BGH Beschluss v. - 4 StR 518/19

Gesonderte Verhängung einer Gesamtgeldstrafe neben Freiheitsstrafe bei Tatmehrheit: Begründungserfordernis bei Nichtanwendung der Ausnahmevorschrift

Gesetze: § 53 Abs 2 S 2 StGB, § 267 StPO

Instanzenzug: Az: 4 StR 518/19 Beschlussvorgehend LG Essen Az: 56 KLs 9/17nachgehend Az: 4 StR 518/19 Beschluss

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen „Beihilfe zu 7 Fällen des Computerbetrugs, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb“, unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom und Aufrechterhaltung des darin angeordneten Fahrverbotes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt. Die gegen die Verurteilung gerichtete und auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat, worauf die Revision zu Recht hinweist, nicht erörtert, ob im Hinblick auf die wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verhängte Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu jeweils 10 Euro aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom gesondert auf Geldstrafe zu erkennen und gemäß §§ 55, 53 Abs. 2 Satz 2 StGB von der Bildung einer (nachträglichen) Gesamtfreiheitsstrafe abzusehen ist, obwohl hierzu Anlass bestand. Die Nichtanwendung des § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB bedarf trotz ihres Charakters als Ausnahmevorschrift der ausdrücklichen Erörterung, wenn bei einer gesonderten Festsetzung einer Geldstrafe die zeitige Freiheitsstrafe noch zur Bewährung hätte ausgesetzt werden können (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 390/06, StV 2007, 129; vom – 1 StR 142/02, NStZ-RR 2002, 264 und vom – 5 StR 504/07, NStZ 2009, 27). Diese Möglichkeit liegt hier angesichts der verhängten (Einzel-) Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf der Hand. Die Nichtanwendung des § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB hätte daher näherer Begründung bedurft, an der es hier fehlt. Die Feststellungen bleiben aufrechterhalten, da sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind. Ergänzende Feststellungen bleiben möglich.

3Auch die angeordnete Aufrechterhaltung des Fahrverbots aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom begegnet – worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ebenfalls zutreffend hingewiesen hat – rechtlichen Bedenken, weil die Feststellungen offen lassen, ob das zweimonatige Fahrverbot mittlerweile vollstreckt ist; wäre dies der Fall, so schiede eine Aufrechterhaltung des bereits erledigten Fahrverbots aus (vgl. ).

4Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:300720B4STR518.19.0

Fundstelle(n):
DAAAH-63195