BVerwG Beschluss v. - 4 BN 42/20

Keine Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB bei der Festlegung von Vorbehaltsgebieten im Raumordnungsplan

Gesetze: § 1 Abs 4 BauGB, § 3 Abs 1 Nr 2 ROG 2008, § 3 Abs 1 Nr 3 ROG 2008, § 4 Abs 1 S 1 ROG 2008, § 7 Abs 3 S 2 Nr 2 ROG 2008

Instanzenzug: OVG Lüneburg Az: 1 KN 183/17 Urteil

Gründe

1Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

21. Das Oberverwaltungsgericht hat einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB festgestellt, weil die Antragsgegnerin in der Auslegungsbekanntmachung nicht auf das im immissionsschutzrechtlichen Fachbeitrag behandelte Thema der Geruchsimmissionen hingewiesen hat; dieses Versäumnis hat es jedoch nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b BauGB als unbeachtlich erachtet. Die in dieser Hinsicht erhobene Divergenzrüge und die zugleich geltend gemachte Verfahrensrüge greifen nicht durch; es fehlt an einer ordnungsgemäßen Darlegung dieser Zulassungsgründe (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Der Antragsteller trägt lediglich vor, dass das Oberverwaltungsgericht die Voraussetzungen der internen Unbeachtlichkeitsklausel verkannt habe und damit von dem 4 CN 7.18 - abgewichen sei. Allein damit kann der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, der eine Abweichung in den die Entscheidung jeweils tragenden Rechtssätzen voraussetzt, nicht dargelegt werden (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 und vom - 4 BN 53.19 - juris Rn. 3). Mit der Behauptung, es liege ein beachtlicher Bekanntmachungsfehler vor, wird ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ebenso wenig aufgezeigt. Rügefähig sind insoweit lediglich Fehler des gerichtlichen Verfahrens, nicht aber - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - solche des Verwaltungsverfahrens (stRspr, vgl. schon 6 C 455.56 - BVerwGE 10, 37 <43>; Beschlüsse vom - 3 B 12.94 - Buchholz 316 § 26 VwVfG Nr. 1 S. 3 und vom - 7 B 34.11 - BRS 77 Nr. 68 = juris Rn. 4).

32. Soweit das Oberverwaltungsgericht einen Verstoß gegen die Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB verneint, beruft sich die Beschwerde wiederum auf eine Divergenz und darüber hinaus auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Darlegungen gehen indessen an den insoweit entscheidungstragenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts vorbei. Das Oberverwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass mit der Festlegung von Vorbehaltsgebieten nach § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ROG im Raumordnungsplan keine Ziele der Raumordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG, sondern lediglich Grundsätze der Raumordnung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG bezeichnet werden (vgl. 4 BN 10.09 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 176 Rn. 9 und Urteil vom - 4 CN 6.14 - BVerwGE 152, 49 Rn. 6). Diese lösen eine Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB (siehe dazu 4 BN 3.17 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 38 Rn. 4) nicht aus. Die Grundsätze der Raumordnung sind bei der Bauleitplanung vielmehr nur im Wege der Abwägung zu berücksichtigen (siehe § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG; 4 CN 3.08 - BVerwGE 137, 38 Rn. 25), die nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts als solche im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Vor diesem Hintergrund geht der Verweis der Beschwerde auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zu § 1 Abs. 4 BauGB von vornherein ins Leere; entscheidungstragende divergierende Rechtssätze werden damit keinesfalls aufgezeigt. Die als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage zu § 1 Abs. 4 BauGB ist demnach ebenso wenig entscheidungserheblich und folglich nicht klärungsfähig.

43. Schließlich rechtfertigt auch die Frage:

"Ist die Annahme der Antragsgegnerin, der Plan erfasse nur gut 20 % des Gemeindegebietes, sodass im Gemeindegebiet zahlreiche Flächen verbleiben, die nach § 35 Abs. 1 BauGB auch für größere Vorhaben genutzt werden können, mit § 2 Abs. 3 BauGB unvereinbar?"

nicht die Zulassung der Revision. Denn sie kann nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise geklärt werden. Ob abwägungserhebliche Umstände - hier die Umsetzbarkeit von Erweiterungsabsichten des Antragstellers - zutreffend ermittelt und bewertet worden sind, lässt sich vielmehr nur bezogen auf die Besonderheiten des Einzelfalles beantworten.

5Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2020:141020B4BN42.20.0

Fundstelle(n):
HAAAH-63895