Online-Nachricht - Donnerstag, 20.08.2020

Umsatzsteuer | Bestimmung der bewegten Lieferung in einem Reihengeschäft (BFH)

Bei einem Reihengeschäft mit drei Lieferungen und vier Beteiligten setzt die Zuordnung der Versendung zu der zweiten Lieferung insbesondere die Feststellung voraus, ob zwischen dem Erstabnehmer und dem Zweitabnehmer die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, stattgefunden hat, bevor die Versendung erfolgte (Fortführung der Rechtsprechung, vgl. ; v. XI R 30/13; v. - XI R 15/14: ; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Transports von Maschinenteilen im Rahmen eines grenzüberschreitenden Reihengeschäfts: Im September 2012 wurde der Klägerin von der in Großbritannien ansässigen "B Ltd." der Auftrag zur Lieferung von Ersatzteilen für eine Maschine erteilt. Die "B Ltd." war zuvor von der Firma "C Inc." aus den USA mit der Lieferung beauftragt worden. Deren Bestellung erfolgte wiederum für die Firma "D S.A." aus Peru. Die Lieferung der Ware sollte unmittelbar von Deutschland nach Peru erfolgen.

Am wurde durch die Klägerin der Firma "B Ltd." die Lieferung von "Ersatzteile - … Maschine Peru Angebot - Quotation Pos./Item …" zum Preis v. 50.649,90 € in Rechnung gestellt. Es erfolgte kein gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer. Die Rechnung enthielt stattdessen die Zusätze: "Steuerfreie Ausfuhrlieferung nach § 6 UsStG i. V. mit § 4 Nr. 1 a UsSTG" und "Taxfree delivery" "Tax 0 %" "Bewegte Lieferung" und die UStID der Abnehmerin (GB ...). Am wurde durch die Speditionsfirma der Auftrag bestätigt.

Am erhielt die Klägerin zusätzlichen einen Ausgangsvermerk für die streitgegenständliche Lieferung nach Peru v. . Dort ist die Klägerin als Absender der Sendung und als Anmelder aufgeführt.

Am wurde die Steuererklärung für das Jahr 2012 beim Finanzamt eingereicht. Hier wurde eine festzusetzende Umsatzsteuer i. H. von 45.335,95 € und steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen i. H. von 75.132 € erklärt. Inbegriffen waren in diesem Betrag die 50.649,90 € wegen der streitgegenständlichen Lieferung der Maschinenteile an "B Ltd.".

Im Anschluss an eine daraufhin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung setzte das FA die Umsatzsteuer 2012 abweichend von der Erklärung auf 53.422,92 € fest. Einspruch und Klage in der ersten Instanz hatten keinen Erfolg (s. hierzu ).

Die Richter des BFH wiesen die Klage ebenfalls ab:

  • Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall die Voraussetzungen für eine steuerfreie Ausfuhrlieferung der Klägerin an die "B Ltd.” nicht vorliegen.

  • Insbesondere liegt die Voraussetzung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG (Art. 146 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL), dass der ausländische Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat, nicht vor.

  • Denn nach der tatsächlichen Würdigung des FG, die die Revision ohne Erfolg angreift, hat nicht die "B Ltd.", sondern die "C Inc." den Gegenstand versendet.

Anmerkung von Prof. Dr. Alois Nacke, Richter im XI. Senat des BFH:

Die Entscheidung behandelt ein Reihengeschäft. Im Revisionsverfahren hat die Klägerin neben materiellrechtlichen Einwendungen auch formelle Einwendungen geltend gemacht. Das FG hätte mehr ermitteln müssen. Es hätte die Vertragsvereinbarungen zwischen dem Ersterwerber und Zweiterwerber näher aufklären müssen.

Hier hat der BFH strenge Anforderungen an die Geltendmachung von Einwendungen wegen der Verletzung der Aufklärungspflicht durch das FG gemacht. Er hat im Revisionsverfahren die gleichen Anforderungen für maßgeblich gehalten, wie sie auch in Beschwerdeverfahren gelten. Im Besprechungsfall hat der BFH vor allem auf den Rügeverzicht, wie auch die Darlegungspflichtverletzung Bezug genommen.

In der Sache hat der BFH die Entscheidung des FG für richtig erachtet. Vor allem ist dabei wichtig, dass die erforderliche Verfügungsmacht im Zeitpunkt der Versendung oder Beförderung darüber entscheidet, wem die bewegte Lieferung zugerechnet wird. Im Besprechungsfall war dies das amerikanische Unternehmen.

Für den Praktiker - und dies zeigt die Entscheidung auch - ist es in den Fällen von Reihengeschäften schwierig, die Zuordnung der Lieferung zur bewegten bzw. ruhenden Lieferung vorzunehmen. Für Lieferungen nach dem gilt jedoch der neue § 3 Abs. 6a UStG. Damit ist ab diesem Zeitpunkt die Zuordnung zur bewegten Lieferung einfacher geworden, so dass die Entscheidung und auch die neuere Rechtsprechung des XI. Senats des BFH insoweit obsolet geworden ist.

; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
OAAAH-56315