Verfahrensrecht | Fehlende Gemeinnützigkeit bei unverhältnismäßig hohen Geschäftsführervergütungen (BFH)
Gewährt eine gemeinnützige
Körperschaft ihrem Geschäftsführer unverhältnismäßig hohe
Tätigkeitsvergütungen, liegen sog. Mittelfehlverwendungen vor, die zum Entzug
ihrer Gemeinnützigkeit führen können (;
veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Das FA hat einer gGmbH, die sich in der psychiatrischen Arbeit engagiert und in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche erbringt, wegen unangemessen hoher Geschäftsführerbezüge die Gemeinnützigkeit für die Jahre 2005 – 2010 versagt. Das FG hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen ().
Die Revision ist nur teilweise (hinsichtlich der Streitjahre 2006 und 2007) begründet, im Übrigen hat der BFH die Revision als unbegründet zurückgewiesen:
Ob im Einzelfall unverhältnismäßig hohe Vergütungen anzunehmen sind, ist durch einen sog. Fremdvergleich zu ermitteln. Als Ausgangspunkt hierfür können allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen für Wirtschaftsunternehmen herangezogen werden, ohne dass dabei ein "Abschlag" für Geschäftsführer von gemeinnützigen Organisationen vorzunehmen ist.
Da sich der Bereich des Angemessenen auf eine Bandbreite erstreckt, sind nur diejenigen Bezüge als unangemessen zu bewerten, die den oberen Rand dieser Bandbreite um mehr als 20% übersteigen.
Liegt ein unangemessen hohes Geschäftsführergehalt vor, ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ein Entzug der Gemeinnützigkeit allerdings erst dann gerechtfertigt, wenn es sich nicht lediglich um einen geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot handelt.
Das FG hat für das Jahr 2006 nicht berücksichtigt, dass die Angemessenheitsgrenze lediglich geringfügig (um ca. 3.000 €) überschritten war und es für das Jahr 2007 unterlassen hat, bei der Angemessenheitsprüfung einen Sicherheitszuschlag anzusetzen.
Das Urteil ist von weitreichender Bedeutung für die Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften, da es die Grundlagen für die Ermittlung von noch zulässigen Geschäftsführerbezügen aufzeigt und diese Grundsätze auch auf andere Geschäftsbeziehungen mit gemeinnützigen Körperschaften (z. B. Miet-, Pacht-, Darlehensverträge) angewendet werden können.
Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter im V. Senat des BFH:
In den letzten Jahren ist die vermeintliche oder tatsächliche Selbstbedienungsmentalität in manchen gemeinnützigen Körperschaften in den Fokus geraten. Das Urteil V R 5/17 betrifft die Frage, welcher Maßstab bei der Beurteilung der Frage, ob überhöhte Geschäftsführervergütungen zu einer Versagung der Gemeinnützigkeit führen, anzulegen ist. Während § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO das sog. Verbot der Mitgliederbegünstigung betrifft, regelt den hier vorliegenden Fall eines Fremdgeschäftsführers das sog. Drittbegünstigungsverbot (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 2 AO), wonach die Körperschaft keine Person durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen darf.
Ob unverhältnismäßig hohe Vergütungen gewährt wurden, ist durch einen Fremdvergleich zu ermitteln, dem die Grundsätze der vGA zugrunde zu legen sind. Dabei ist die sog. „Gesamtausstattung" des Geschäftsführers zu berücksichtigen, d. h. neben Gehältern sind auch Weihnachts- und Urlaubsgeld, Versicherungsbeiträge, PKW-Nutzung und Pensionszusagen zu erfassen. Eine entscheidende Aussage des Urteils besteht darin, dass für den Fremdvergleich die Gehälter für vergleichbare Tätigkeiten in nicht steuerbegünstigten Unternehmen heranzuziehen sind. Mit anderen Worten gelten für die Angemessenheit der Vergütung eines Geschäftsführers einer gemeinnützigen Körperschaft die allgemein in der Wirtschaft üblichen Vergütungen. Ein Abschlag wegen der gemeinnützigen Zielsetzung des Unternehmens ist nicht vorzunehmen.
Quelle: ; BFH, Pressemitteilung v.; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
YAAAH-56394