG a. F.], § 44 c Abs. 1 Satz 2 EStG, § 38 Abs. 2 Satz 4 KAGG und § 31 Abs. 1 KStG [§ 49 Abs. 1 KStG a. F.]; vgl. hierzu auch Nr. 3.5 - Voraussetzungen der Abstandnahme).

Für eine Erstattung von Kapitalertragsteuer nach § 44c EStG muss dem Bundesamt für Finanzen allerdings auch von steuerbefreiten Körperschaften und inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts eine NV-Bescheinigung (NV 2 B) vorgelegt werden. Die Vorlage einer amtlich beglaubigten Kopie des zuletzt erteilten Freistellungsbescheides reicht in diesen Fällen nicht aus.

Dem Einzelantrag auf Erstattung bzw. Vergütung beim Bundesamt für Finanzen ist außerdem als Nachweis der zu erstattenden Kapitalertragsteuer bzw. der zu vergütenden Körperschaftsteuer eine (Original-)Steuerbescheinigung (§ 45 a Abs. 2, 3 EStG) des inländischen Kreditinstituts beizufügen.

Für das Antragsverfahren stehen folgende Vordrucke zur Verfügung, die für Anwendungsfälle des EStG a.F. und des EStG n.F. Verwendung finden können:


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 - Vordruck VE 6 A    Lg.Nr. 419 c  Sammelantrag auf Vergütung von Körper-
                                    schaftsteuer und/oder Erstattung von  
                                    Kapitalertragsteuer und des Solidari- 
                                    tätszuschlags zur Kapitalertragsteuer 
                                    nach §§ [36 d], 44 b Abs. 2 und 3, § 45
                                    c Abs. 1, 2 und 5, § 51 a Abs. 1 EStG 
 - Vordruck VE 6 B    Lg.Nr. 419 d  Bescheid über die Vergütung/Erstattung
                                    nach den §§ [36 d], 44 b Abs. 2 und 3,
                                    § 45 c Abs. 1, 2 und 5, § 51 a Abs. 1 
                                    EStG
 - Vordruck VE 6 C    Lg.Nr. 419 e  Bescheid über die Rückforderung von   
                                    Vergütungs-/Erstattungsbeträgen in den
                                    Fällen der §§ [36 d], 44 b Abs. 2 und 
                                    3 EStG, § 45 c Abs. 4, § 51 a Abs. 1  
                                    EStG
 

Beim Sammelantragsverfahren stellt das Kreditinstitut nach Vorlage der NV-Bescheinigung, des Freistellungsauftrags oder der Bescheinigung nach § 44 a Abs. 5 EStG stellvertretend für den Steuerpflichtigen den Antrag auf Erstattung [bzw. Vergütung] beim Bundesamt für Finanzen. In diesen Fällen können die Kapitalerträge regelmäßig in voller Höhe ausgezahlt werden.

[Nichtanrechnungsberechtigten inländischen und ausländischen Anteilseignern wird unter den Voraussetzungen der § 52 KStG und § 36 e EStG der Körperschaftsteuererhöhungsbetrag in den Fällen vom Bundesamt für Finanzen auf Antrag vergütet, in denen für eine Ausschüttung oder sonstige Leistung verwendbares Eigenkapital i.S.d. § 30 Abs. 2 Nr. 3 KStG verwendet worden ist.]

4.5 Solidaritätszuschlag

Der zu der Kapitalertragsteuer erhobene Solidaritätszuschlag ist nach § 44 b Abs. 1 i.V.m. § 51 a Abs. 1 EStG vom Bundesamt für Finanzen zu erstatten.

[Der auf die anrechenbare Körperschaftsteuer entfallende Solidaritätszuschlag darf dagegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolzG 1995 vom (BGBl. I S. 976, BStBl I S. 523; SolzG 1995) vom Bundesamt für Finanzen nicht vergütet werden.]

5. Ausnahme von der Körperschaftsteuer-Erhöhung

a) nach § 38 Abs. 3 KStG

Eine Erhöhung der Körperschaftsteuer nach § 38 Abs. 2 KStG findet nicht statt, soweit eine von der KSt befreite Körperschaft Leistungen an einen unbeschränkt steuerpflichtigen, von der KSt befreiten Anteilseigner oder an eine juristische Person des öffentlichen Rechts vornimmt. Dies gilt jedoch nicht, soweit die Leistung auf Anteile entfällt, die in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gehalten werden, für den die Befreiung von der KSt ausgeschlossen ist, oder in einem nicht von der KSt befreiten Betrieb gewerblicher Art (§ 38 Abs. 3 Sätze 1 und 3 KStG).

Grundsätzlich ist Voraussetzung für die Ausnahme von der Körperschaftsteuer-Erhöhung, dass der Gläubiger der Kapitalerträge eine NV-2 Bescheinigung des für ihn zuständigen Finanzamts vorlegt; ist der Anteilseigner allerdings eine juristische Person des öffentlichen Rechts, braucht die Steuerbefreiung des Empfängers nicht bescheinigt zu werden (§ 38 Abs. 3 Satz 2 KStG).

[b) nach § 40 Satz 1 Nr. 3 KStG

Der von einer steuerbefreiten Körperschaft im steuerfreien Bereich erwirtschaftete Gewinn bleibt bei der Ausschüttung an einen unbeschränkt steuerpflichtigen, von der Körperschaftsteuer befreiten Anteilseigner oder an eine juristische Person des öffentlichen Rechts körperschaftsteuerlich unbelastet. Eine Ausschüttungsbelastung i.S.d. § 27 KStG ist insoweit nicht herzustellen (§ 40 Satz 1 Nr. 3 KStG).

Grundsätzlich ist Voraussetzung für die Ausnahme von der Körperschaftsteuer-Erhöhung, dass der Gläubiger der Kapitalerträge eine NV-2 Bescheinigung des für ihn zuständigen Finanzamts vorlegt; ist der Anteilseigner allerdings eine juristische Person des öffentlichen Rechts, braucht die Steuerbefreiung des Dividendenempfängers nicht bescheinigt zu werden (§ 40 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG).]

OFD Frankfurt/Main, v. - S 2400 A

Fundstelle(n):
NWB EN 1452/2002
BAAAA-77591