BVerwG Urteil v. - 5 C 6/19

Überraschungsurteil im Hinblick auf die Darlegungs- und Dokumentationsanforderungen an eine Komplextherapie im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 BBhV

Leitsatz

Eine Vereinbarung der Privatklinik mit den Krankenkassen oder Rentenversicherungsträgern über die Höhe der Vergütung ist keine zwingende Voraussetzung für die Angemessenheit der Aufwendungen einer Komplextherapie im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 BBhV.

Gesetze: § 24 Abs 1 S 1 BBhV, § 24 Abs 1 S 2 BBhV, § 35 Abs 1 S 1 Nr 1 BBhV, § 36 Abs 1 S 1 BBhV, Ziff 24.1.2 BMI-D6-20170626-SF, § 108 Abs 2 VwGO, § 138 Nr 3 VwGO, § 139 Abs 3 S 4 VwGO, § 144 Abs 3 S 1 Nr 2 VwGO, § 144 Abs 4 VwGO, § 2 Abs 2 S 1 SGB 5, § 13 Abs 1 SGB 5, § 108 SGB 5, § 294 SGB 5, § 301 Abs 1 SGB 5, Art 103 Abs 1 GG

Instanzenzug: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Az: 14 B 17.2493 Urteilvorgehend VG Augsburg Az: Au 2 K 14.1167 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger begehrt weitere Beihilfeleistungen für eine vollstationäre Behandlung in einer Privatklinik.

2Der Kläger, beihilfeberechtigter Versorgungsempfänger der Beklagten, wurde in der Zeit vom 2. April bis zum aus Anlass eines Prostatakarzinoms in einer Privatklinik vollstationär behandelt. Mit Rechnung vom wurden ihm hierfür von der nach pauschalen Pflegesätzen abrechnenden Klinik 10 404 € in Rechnung gestellt.

3Mit Bescheid vom setzte die Beklagte den beihilfefähigen Betrag lediglich auf 1 842,65 € fest und gewährte dem Kläger unter Zugrundelegung des Beihilfebemessungssatzes von 70 v.H. eine Beihilfe in Höhe von 1 289,86 €.

4Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage auf Gewährung weiterer Beihilfeleistungen in Höhe von 5 796,94 € abgewiesen.

5Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, ein Anspruch auf weitere Beihilfe nach § 24 Abs. 1 Satz 1 BBhV scheitere an dem Fehlen eines hinreichenden Belegs, dass dem Kläger gegenüber - wie von ihm geltend gemacht - eine Komplextherapie im Sinne dieser Bestimmung erbracht worden sei und in welcher Höhe hierfür Kosten angefallen seien. Die vorgelegte Rechnung der Privatklinik vom enthalte weder Ausführungen zu fachgebietsübergreifenden Behandlungen, die in Form einer vollstationären Komplextherapie erbracht worden seien noch irgendeinen Anhaltspunkt dafür, in welcher Höhe dafür Aufwendungen angefallen sein könnten. Unabhängig von der Klinikrechnung sei die vom Kläger geltend gemachte Behandlung auch deshalb nicht als Komplextherapie anzusehen und abzurechnen, weil sie nicht in der für die Kodierung einer naturheilkundlichen Komplexbehandlung nach Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-975.24 Version 2014 notwendigen Weise hinreichend dokumentiert sei. Die in der Rechtsprechung des -) für die Abrechnung einer geriatrischen frührehabilitativen Komplexleistung nach OPS 8-550.1 Version 2009 aufgestellten Dokumentationsanforderungen seien insoweit unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Besonderheiten auf die vom Kläger geltend gemachte naturheilkundliche Komplexbehandlung übertragbar. Ihnen genüge die vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgelegte Bescheinigung der Privatklinik vom schon deshalb nicht, weil sich ihr insbesondere keine zweimal wöchentlich stattfindende Teambesprechung entnehmen lasse. Ein anderes Dokument, das den Dokumentationsanforderungen genügen könnte, habe der Kläger nicht vorgelegt und sei auch sonst nicht ersichtlich.

6Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren, eine höhere Beihilfeleistung zu erhalten, weiter. Er rügt Verfahrensfehler und die Verletzung materiellen Rechts.

7Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Gründe

8Die Revision des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 141 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an den Verwaltungsgerichtshof (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil steht nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Es stellt für den Kläger eine unzulässige Überraschungsentscheidung dar, die seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt (1.). Das angefochtene Urteil ist daher nach § 138 Nr. 3 VwGO als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen. Eine Zurückweisung der Revision nach § 144 Abs. 4 VwGO kommt nicht in Betracht (2.).

91. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verstößt gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO).

10Ein diesen Grundsatz verletzendes Überraschungsurteil liegt vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom - 6 B 52.17 - Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 114 Rn. 6 und vom - 5 B 25.18 - juris Rn. 13, jeweils m.w.N.). Im Anwaltsprozess ist Maßstab der gewissenhafte und kundige Prozessbevollmächtigte, der die vertretbaren Auffassungen in den Blick nimmt (stRspr, vgl. etwa 6 B 67.17 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 431 Rn. 21 m.w.N.). Die Verpflichtung des Gerichts zur Gewährung rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass die Beteiligten Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen können. Zu diesem Zweck müssen sie Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können (vgl. 2 B 15.19 - juris Rn. 12). Das setzt voraus, dass die Beteiligten bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermögen, auf welche rechtlichen Gesichtspunkte und welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190> und vom - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.>; Kammerbeschluss vom - 1 BvR 980/10 - NVwZ-RR 2011, 460 Rn. 13). Daran fehlt es unter anderem, wenn das Gericht seine Entscheidung ohne vorherigen Hinweis tragend auf eine rechtliche Erwägung stützt, die weder im Verwaltungsverfahren noch im bisherigen Gerichtsverfahren erörtert worden ist und die etwa in ihrer Spezialität zunächst als fernliegend anzusehen ist (stRspr, vgl. etwa 8 C 106.89 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 235 S. 84 sowie Beschlüsse vom - 6 B 60.99 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 16 S. 10, vom - 2 B 77.07 - NVwZ 2008, 1025 <1027> und vom - 9 B 57.13 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 30 Rn. 19, jeweils m.w.N.). Ein solcher Fall ist hier gegeben.

11Für einen gewissenhaften und kundigen Prozessbevollmächtigten war - wie vom Kläger ausreichend dargelegt (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO) - nicht vorhersehbar, dass der Verwaltungsgerichtshof die in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für die Abrechnung einer geriatrischen frührehabilitativen Komplexleistung nach OPS 8-550.1 Version 2009 formulierten Dokumentationsanforderungen (vgl. - BSGE 125, 91 Rn. 35) auf die vom Kläger geltend gemachte naturheilkundliche Komplextherapie nach OPS 8-975.24 Version 2014 überträgt und in Anwendung dieser Rechtsprechung dahin erkennt, dass die bloße Angabe des vorgenannten Codes des Operationen- und Prozedurenschlüssels nicht genüge, um darzulegen bzw. nachzuweisen, dass im konkreten Fall eine solche Komplextherapie durchgeführt worden sei. Hierfür sei vielmehr - abgesehen von der Erforderlichkeit der Erstellung eines spezifisch-naturheilkundlichen diagnostischen und therapeutischen Konzepts zu Beginn der Behandlung - eine klinikseitige Dokumentation erforderlich, aus der eine mindestens zweimal wöchentlich stattfindende Teambesprechung unter Einbeziehung somatischer, ordnungstherapeutischer und sozialer Aspekte mit patientenbezogener Dokumentation der bisherigen Behandlungsergebnisse und der weiteren Behandlungsziele hervorgehe. Eine derartige Dokumentation habe der Kläger nicht vorgelegt und sie sei auch sonst nicht ersichtlich.

12Die vorgenannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und die daraus für den Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für Leistungen einer vollstationären Komplextherapie nach § 24 Abs. 1 Satz 1 BBhV möglicherweise abzuleitenden Dokumentationsanforderungen werden in den Schriftsätzen der Beklagten nicht erwähnt. Sie wurden auch nicht vom Verwaltungsgericht oder Verwaltungsgerichtshof zum Gegenstand ihrer Erörterungen mit den Beteiligten gemacht. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts scheitert der entsprechende Anspruch vielmehr bereits daran, dass der Kläger keine Vereinbarung der Privatklinik mit den Krankenkassen oder Rentenversicherungsträgern über die Höhe der Vergütung vorgelegt habe, die nach Ziffer 24.1.2 BBhVVwV erforderlich sei, um pauschal berechnete Aufwendungen für eine Komplextherapie nach § 24 Abs. 1 Satz 1 BBhV als beihilfefähig anzuerkennen.

13Die Möglichkeit einer entsprechenden Heranziehung der seitens des Bundessozialgerichts aufgestellten Dokumentationsanforderungen trat auch sonst nicht erkennbar hervor. Die Übertragung dieser Anforderungen auf das Beihilferecht ist neu und liegt angesichts der zwischen dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung und dem Beihilferecht bestehenden Unterschiede nicht ohne Weiteres auf der Hand. Grundlage und tragendes Prinzip der gesetzlichen Krankenversicherung ist das Sachleistungsprinzip. Danach schulden die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten grundsätzlich eine Sachleistung durch ihre Vertragspartner (§ 2 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 1 SGB V). Im Falle der Inanspruchnahme einer (voll-)stationären Krankenhausbehandlung als Sachleistung rechnen die Krankenkassen die Kosten der Behandlung direkt mit dem betreffenden Krankenhaus ab. Letzteres ist kraft Gesetzes (§§ 294, 301 Abs. 1 SGB V) verpflichtet, den Krankenkassen alle für die Abrechnung eines Leistungsfalles erforderlichen Daten zu übermitteln. Im Beihilferecht gilt dagegen das Kostenerstattungsprinzip. Dementsprechend besteht zwischen den Krankenhäusern als Leistungserbringern und dem Beihilfeträger keine vertragliche Beziehung. Vertragspartner des Krankenhauses und damit Schuldner des Vergütungsanspruchs ist allein der Beihilfeberechtigte. Eine mit §§ 294, 301 Abs. 1 SGB V vergleichbare Regelung enthält die Bundesbeihilfeverordnung nicht. Vor diesem Hintergrund brauchte ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter ohne entsprechenden Hinweis nicht damit zu rechnen, dass der Verwaltungsgerichtshof die bundessozialgerichtliche Rechtsprechung zur Grundlage seiner Entscheidung macht und infolge des geänderten rechtlichen Ansatzes auch hierauf bezogene Anforderungen an den Sachvortrag stellt.

142. Die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an den Verwaltungsgerichtshof ist auch nach Maßgabe des § 144 Abs. 4 VwGO gerechtfertigt.

15Diese Vorschrift ist bei Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes im Sinne des § 138 Nr. 3 VwGO zwar ausnahmsweise anwendbar, wenn die unter Versagung des rechtlichen Gehörs getroffene Feststellung zu einer einzelnen Tatsache nach der insoweit maßgeblichen materiell-rechtlichen Beurteilung des Revisionsgerichts unter keinem denkbaren Gesichtspunkt für die Entscheidung erheblich war (stRspr, vgl. etwa 11 C 48.92 - Buchholz 442.151 § 46 StVO Nr. 10 S. 5 f., vom - 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211 <221>, vom - 6 C 11.07 und 12.07 - Buchholz 451.61 KWG Nr. 23 Rn. 66 und vom - 7 C 3.10 - NVwZ 2011, 696 Rn. 12, jeweils m.w.N.). So verhält es sich hier aber nicht.

16a) Nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Senats ist die Entscheidungserheblichkeit der festgestellten Verletzung rechtlichen Gehörs nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Privatklinik möglicherweise mit den Krankenkassen oder Rentenversicherungsträgern keine Vereinbarung im Sinne der Ziffer 24.1.2 BBhVVwV über die Höhe der Vergütung geschlossen hat. Denn dabei handelt es sich - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht um eine zwingende Voraussetzung für die Anerkennung der Aufwendungen als angemessen.

17Unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe eine Beihilfe für Aufwendungen einer vollstationären Komplextherapie gewährt wird, ist in § 24 Abs. 1 BBhV abschließend geregelt. Danach sind Aufwendungen für Leistungen, die in Form von ambulanten, voll- oder teilstationären Komplextherapien erbracht und pauschal berechnet werden, abweichend von § 6 Abs. 3 und § 23 Abs. 1 BBhV in angemessener Höhe beihilfefähig (Satz 1). Die Beihilfefähigkeit setzt voraus, dass die Komplextherapie von einem berufsgruppenübergreifenden Team von Therapeutinnen und Therapeuten erbracht wird, dem auch Ärztinnen, Ärzte, Psychologische Psychotherapeutinnen, Psychologische Psychotherapeuten oder andere Angehörige von Gesundheits- und Medizinalfachberufen nach Anlage 10 angehören müssen (Satz 2). Konkrete Vorgaben zur Bestimmung der angemessenen Höhe enthält § 24 BBhV nicht. Der Begriff der Angemessenheit, der für das Beihilferecht nicht allgemein definiert ist, erschließt sich in der Regel und so auch hier aus der verfassungsrechtlichen Verpflichtung des Dienstherrn, anlassbezogen Beihilfe im Rahmen des medizinisch Gebotenen zu gewähren (vgl. 2 C 129.07 - BVerwGE 133, 67 Rn. 9 und vom - 2 C 61.08 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 19 Rn. 12, jeweils m.w.N.). Dementsprechend sind Aufwendungen der Höhe nach wirtschaftlich angemessen, wenn und soweit keine gleich wirksame preisgünstigere Behandlung zur Verfügung steht (vgl. 5 C 4.12 - Buchholz 270.1 § 22 BBhV Nr. 1 Rn. 15 m.w.N.). Hierfür kann der Umstand, dass die von der Privatklinik in Rechnung gestellten Kosten der Vergütung entsprechen, die von Krankenkassen oder Rentenversicherungsträgern auf Grund entsprechender Vereinbarungen mit dem betreffenden Krankenhaus zu tragen sind, zwar ein gewichtiges Indiz sein. Denn Krankenkassen und Rentenversicherungsträger haben ein Interesse daran, sich vor unangemessenen finanziellen Belastungen zu schützen und werden dementsprechend in aller Regel keine Vereinbarung abschließen, die dies zur Folge hätte. Es kann aber umgekehrt die Angemessenheit der Aufwendungen nicht schon deshalb verneint werden, weil eine derartige Vereinbarung nicht getroffen worden ist. In einem solchen Fall kann, wie auch sonst, beispielsweise auf das Entgelt abgestellt werden, welches bei einer entsprechenden Behandlung auch in den nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen angefallen wäre. Denn dieses Entgelt bildet regelmäßig den Preis ab, der üblicherweise für die jeweils im Einzelfall ambulant, voll- oder teilstationär erbrachte Komplextherapie geschuldet wird und ist damit ebenfalls ein geeigneter Referenzwert zur Ermittlung und Bestimmung der beihilferechtlich als angemessen anzusehenden Aufwendungen (vgl. allgemein zu diesem Anhaltspunkt für die Bestimmung der Angemessenheit etwa 2 C 129.07 - BVerwGE 133, 67 Rn. 9 und vom - 5 C 36.13 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 47 Rn. 13).

18b) Die Entscheidungserheblichkeit der unter Versagung des rechtlichen Gehörs getroffenen Feststellung ist auch im Hinblick auf die Darlegungs- und Dokumentationsanforderungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 BBhV dann nicht ausgeschlossen, wenn die im aufgestellten Anforderungen an die Dokumentation der wöchentlichen Teambesprechung - anders als vom Verwaltungsgerichtshof vertreten - nicht erfüllt sein müssten, um im konkreten Fall eine Komplextherapie im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 BBhV bejahen zu können. Da der Verwaltungsgerichtshof zu der streitgegenständlichen vollstationären Behandlung des Klägers keine weiteren und hinreichenden Feststellungen getroffen hat, vermag der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob die Behandlung des Klägers die Voraussetzungen des Begriffs der Komplextherapie im Sinne des § 24 Abs. 1 BBhV auch dann nicht erfüllte, wenn für die Darlegung und den Nachweis einer solchen Behandlung - in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgerichtshof - zwar mehr zu verlangen sein sollte als die bloße Angabe des einschlägigen Codes des Operationen- und Prozedurenschlüssels, die zu stellenden Anforderungen aber geringer sein sollten als sie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat. Zur Aufklärung des Sachverhalts wird der Verwaltungsgerichtshof bei einer erneuten Verhandlung und Entscheidung in jedem Fall dem vom Kläger angebotenen Beweis, die Patientenakte vorzulegen, nachzugehen haben.

19c) Schließlich ist die Entscheidungserheblichkeit der festgestellten Verletzung rechtlichen Gehörs auch nicht mit Blick auf das Vorliegen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBhV ausgeschlossen. Auf der Grundlage der bisher festgestellten Tatsachen kann der Senat nicht entscheiden, ob es sich bei den in Rede stehenden Leistungen um derartige Rehabilitationsmaßnahmen handelt sowie ob und welche Auswirkungen in diesem Fall die nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) fehlende Durchführung des nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BBhV erforderlichen Voranerkennungsverfahrens auf die Anwendung des § 24 Abs. 1 Satz 1 BBhV hätte.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2020:160720U5C6.19.0

Fundstelle(n):
FAAAH-60306