Geltendmachung von Ansprüchen aus der sog. Mietpreisbremse durch einen Inkassodienstleister: Aktivlegitimation des Inkassodienstleisters nach Forderungsabtretung; Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten
Gesetze: § 134 BGB, § 249 Abs 1 BGB, § 254 Abs 2 BGB, § 257 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 398 BGB, § 399 Alt 1 BGB, § 556d Abs 1 BGB, § 556g Abs 1 S 3 BGB, § 556g Abs 2 BGB, § 556g Abs 3 S 1 BGB, § 4 Abs 5 RDGEG, § 1 Abs 1 S 2 RDG, § 2 Abs 2 S 1 RDG, § 3 RDG, § 10 Abs 1 S 1 Nr 1 RDG
Instanzenzug: Az: 66 S 19/18vorgehend AG Tempelhof-Kreuzberg Az: 2 C 108/17
Gründe
1Die Revision ist zwar zulässig. Der Senat ist jedoch einstimmig davon überzeugt, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg hat.
21. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig. Das Berufungsurteil unterliegt - wie die Revision zu Recht geltend macht - in vollem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Das Berufungsgericht hat die Zulassung zwar beschränkt auf die Frage zugelassen, "ob die hier verfahrensgegenständliche Tätigkeit der Klägerin keinen Verstoß gegen die Vorschriften des RDG beinhaltet, der zur Nichtigkeit der von ihr geschlossenen Rechtsgeschäfte nach § 134 BGB führt". Diese Beschränkung ist unwirksam. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision zwar auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, auf den auch die Partei selbst ihre Revision beschränken könnte, nicht aber auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente (vgl. etwa , NJW 2019, 292 Rn. 22, insoweit in BGHZ nicht abgedruckt, mwN). Bei der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Rechtsfrage handelt es sich lediglich um eine einzelne Rechtsfrage, die zudem ein bloßes Element der geltend gemachten Ansprüche bildet. Vorliegend ist daher von einer unbeschränkten Zulassung der Revision auszugehen.
32. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (BGH, Beschlüsse vom - III ZR 380/14, juris Rn. 7 und vom - II ZR 13/09, NJW-RR 2010, 955 Rn. 3).
4Die von dem Berufungsgericht aufgeworfene Frage, die Grund für die Zulassung der Revision war, ist zwischenzeitlich ebenso höchstrichterlich geklärt wie alle sonstigen sich in der vorliegenden Konstellation stellenden Grundsatzfragen (vgl. , NJW 2020, 208 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, und vom - VIII ZR 130/19, WM 2020, 991). Geklärt ist insbesondere für die hier in Rede stehenden Tätigkeiten der Klägerin, dass die von ihr erbrachten Inkassodienstleistungen nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen, die in diesem Zusammenhang erfolgten Abtretungen der Forderungen des Mieters nicht - wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot - gemäß § 134 BGB nichtig sind und die Klägerin somit im gerichtlichen Verfahren aktivlegitimiert ist. Auch die von der Revision aufgeworfenen Fragen, ob die Abtretungserklärungen, die in gleicher Form auch den vom Senat bereits entschiedenen Parallelfällen zu Grunde lagen, wegen mangelnder Bestimmtheit oder wegen eines Abtretungsausschlusses nach § 399 Alt. 1 BGB unwirksam sind, sind höchstrichterlich geklärt (Senatsurteil vom - VIII ZR 130/19, aaO Rn. 75 ff.).
53. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
6a) Das Berufungsgericht hat zutreffend und im Einklang mit der zwischenzeitlich ergangenen Senatsrechtsprechung die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht. Die Abtretung der geltend gemachten Ansprüche an die Klägerin war wirksam. Die von der Klägerin entfalteten Tätigkeiten waren durch die ihr nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG erteilte Befugnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen (noch) gedeckt und verstießen daher nicht gegen das gesetzliche Verbot des § 3 RDG, so dass eine Nichtigkeit der erfolgten Abtretungen nach § 134 BGB zu verneinen ist. Die Abtretung der geltend gemachten Ansprüche war auch nicht wegen eines Abtretungsausschlusses nach § 399 Alt. 1 BGB, aufgrund mangelnder Bestimmtheit oder wegen eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Auf die grundlegenden Entscheidungen des Senats, die auch auf sämtliche von der Revision gegen die Aktivlegitimation der Klägerin vorgebrachten Argumente eingehen, wird verwiesen (, aaO und vom - VIII ZR 130/19, aaO).
7b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht ausgehend von der wirksamen Abtretung der Ansprüche an die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskunft nach § 556g Abs. 3 BGB sowie einen Anspruch auf Rückzahlung anteiliger Miete in Höhe von 219,09 Euro für April 2017 aus § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB bejaht. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den kalkulatorischen Grundlagen der zulässigen Miethöhe sowie zur Höhe des Rückzahlungsanspruchs werden von der Revision nicht in Frage gestellt.
8c) Es ist zudem nicht rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht der Klägerin auch vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 802,71 Euro zugesprochen hat. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1, § 257, § 398 BGB, § 4 Abs. 5 RDGEG und ist dem Grunde nach deshalb berechtigt, weil der beklagte Vermieter seine aus § 556d Abs. 1 BGB folgende Pflicht, von seinem Mieter nur die höchstzulässige Miete zu verlangen, pflichtwidrig und schuldhaft verletzt und deshalb Anlass dazu gegeben hat, Ansprüche aus § 556g Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 BGB geltend zu machen. Der dem Mieter insoweit zunächst zustehende Anspruch auf Freistellung nach § 257 BGB hat sich durch die Abtretung an die Klägerin in einen Zahlungsanspruch umgewandelt.
9Gegen die geltend gemachte Höhe der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten bestehen keine Bedenken. Auch die Revision bringt hiergegen nichts vor.
10Entgegen der Auffassung der Revision ist dieser Anspruch nicht deswegen gemindert oder entfallen, weil die Einschaltung der Klägerin nicht erforderlich im Sinne von § 249 BGB gewesen wäre oder der Mieter gegen seine Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB verstoßen hätte. Die Einschaltung der Klägerin war aus Sicht des Mieters zur Wahrung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig (vgl. , NJW 2012, 601 Rn. 14; zu vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten , NJW 2006, 1065 Rn. 5). Der Mieter war entgegen der Ansicht der Revision nicht gehalten, nach Nutzung des von der Klägerin angebotenen Mietpreisrechners auf deren Beauftragung zu verzichten, selbst an den Beklagten heranzutreten und - bei einer ablehnenden Antwort - direkt Klage zu erheben. Er durfte sich vielmehr vorgerichtlich der Hilfe der Klägerin bedienen. Es kommt nicht darauf an, ob - wie die Revision meint - die Einschaltung eines Inkassounternehmens nicht erfolgversprechend und somit unzweckmäßig ist, wenn der Schuldner von vornherein zahlungsunwillig ist. Denn eine solche Fallkonstellation lag hier nicht vor. Im Zeitpunkt der Beauftragung der Klägerin war eine gerichtliche Geltendmachung nicht möglich, sondern es bedurfte noch weiterer vorgeschalteter Handlungen, deren Durchführung die Klägerin als registrierte Inkassodienstleisterin nach den oben genannten Entscheidungen des Senats (Urteile vom - VIII ZR 285/18, aaO und vom - VIII ZR 130/19, aaO) übernehmen durfte und die der Mieter schon wegen der Komplexität der Materie auch unter den Gesichtspunkten der Erforderlichkeit beziehungsweise der Schadensminderungspflicht nicht selbst vornehmen musste. Insbesondere war noch eine qualifizierte Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB zu erheben. Zudem lag noch keine Auskunft des Vermieters über die in § 556g Abs. 3 BGB genannten Tatsachen vor. Auch zu deren Einholung konnte und durfte die Klägerin eingeschaltet werden. Abgesehen davon war im Zeitpunkt der Beauftragung der Klägerin noch nicht ersichtlich, ob und inwieweit eine Klageerhebung erforderlich sein würde. Dies konnte sich erst aus der Reaktion des Vermieters auf die Geltendmachung der Auskunftsansprüche sowie die Erhebung der Rüge ergeben.
11d) Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO analog kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das Bundesverfassungsgericht mit Nichtannahmebeschluss vom (NJW 2019, 3054) die von der Revision in Bezug genommene Vorlage des ) sowie die weitere Vorlage vom (67 S 328/17) für unzulässig erklärt hat.
124. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:270520BVIIIZR384.18.0
Fundstelle(n):
EAAAH-62551