BGH Beschluss v. - 2 StR 64/20

Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Konkurrenzverhältnis mehrerer Tatausführungshandlungen; nicht geringe Menge bei einer Amphetaminzubereitung

Gesetze: § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 30 Abs 2 Nr 2 BtMG, § 52 StGB

Instanzenzug: LG Aachen Az: 95 KLs 1/19nachgehend Az: 2 StR 64/20 Beschluss

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen sowie wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz von fünf Schusswaffen (Gewehr Erma No. 015427, Schrotflinte No. 618, Pistole Ekol No. ET-8100730, Bockbüchsflinte Springfield Armory No. M02362 nebst Schalldämpfer und Pistole CZ 83), Munition, drei Elektro-Impulsgeräten sowie eines Schlagrings“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und „die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 8.339,92 € angeordnet.“ Die auf die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

2Das Landgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3Am erwarb der Mitangeklagte K.   für den Angeklagten 500 ml Amphetaminöl mit einer Mindestwirkstoffmenge von 171 g Amphetaminbase zu einem Preis von 1.000 €. Der Angeklagte veräußerte von dieser Menge 370,9 ml. Die restliche Menge, die ebenfalls zur Weiterveräußerung bestimmt war, wurde von den Ermittlungsbehörden anlässlich einer Durchsuchung am sichergestellt (Fall II. 19 der Urteilsgründe).

4Am erwarb der Mitangeklagte K.    wiederum für den Angeklagten 500 ml Amphetaminöl mit einer Wirkstoffmenge von 171 g Amphetaminbase zu einem Preis von 1.000 €. Der Angeklagte beabsichtigte, das Rauschgift an dritte Abnehmer gewinnbringend zu veräußern. Die Drogen wurden ebenfalls anlässlich der Durchsuchung vom sichergestellt (Fall II. 21 der Urteilsgründe).

5Am verfügte der Angeklagte neben dem vorbeschriebenen, in zwei Behältnissen verwahrten, 629,1 g flüssigem Amphetamin über 515,8 g feuchte Amphetaminpaste mit einer Gesamtwirkstoffmenge von 120,8 g Amphetaminsulfat. Auch diese Drogen waren zum Weiterverkauf bestimmt. Auf einem Sideboard im Wohnzimmer stand in einem Ständer ein Schlagring mit fünf Klingennachbildungen; ferner befand sich in einer Wohnzimmerschublade ein voll funktionstüchtiges Distanz-Elektroimpulsgerät. Diese Gegenstände waren, im Gegensatz zu weiteren anlässlich der Wohnungsdurchsuchung aufgefundenen Schusswaffen und verbotenen Gegenständen, griff- und gebrauchsbereit und zum Einsatz gegen Personen geeignet und bestimmt (Fall II. 23 der Urteilsgründe).

II.

61. Die auf die Sachrüge des Angeklagten veranlasste Überprüfung des Urteils führt zur Abänderung des Schuldspruchs und zum Entfall der Einzelstrafen in den Fällen II. 19 und II. 21 der Urteilsgründe. Ferner bedarf die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen der Korrektur.

7a) Die Strafkammer, die von einer tatmehrheitlichen Begehung ausgegangen ist, hat das Konkurrenzverhältnis der dargestellten Taten in mehrfacher Hinsicht verkannt.

8aa) Sie hat zunächst übersehen, dass sich die Ausführungshandlungen in den Fällen II. 19 und II. 23 bzw. II. 21 und II. 23 der Urteilsgründe, bezogen auf die am 6. bzw. erworbenen 500 ml Amphetaminöl, jeweils als Teilakte einer sukzessiven Tatausführung zur Erreichung eines einheitlichen Taterfolges darstellen; bereits dies verbindet die Tathandlungen für die jeweilige Handelsmenge zu einer einheitlichen Tat im Rechtssinne (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom - 6 StR 49/20, juris Rn. 3; vom - 4 StR 240/18, juris Rn. 3, jeweils mwN; vgl. auch SSW-StGB/Eschelbach, 4. Aufl., § 52 Rn. 50).

9bb) Gleichzeitig hat die Strafkammer bei ihrer konkurrenzrechtlichen Wertung verkannt, dass sich die Ausführungshandlungen des Handels mit diesen beiden, am 6. März bzw. beschafften Rauschgiftmengen sowie der weiteren Rauschgiftmenge von 515,8 g feuchter Amphetaminpaste, durch das Bereithalten der zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstände in der Wohnung des Angeklagten jedenfalls im Zeitpunkt der Durchsuchung am teilweise überschnitten. Dies hat zur Folge, dass alle drei Taten konkurrenzrechtlich zur Tateinheit verknüpft sind (vgl. , juris Rn. 14, vom - 3 StR 615/17, juris Rn. 12, jeweils mwN) und sich die Tat im Fall II. 23 der Urteilsgründe als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in drei tateinheitlichen Fällen darstellt.

10Die Schuld- und Strafaussprüche in den Fällen II. 19 und II. 21 der Urteilsgründe hatten daher zu entfallen. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO geändert, § 265 StPO steht dem nicht entgegen.

11b) Im Übrigen hat die Überprüfung zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

12aa) Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses bleibt ohne Einfluss auf die Einzelstrafe im Fall II. 23 der Urteilsgründe.

13Dabei ist die Strafkammer zwar zunächst rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Angeklagte durch den Handel mit 515,8 g feuchter Amphetaminpaste mit einem Wirkstoff von 120,8 g Amphetaminsulfat die nicht geringe Menge i.S.d. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG bei dem Handel mit Amphetamin um das 12-fache überschritten habe. Sie hat dabei übersehen, dass Amphetaminsulfat lediglich 73 % Amphetaminbase (vgl. , juris Rn. 2, Urteil vom - 1 StR 507/84, BGHSt 33, 169, 170) enthält, so dass eine Umrechnung des Amphetaminsulfats in Amphetaminbase vorzunehmen gewesen wäre (vgl. , NStZ-RR 2013, 81, 82). Bei der Amphetaminzubereitung beginnt die nicht geringe Menge bei einem Wirkstoffgehalt von 10 g Amphetaminbase (, BGHSt 33, 169, 172; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 29a Rn. 56 f.). Dementsprechend überschritt der Wirkstoffgehalt der feuchten Amphetaminpaste die nicht geringe Menge nur um das Neunfache.

14Allerdings hat die Strafkammer unberücksichtigt gelassen, dass auch die 500 ml Amphetaminöl, die der Angeklagte jeweils am 6. März bzw. (Taten II. 19 und II. 21 der Urteilsgründe) mit einem Gesamtwirkstoffgehalt von 342 g Amphetaminbase erworben hatte, in die Strafzumessungsschuld der Tat II. 23 der Urteilsgründe einzustellen gewesen wären, so dass tatsächlich die Handelsmenge die nicht geringe Menge in der Summe um das 43-fache überschritt und der Angeklagte durch die Wertung der Strafkammer nicht beschwert ist.

15bb) Der Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen II. 19 und II. 21 der Urteilsgründe lässt die Gesamtstrafe unberührt. Der Senat kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen von drei Jahren und elfmal einem Jahr und drei Monaten sowie des von der Strafkammer insgesamt zu gering bemessenen Gesamtschuldgehalts ausschließen, dass diese bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte (vgl. ; LK-StGB/Rissing-van Saan/ Scholze, 13. Aufl. § 53 Rn. 23).

16c) Die angeordnete „Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 8.339,92 €“, die sich erkennbar auf den Wert der von dem Angeklagten erzielten Taterträge bezieht, bedarf der Korrektur. Die Strafkammer ist, worauf sie zutreffend selbst hingewiesen hat, in den Fällen II. 19 und II. 21 der Urteilsgründe von unzutreffenden Erträgen ausgegangen. Der Angeklagte hat insgesamt Erlöse in Höhe von 18.427,25 € erzielt. Unter Abzug der bei ihm sichergestellten 11.660,08 €, mit deren Einziehung er sich einverstanden erklärt hat, errechnet sich der noch einzuziehende Tatertrag mit 6.767,17 €.

172. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Im Hinblick auf den nur geringfügigen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:260520B2STR64.20.0

Fundstelle(n):
UAAAH-62952