Gewerbesteuer | Zur personellen Verflechtung einer Betriebsaufspaltung (BFH)
Die personelle Verflechtung als Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn die personenidentischen Gesellschafter-Geschäftsführer der Besitz-GbR und der Betriebs-GmbH die laufenden Geschäfte der Besitz-GbR bestimmen können und der Nutzungsüberlassungsvertrag der Besitz-GbR mit der Betriebs-GmbH nicht gegen den Willen dieser Personengruppe geändert oder beendet werden kann (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Klägerin ist eine Vermietungsgesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der drei geschäftsführende Gesellschafter mit je 33 % und ein Minderheitsgesellschafter mit 1 % beteiligt sind. Neben der Klägerin existierte eine Betriebsgesellschaft mit einer GmbH, an der die Mehrheitsgesellschafter der Klägerin zu je einem Drittel beteiligt und zu Geschäftsführern bestellt waren. Die Klägerin vermietete an die GmbH ein Bürogebäude und zwei Hallen.
In ihren Feststellungserklärungen für die Streitjahre erklärte die Klägerin die aus den Mietverträgen erzielten Überschüsse als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Aufgrund der oben dargestellten Beteiligungsverhältnisse und der bei beiden Gesellschaften erfolgten Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis auf die Mehrheits- bzw. Alleingesellschafter stellte das FA die von der Klägerin erzielten Überschüsse als gewerbliche Gewinne fest.
Das verneinte mangels personeller Verflechtung die Betriebsaufspaltung (s. Online-Nachricht v. 6.3.2017).
Der BFH bejaht die Betriebsaufspaltung:
Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn eine Person oder Personengruppe beide Unternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen. Für die personelle Verflechtung ist entscheidend, dass die Geschicke des Besitzunternehmens in den wesentlichen Fragen durch die Person oder Personen bestimmt werden, die auch hinter dem Betriebsunternehmen stehen (z.B. , Rz 34).
Zu den wesentlichen Fragen gehören insbesondere die hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen bestehenden Nutzungsüberlassungsverträge, die nicht gegen den Willen der Person oder der Personengruppe aufgelöst werden sollen, die das Besitzunternehmen beherrscht (z.B. ). Die Mietverträge über das Bürogebäude mit Stellplätzen, der Halle sowie dem Außenlager konnten gegen den Willen der Personengruppe nicht aufgehoben werden. Dabei kann dahinstehen, ob die Kündigung eines Mietvertrags bei einer GbR wie der Klägerin zu den der Gesellschafterversammlung vorbehaltenen Grundlagengeschäften gehört oder zu den Geschäften der laufenden Verwaltung, die der Geschäftsführung obliegen. Denn der Minderheitsgesellschafter der GbR (1 %) war nach dem Gesellschaftsvertrag in Übereinstimmung mit § 709 Abs. 1, § 710 Satz 1 BGB von der Geschäftsführung der Klägerin ausgeschlossen.
Das Doppelvertretungsverbot des § 181 BGB steht der Annahme einer Beherrschungsidentität von Gesellschafter-Geschäftsführern aus Besitz-GbR und Betriebs-GmbH nicht entgegen, wenn die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen die Umgehung dieses Verbots durch Übertragung der Vertretung auf eine andere Person ermöglichen.
Im Streitfall konnte die beherrschende Personengruppe das Doppelvertretungsverbot auf Seiten der GmbH dadurch beseitigen, dass ein anderer Vertreter ermächtigt wird, entsprechende Rechtsgeschäfte mit der Klägerin zu schließen. Dies konnte nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH z.B. durch Bestellung eines Prokuristen geschehen (vgl. ). Bei der für die GmbH bestehenden Gesamtvertretungsbefugnis aus zwei GF oder einem GF zusammen mit einem Prokuristen kann auch dem bestellen Prokuristen eine Ermächtigung zum Abschluss von Verträgen erteilt werden. Die GmbH hatte damit jederzeit die Möglichkeit, durch Bestellung eines Prokuristen dafür zu sorgen, dass sie bei Geschäften mit der Klägerin durch einen Prokuristen vertreten wird. Weiterhin hätte neben einem Prokuristen auch einer der beherrschenden GbR Personengruppe (je 33 %-GbR-Gesellschafter) die GmbH vertreten können, so dass die beiden anderen Personen dieser Personengruppe als Vertreter der Klägerin hätten auftreten können. § 181 BGB hätte dem Abschluss eines solchen Geschäfts mithin nicht entgegengestanden.
Es geht bei der personellen Verflechtung nur um die strukturelle Durchsetzungsmöglichkeit eines einheitlichen Willens im Besitz- und im Betriebsunternehmen und nicht darum, ob davon im Einzelfall auch Gebrauch gemacht wurde.
Die Klage gegen die Ablehnung der Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes ist zulässig, wenn der Kläger geltend macht, er unterhalte schon dem Grunde nach keinen Gewerbebetrieb.
Im Besprechungsfall hatte eine GbR einer GmbH ein Grundstück vermietet, das unstreitig den räumlichen und funktionalen Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit der GmbH bildete und deshalb als eine wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen war. Neben der damit gegebenen sachlichen Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen ist jedoch weitere Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung, die eine originär gewerbliche Tätigkeit des vermietenden Besitzunternehmens zur Folge hat, eine personelle Verflechtung zwischen beiden Unternehmen. Sie liegt vor, wenn eine Person oder Personengruppe beide Unternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen, wobei entscheidend ist, dass die Geschicke des Besitzunternehmens in den wesentlichen Fragen durch die Person oder Personen bestimmt werden, die auch hinter dem Betriebsunternehmen stehen. Zu den wesentlichen Fragen gehören insbesondere die hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen bestehenden Nutzungsüberlassungsverträge, die nicht gegen den Willen der Person oder der Personengruppe aufgelöst werden sollen, die das Besitzunternehmen beherrscht. Im Besprechungsfall war das FG der Ansicht, dass § 181 BGB der personellen Verflechtung entgegenstehe. Der BFH wies jedoch darauf hin, dass die beherrschende Personengruppe das Doppelvertretungsverbot auf Seiten des Betriebsunternehmens (GmbH) dadurch beseitigen könne, dass ein anderer Vertreter ermächtigt wird, entsprechende Rechtsgeschäfte mit dem Besitzunternehmen (GbR) zu schließen. Dies habe nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH z.B. durch Bestellung eines Prokuristen geschehen können. Das Doppelvertretungsverbot des § 181 BGB steht demnach der Annahme einer Beherrschungsidentität von Gesellschafter-Geschäftsführern aus Besitz-GbR und Betriebs-GmbH nicht entgegen, wenn die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen die Umgehung dieses Verbots durch Übertragung der Vertretung auf eine andere Person ermöglichen. Entscheidend ist dabei die strukturelle Durchsetzungsmöglichkeit eines einheitlichen Willens im Besitz- und im Betriebsunternehmen und nicht, ob davon im Einzelfall auch Gebrauch gemacht wurde.
Quelle: ; NWB Datenbank (JT)
Fundstelle(n):
NWB BAAAH-59215