Landesgesetzgebungskompetenz für das Heim(ordnungs)recht
Leitsatz
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom (BGBl. I S. 2034), mit dem Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG um den Klammerzusatz "ohne das Heimrecht" ergänzt worden ist, ist die Zuständigkeit für das Heimordnungsrecht auf die Länder übergegangen. Dazu gehört auch die Kompetenz zur Regelung der personellen Anforderungen an den Betrieb einer Pflegeeinrichtung.
Gesetze: Art 70 Abs 1 GG, Art 74 Abs 1 Nr 7 GG, Art 74 Abs 1 Nr 12 GG, § 75 SGB 9 2018, § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 10 Abs 3 Nr 4 WohnteilhG BW, § 29 S 1 Nr 2 WohnteilhG BW, § 8 Abs 2 PersV BW, § 10 Abs 1 S 2 PersV BW
Instanzenzug: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Az: 6 S 2579/16 Urteil
Gründe
I
1Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Normenkontrolle (§ 47 VwGO) gegen die Verordnung des Sozialministeriums Baden-Württemberg über personelle Anforderungen für stationäre Einrichtungen (Landespersonalverordnung - LPersVO) vom (GBl. S. 1253). Das Sozialministerium hat die angegriffene Rechtsverordnung auf der Grundlage von § 29 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes für unterstützende Wohnformen, Teilhabe und Pflege (Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz - WTPG) vom (GBl. S. 241) erlassen. Die am in Kraft getretene Verordnung gilt für stationäre Einrichtungen für Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf oder mit Behinderungen nach § 3 WTPG (§ 1 Satz 1 LPersVO). Sie enthält u.a. Regelungen über die Anforderungen an eine ausreichende Fachlichkeit und Personalbesetzung in der Pflege (§§ 8 ff. LPersVO).
2Die Antragstellerin betreibt zwei stationäre Pflegeeinrichtungen nach § 3 WTPG. Beide Einrichtungen sind zugleich nach § 71 Abs. 2, § 71 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGB XI (in der bis gültigen Fassung) zugelassene Pflegeeinrichtungen. Mit ihrer Normenkontrollklage hat die Antragstellerin (u.a.) geltend gemacht, die angegriffene Verordnung werde von der Ermächtigungsgrundlage des § 29 Satz 1 Nr. 2 WTPG nicht gedeckt, weil die Regelungen zu den qualitativen und quantitativen Anforderungen an die Personalausstattung in stationären Pflegeeinrichtungen über die Gesetzgebungskompetenz des Landes hinausgingen. Zudem würden die Einrichtungsträger durch die Vorgaben der Landespersonalverordnung in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit verletzt. Die Anforderungen des § 8 Abs. 2 und des § 10 Abs. 1 Satz 2 LPersVO an eine ausreichende Personalbesetzung im Tag- und im Nachtdienst seien nicht gerechtfertigt.
3Durch Urteil vom hat der Verwaltungsgerichtshof den Antrag der Antragstellerin, die Landespersonalverordnung für unwirksam zu erklären, abgewiesen. Der Antrag sei unzulässig, soweit er sich gegen die Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 16 LPersVO richte. Im Übrigen sei er unbegründet. Die Bestimmungen der Landespersonalverordnung seien nicht wegen Verletzung höherrangigen Rechts ungültig. Sie beruhten auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage. Der Landesgesetzgeber besitze nach Art. 70 Abs. 1 GG die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit für den mit dem Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz geregelten öffentlich-rechtlichen Teil des Heimrechts und damit auch die Befugnis zum Erlass der Verordnungsermächtigung des § 29 Satz 1 Nr. 2 WTPG. Aus der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Sozialversicherung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ergebe sich nichts Anderes. Die Regelungsmaterien des Heimrechts und der Pflegeversicherung stünden selbstständig nebeneinander. Betreiber stationärer Einrichtungen im Sinne des Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetzes, die zugleich zugelassene Pflegeeinrichtungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch seien, müssten beide Regelwerke beachten. Das mit der Landespersonalverordnung verfolgte Regelungskonzept, durch die Vorgabe differenzierter, im Einzelnen näher bestimmter personeller Anforderungen für den Betrieb stationärer Einrichtungen eine gute Pflegequalität sicherzustellen, greife auch nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Einrichtungsträger ein. Das gelte auch für die Vorgaben des § 8 Abs. 2 und des § 10 Abs. 1 Satz 2 LPersVO. Sie seien geeignet, erforderlich und angemessen zur Gewährleistung einer guten Pflegequalität.
4Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützt ist.
II
5Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
61. Die von der Antragstellerin als klärungsbedürftig bezeichneten Fragen
"Umfasst die aus Art. 70 Abs. 1, 74 Abs. 1 Nr. 7 GG abzuleitende Landesgesetzgebungskompetenz für das Heimrecht auch das Recht zum Erlass von Anforderungen an die Personalausstattung in stationären Pflegeeinrichtungen, soweit diese über eine Mindestsicherung und Gefahrenabwehr zum Schutz vor Beeinträchtigungen der Heimbewohner hinausgehen?" und
"Ist der Landesgesetzgeber bei der Ausübung seiner Gesetzgebungskompetenz zum Heimrecht verpflichtet, für Versicherte der sozialen Pflegeversicherung den Vorrang der vom Bundesgesetzgeber zum Pflegeversicherungsrecht hinsichtlich der Qualitätssicherung in stationären Pflegeeinrichtungen getroffenen Regelungen im Leistungserbringungsrecht (vor allem §§ 72, 75 SGB XI) und zur Qualitätssicherung jenseits der rahmenvertraglichen Vorgaben (§§ 112 ff. SGB XI) zu beachten?"
rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Bestimmung ist eine Rechtssache dann, wenn sie eine fallübergreifende, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Frage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt, also näher ausgeführt werden, dass und inwiefern diese Voraussetzungen vorliegen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Ein Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder anhand des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung oder auf der Grundlage der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 m.w.N. und vom - 1 B 25.18 [ECLI:DE:BVerwG:2018:080818B1B25.18.0] - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 58 Rn. 5). Das ist hier der Fall. Die von der Antragstellerin aufgeworfenen Fragen zur Landesgesetzgebungskompetenz für das Heimrecht, soweit sie entscheidungserheblich sind, lassen sich auf der Grundlage des Gesetzes und der vorhandenen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten.
7a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das Heimrecht nach Art. 70 Abs. 1 GG in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fällt, soweit es Teil des vom Heimvertragsrecht abzugrenzenden Heimordnungsrechts ist. Ursprünglich war es als Materie der öffentlichen Fürsorge im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom (BGBl. I S. 2034), mit dem Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG um den Klammerzusatz "ohne das Heimrecht" ergänzt worden ist, ist die Zuständigkeit für das Heimordnungsrecht auf die Länder übergegangen ( 4 BN 1.12 - BRS 79 Nr. 137 Rn. 5 f.). Dazu gehört auch die Kompetenz zur Regelung der personellen Anforderungen an den Betrieb einer Pflegeeinrichtung (vgl. für die frühere Zuständigkeit des Bundes: § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Heimgesetzes <HeimG> i.d.F. der Bekanntmachung vom <BGBl. I S. 2970>, zuletzt geändert durch Gesetz vom <BGBl. I S. 2319> sowie die nach § 3 Satz 1 Nr. 2 HeimG <a.F.> erlassene Verordnung über personelle Anforderungen für Heime <Heimpersonalverordnung - HeimPersV> vom <BGBl. I S. 1205>, zuletzt geändert durch Verordnung vom <BGBl. I S. 1506>; siehe auch BT-Drs. 18/5926 S. 136; BT-Drs. 16/4847 S. 2; Geldermann/Hammer, VerwArch 104 <2013>, 64 <76 f.>).
8b) Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist das baden-württembergische Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz ausweislich der Gesetzesbegründung eine "staatlich bereitgestellte Hilfe zur Stärkung der Selbstbestimmung des Einzelnen, zur Förderung der Teilhabe der Bewohner und zur Sicherung der angemessenen Qualität von Wohn- und Versorgungsangeboten für Menschen mit Unterstützungsbedarf" (UA S. 35; LT-Drs. 15/4852 S. 37). In den Gesetzesmaterialien heißt es weiter, dass eine hohe Lebensqualität, soviel individuelle Einflussnahme auf Wohn- und Lebensverhältnisse wie möglich, aktive Teilhabe an und in der Gesellschaft Rechtsgüter seien, die der Staat zu schützen habe (LT-Drs. 15/4852 S. 37). Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass dieser staatliche Auftrag zwar auf die präventive und akute Abwehr von Gefahren für pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderungen zentriert sei und sich die Qualitätsüberwachung vorrangig an diesem ordnungsrechtlichen Auftrag des Heimrechts orientiere. Zugleich würden aber der Teilhabegedanke und die Vorgaben des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen als Auftrag in das Gesetz übernommen (UA S. 35; LT-Drs. 15/4852 S. 37 f.). In Bezug auf die auf der Grundlage von § 29 Satz 1 Nr. 2 WTPG erlassene Landespersonalverordnung hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, sie solle die personellen Anforderungen an stationäre Einrichtungen so gestalten, dass dort eine gute Betreuung und Pflege der Menschen, verbunden mit einem hohen Maß an Lebensqualität, Selbstbestimmung und Teilhabe, gewährleistet seien. Die Verordnung berücksichtige, dass eine am aktuellen Stand der Erkenntnisse orientierte Pflege sowie eine gute Qualität in der Betreuung und Versorgung ohne ausreichendes Fachpersonal nicht möglich seien, weshalb stärker als bislang in der Heimpersonalverordnung die erforderlichen Regelungen zur persönlichen und fachlichen Eignung der Einrichtungsleitung, der Pflegedienstleitung, der Fachbereichsleitung, der Fachkräfte, Assistenzkräfte und sonstigen Kräfte differenziert würden (UA S. 35 f.). Mit dieser Zielsetzung greift die Verordnung die Ziele des Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetzes auf (vgl. LT-Drs. 15/4852 S. 67 f., 72 f. zu § 10 WTPG).
9Ausgehend von dieser Auslegung irrevisiblen Landesrechts (§ 137 Abs. 1 VwGO), die für den Senat verbindlich ist (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO), entsprechen die Verordnungsermächtigung des § 29 Satz 1 Nr. 2 WTPG und die auf ihrer Grundlage erlassene Landespersonalverordnung der grundgesetzlichen Kompetenzordnung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es nicht zu beanstanden, dass der Bundesgesetzgeber das Heimgesetz auf den Kompetenztitel der öffentlichen Fürsorge (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG a.F.) gestützt hat. Dieses Gesetz bezwecke nach seinem Anspruch und dem damit übereinstimmenden Regelungsgehalt den Schutz alter, pflegebedürftiger oder behinderter Menschen vor Beeinträchtigungen, die sich aus ihrer Lebenssituation infolge des Heimaufenthaltes und den daraus folgenden Abhängigkeiten typischerweise ergeben könnten ( - BVerfGE 106, 62 <134 f.>). Es nehme die Träger von Heimen in besonderer Weise für die Gewährleistung eines angemessenen Schutzes der Interessen und Bedürfnisse der Heimbewohner in Pflicht. Dies geschehe unter anderem durch Genehmigungsanforderungen im Hinblick auf eine ausreichende Zahl von Beschäftigten, die für die Betreuung und Pflege der Heimbewohner persönlich und fachlich geeignet seien. Danach komme den Heimen eine besondere Verantwortung für die Qualität der Dienstleistungen in der Pflege und Betreuung der Heimbewohner zu ( u.a. - BVerfGE 108, 186 <224 f.>). Das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz des Landes Baden-Württemberg stimmt in seiner Zielsetzung, die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse von Menschen in Pflegeeinrichtungen zu schützen und die Selbständigkeit, Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in und an der Gesellschaft sowie die Lebensqualität der Bewohner zu wahren und zu fördern (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WTPG), mit der Zielrichtung des Heimgesetzes des Bundes überein (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HeimG; ebenso zum Landesheimgesetz, das durch das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz abgelöst worden ist: 4 BN 1.12 - BRS 79 Nr. 137 Rn. 6). Das gilt auch für sein Regelungskonzept der Gewährleistung einer "guten" Pflegequalität. Bereits das Heimgesetz misst der Qualitätssicherung in der Pflege eine besondere Bedeutung bei und verlangt eine an den Grundsätzen der Menschenwürde ausgerichtete angemessene Qualität der Betreuung und Pflege, die dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechen muss (vgl. § 3 Abs. 2, § 11 Abs. 1 Nr. 1 und 3 HeimG; Begründung zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Heimgesetzes, BT-Drs. 14/5399 S. 15, 20 f.). Dabei hat der Bundesgesetzgeber zugrunde gelegt, dass die Pflegestandards nach dem Heimgesetz und dem Elften Buch Sozialgesetzbuch gleich sind (BT-Drs. 14/5399 S. 26; vgl. auch nachfolgend unter d). Danach ist nicht ersichtlich, dass die Mindestanforderungen im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 Nr. 2 HeimG hinter einer "guten" Pflegequalität zurückbleiben.
10c) Einen Klärungsbedarf zeigt die Antragstellerin auch nicht mit ihrem Vorbringen auf, die in der Landespersonalverordnung getroffenen Regelungen gingen über eine Mindestsicherung und Gefahrenabwehr zum Schutz vor Beeinträchtigungen der Bewohner der stationären Einrichtungen hinaus. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht angenommen, dass die landesrechtlichen Anforderungen an die Personalausstattung in stationären Einrichtungen über das hinausgehen, was zur Erfüllung eines präventiven, effektiven und umfassenden Schutzes der Bewohner vor Beeinträchtigungen ihrer Interessen und Bedürfnisse erforderlich ist. Er hat insoweit - wie gezeigt - auch keinen kompetenzwidrigen Maßstab zugrunde gelegt.
11d) Zweifel daran, dass die Verordnungsermächtigung des § 29 Satz 1 Nr. 2 WTPG die Grenzen der Landesgesetzgebungsbefugnis einhält, ergeben sich auch nicht im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen über die Personalausstattung von zugelassenen stationären Pflegeeinrichtungen (Pflegeheimen) und die Qualitätssicherung in der Pflege nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (vgl. §§ 71 ff., §§ 112 ff. SGB XI).
12Die Regelungskompetenz des Landes für die Heimordnung nach Art. 70 Abs. 1 GG und die Kompetenz des Bundes zur Regelung der sozialen Pflegeversicherung als Zweig der Sozialversicherung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG (vgl. - BVerfGE 103, 197 <215>) stehen eigenständig nebeneinander ( - juris Rn. 16 und vom - B 3 P 14/07 R - BSGE 103, 78 Rn. 16). Die Materien sind jedoch verzahnt und ergänzen einander (vgl. zum Heimgesetz des Bundes: BT-Drs. 14/5399 S. 15 f., 26, 32 f.; zur Heimaufsicht: 8 B 71.13 - Buchholz 451.44 HeimG Nr. 12; § 74 Abs. 2 Satz 3 SGB XI zur Kündigung des Versorgungsvertrages, wenn dem Träger der Pflegeeinrichtung nach den heimrechtlichen Vorschriften die Betriebserlaubnis entzogen oder der Betrieb der Einrichtung untersagt wird; § 117 SGB XI zur Zusammenarbeit der Pflegekassen mit den nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörden). Das gilt auch in Bezug auf die Sicherstellung der Qualität der Pflege und Betreuung in den stationären Pflegeeinrichtungen (vgl. - juris Rn. 4; Beschluss vom - 2 BvL 1/99 u.a. - BVerfGE 108, 186 <224>). Gemäß § 11 Abs. 1 SGB XI pflegen, versorgen und betreuen die Pflegeeinrichtungen die Pflegebedürftigen entsprechend dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse (Satz 1). Inhalt und Organisation der Leistungen haben eine humane und aktivierende Pflege unter Achtung der Menschenwürde zu gewährleisten (Satz 2). Dieser Qualitätsanspruch findet sich ebenso im Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz des Landes Baden-Württemberg (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 10 Abs. 2 Nr. 1 und 6 WTPG). Nach der Gesetzesbegründung werden damit hinsichtlich der pflegerischen Leistungen auch die Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität und Qualitätssicherung nach den für die Pflege relevanten Leistungsgesetzen erfasst (LT-Drs. 15/4852 S. 68). Des Weiteren hat der Landesgesetzgeber in den Blick genommen, dass der jeweils anerkannte Stand fachlicher Erkenntnisse in den zwischen Vertragspartnern auf Bundesebene vereinbarten Maßstäben und Grundsätzen zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität nach § 113 SGB XI sowie in den Expertenstandards nach § 113a SGB XI näher konkretisiert werde (LT-Drs. 15/4852 S. 68).
13e) Die Antragstellerin zeigt nicht auf, welcher weitergehende fallübergreifende Klärungsbedarf danach in Bezug auf die Reichweite der Landesgesetzgebungskompetenz bestehen könnte, auch nicht im Hinblick auf die Regelungen über die personelle Ausstattung von Pflegeeinrichtungen in Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI. Gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI (i.d.F. des Gesetzes vom <BGBl. I S. 2789>) schließen die Landesverbände der Pflegekassen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge mit dem Ziel, eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Die Rahmenverträge sind für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich (§ 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI). Gemäß § 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB XI regeln die Verträge Maßstäbe und Grundsätze für eine wirtschaftliche und leistungsbezogene, am Versorgungsauftrag orientierte personelle und sächliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen. Nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XI sind als Teil der Verträge nach Absatz 2 Nr. 3 entweder landesweite Verfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs oder zur Bemessung der Pflegezeiten (Nr. 1) oder landesweite Personalrichtwerte zu vereinbaren (Nr. 2). Die Personalrichtwerte nach § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI können als Bandbreiten vereinbart werden und umfassen bei teil- oder vollstationärer Pflege wenigstens das Verhältnis zwischen der Zahl der Heimbewohner und der Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte (in Vollzeitkräfte umgerechnet), unterteilt nach Pflegegrad (Personalanhaltszahlen, § 75 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 SGB XI), sowie im Bereich der Pflege, der Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege zusätzlich den Anteil der ausgebildeten Fachkräfte am Pflege- und Betreuungspersonal (§ 75 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 SGB XI). § 75 Abs. 3 Satz 5 SGB XI in der bis zum geltenden Fassung bestimmte, dass die Heimpersonalverordnung des Bundes in allen Fällen unberührt bleibt. Danach durften die Vorgaben der Heimpersonalverordnung durch Regelungen des Rahmenvertrages nicht unterschritten werden (vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Qualitätssicherung und zur Stärkung des Verbraucherschutzes in der Pflege <Pflege-Qualitätssicherungsgesetz - PQsG>, BT-Drs. 14/5395 S. 29). Nachdem alle Länder von der auf sie übergegangenen Gesetzgebungszuständigkeit für die Heimordnung Gebrauch gemacht und die ordnungsrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes des Bundes durch landesrechtliche Regelungen ersetzt hatten, ist der Hinweis auf die Heimpersonalverordnung gegenstandslos gewesen. § 75 Abs. 3 Satz 5 SGB XI ist mit Wirkung vom aufgehoben worden (vgl. Art. 2 Nr. 34 Buchst. b des Zweiten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften <Zweites Pflegestärkungsgesetz - PSG II> vom <BGBl. I S. 2424, 2449>; BT-Drs. 18/5926 S. 136).
14Anhaltspunkte dafür, dass der Bund die personelle Ausstattung zugelassener Pflegeeinrichtungen durch § 75 SGB XI im Verhältnis zum Heimrecht der Länder abschließend geregelt haben könnte, zeigt die Beschwerde nicht auf. Vor Übergang der Gesetzgebungskompetenz für die Heimordnung auf die Länder war die Personalausstattung der Pflegeeinrichtungen Gegenstand des Sozialversicherungsrechts und des Heimrechts. Wie sich aus dem Verweis auf die Heimpersonalverordnung in § 75 Abs. 3 Satz 5 SGB XI ergibt, hat der Bund an diesem Nebeneinander von Sozialversicherungsrecht und Heimrecht auch nach Änderung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG festgehalten. Er hat den Verweis erst aufgehoben, nachdem alle Länder von ihrer neuen Zuständigkeit Gebrauch gemacht hatten. Woraus sich ergeben sollte, dass er damit auch die Eigenständigkeit des Heimrechts gegenüber dem Sozialversicherungsrecht beenden wollte, legt die Beschwerde nicht dar.
152. Die gerügte Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Die Antragstellerin meint, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren Einwand übergangen, dass die Landespersonalverordnung gegen § 10 Abs. 3 Nr. 4 Satz 2 WTPG verstoße. Nach dieser Vorschrift könne der Verordnungsgeber strengere Anforderungen an die Fachkraftquote als in § 10 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 WTPG nur vorsehen, wenn sie für eine fachgerechte Betreuung der Bewohner erforderlich seien. Sie habe ausführlich vorgetragen, dass kein Erfordernis für die in § 8 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 Satz 2 LPersVO vorgenommene Anhebung der Anforderungen bestehe. Im angegriffene Urteil fehle jede inhaltliche Auseinandersetzung mit dem von ihr gerügten Verstoß. Soweit das Urteil auf § 10 Abs. 3 Nr. 4 WTPG eingehe, stünden die Ausführungen in einem anderen rechtlichen Kontext.
16Die Rüge der Antragstellerin greift nicht durch. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist indes nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Grundsätzlich ist vielmehr davon auszugehen, dass es den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Ein Gehörsverstoß kommt deshalb nur in Betracht, wenn im Einzelfall besondere Umstände ergeben, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (stRspr, vgl. - BVerfGE 86, 133 <146>; BVerwG, Beschlüsse vom - 9 B 70.99 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 64 und vom - 3 B 18.14 - juris Rn. 11 m.w.N.). Solche Umstände liegen hier nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Vortrag der Antragstellerin zum Fehlen der Voraussetzungen für eine Abweichung von den Anforderungen des § 10 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 WTPG nicht übergangen. Er hat ausführlich dargelegt, dass und warum die personellen Vorgaben der Landespersonalverordnung nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit von Heimbetreibern eingriffen (UA S. 36 ff.). Dabei hat er auch die Ausgestaltung der Fachkraftquote auf der Grundlage von § 10 Abs. 3 Nr. 4 Satz 2 WTPG in den Blick genommen (UA S. 38 <dort bezeichnet als § 10 Abs. 3 Nr. 4 Satz 4 WTPG>). Er hat ausgeführt, dass die personellen Vorgaben der Verordnung erforderlich seien, um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen, eine gute Qualität in der Betreuung und Pflege der Menschen, verbunden mit einem hohen Maß an Lebensqualität, Selbstbestimmung und Teilhabe zu gewährleisten (UA S. 43 ff.). Zum selben Ergebnis ist der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf § 8 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 Satz 2 LPersVO gelangt. § 8 Abs. 2 LPersVO solle sicherstellen, dass die Zahl der tagsüber anwesenden Pflegefachkräfte zur Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner ausreichend sei (UA S. 54 f.). Ein milderes Mittel betreffend die ausreichende pflegerische Betreuung im Tagdienst sei nicht ersichtlich (UA S. 55). Entsprechendes hat er für die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 LPersVO angenommen (UA S. 58 f.).
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2020:110820B3BN1.19.0
Fundstelle(n):
ZAAAH-57853