BGH Beschluss v. - I ZB 108/19

(Schiedsverfahren: Anwendbarkeit von § 301 ZPO; Grundsatz der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil in der deutschen Rechtsordnung)

Leitsatz

Die Bestimmung des § 301 ZPO gehört grundsätzlich nicht zu den unverzichtbaren Normen für ein ordnungsgemäßes Verfahren. Der Erlass eines Teilschiedsspruchs ist auch dann nicht den Voraussetzungen des § 301 ZPO unterworfen, wenn die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen droht, die Verfahrensgestaltung aber (noch) rational nachvollziehbar ist. Der Aspekt der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussentscheidung ist kein unverzichtbarer Grundsatz der deutschen Rechtsordnung (Fortführung von , SchiedsVZ 2019, 287).

Gesetze: § 301 ZPO, § 1059 Abs 2 Nr 1 Buchst d ZPO, § 1059 Abs 2 Nr 2 Buchst b ZPO

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 26 Sch 2/19 Beschluss

Gründe

1I. Die Antragstellerin betreibt einen stationären sowie einen Online-Fachhandel für Garten-, Forst- und Reinigungstechnik. Die Antragsgegnerin ist ein deutsches Tochterunternehmen eines schwedischen Herstellers von Forst-, Garten- und Baugeräten. Die Parteien sind durch einen Händlervertrag verbunden, in dem wechselseitige Kauf- und Lieferbedingungen festgelegt sind. Der Händlervertrag enthält in § 25 eine Schiedsklausel, wonach jede Streitigkeit aus oder in Verbindung mit dem Vertrag ohne Inanspruchnahme des Gerichtswegs gemäß der Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer (ICC) beizulegen ist. Ort des Schiedsverfahrens ist Frankfurt am Main.

2Wegen Unstimmigkeiten zwischen den Parteien erklärte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom die außerordentliche Kündigung des Händlervertrags, hilfsweise die ordentliche Kündigung zum und stellte ihre Produktlieferung an die Antragstellerin ab dem zunächst ein. Nach einer Verurteilung in einem Verfahren der einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Stuttgart setzte die Antragsgegnerin die Belieferung der Antragstellerin ab dem fort.

3Die Antragstellerin erhob Schiedsklage, mit der sie wegen der aus ihrer Sicht unberechtigten Nichtbelieferung mit Waren in der Zeit vom bis zum Schadensersatz in Höhe von insgesamt 537.508,74 € geltend machte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht am beantragte die Antragstellerin, gemäß § 1050 ZPO bei Gericht Unterstützung der Beweisaufnahme zwecks Vernehmung bestimmter Zeugen zu beantragen. Für den Fall, dass das Schiedsgericht diesem Antrag stattgeben sollte, einigten sich die Parteien darauf, dass es befugt sein sollte, einen Teilschiedsspruch zur Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung vom zu erlassen. Mit der 6. Prozessleitenden Verfügung vom erteilte der Einzelschiedsrichter die Zustimmung nach § 1050 Satz 1 ZPO, ordnete gemäß Art. 22.2 ICC-Schiedsordnung die Teilung des Schiedsverfahrens an und entschied, dass er - sofern er zur Rechtswidrigkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung gelangen sollte - auch über sämtliche Schadenspositionen entscheiden werde, hinsichtlich deren bereits Entscheidungsreife bestehe. Zum Ergebnis der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme nahmen die Parteien jeweils mit Schriftsatz vom Stellung.

4Mit Teilschiedsspruch vom gab das Schiedsgericht der Schadensersatzklage wegen vertragswidriger Nichtbelieferung im Zeitraum vom bis zum dem Grunde nach statt. Auf der Grundlage der Angaben der Antragstellerin erachtete das Schiedsgericht Ansprüche in Höhe von 133.096,29 € als entscheidungsreif und sprach der Antragstellerin davon einen Teilbetrag in Höhe von 36.080,15 € zu. Das Schiedsgericht bemängelte die Schadensdarlegung der Antragstellerin und schätzte anhand der von dieser vorgelegten Unterlagen die Gewinnmarge für die Position "Online-Handel" auf 7% statt auf von der Antragstellerin geltend gemachte 13,7% und für die Position "stationäres Geschäft" auf 15% statt auf von der Antragstellerin geltend gemachte 33,92%. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens hielt das Schiedsgericht wegen des verhältnismäßig geringen Streitwerts und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Schiedsklägerin für nicht verhältnismäßig.

5Die Antragstellerin hat beantragt, den Teilschiedsspruch aufzuheben, soweit zu ihren Lasten Ansprüche in Höhe von 28.335,16 € nebst Zinsen abgewiesen worden sind, und die Sache insoweit an den Einzelschiedsrichter zurückzuverweisen. Der geltend gemachte Betrag setzt sich aus der nach Ansicht der Antragstellerin zu niedrigen Schätzung der Gewinnmarge im Bereich der Schadenspositionen "Online-Handel" und "stationäres Geschäft" zusammen. Sie meint, die teilweise Aberkennung ihrer Forderungen gehe auf eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs zurück. Überraschend und ohne nachvollziehbare Begründung habe das Schiedsgericht von einer Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe abgesehen. Auf etwaige Bedenken hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei ebenso wenig hingewiesen worden wie auf die Bedenken zur Schadensdarlegung.

6Das Oberlandesgericht hat den Aufhebungsantrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihre zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgt.

7II. Das Oberlandesgericht hat angenommen, der Zulässigkeit des Antrags stehe nicht entgegen, dass die Antragstellerin lediglich die teilweise Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt hat. Der Antrag sei aber unbegründet, weil weder ein Aufhebungsgrund gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO wegen eines ordre-public-Verstoßes vorliege noch die Antragstellerin Angriffsmittel im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZPO nicht hätte geltend machen können. Soweit die Antragstellerin beanstande, sie sei auf Bedenken gegen ihre Schadensberechnung nicht rechtzeitig hingewiesen worden, habe sie nicht dargelegt, was sie konkret bei Gewährung des vermeintlich verweigerten rechtlichen Gehörs dargelegt und wie sich das auf den Schiedsspruch ausgewirkt hätte. Auch die Rüge, das Schiedsgericht habe zu Unrecht keinen Sachverständigen mit der Schadensprüfung beauftragt, bleibe ohne Erfolg. Das Schiedsgericht habe sich mit der Frage befasst, ob ein Sachverständiger beauftragt werden solle, und ausgeführt, warum es eine Beauftragung als nicht verhältnismäßig ansehe. In diesem Zusammenhang könne die Antragstellerin nicht mit Erfolg geltend machen, ein Gehörsverstoß liege darin, dass das Schiedsgericht ihr keine Gelegenheit gegeben habe, zu ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vorzutragen.

8III. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 ZPO statthaft und zur Fortbildung des Rechts auch sonst zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1, § 575 ZPO). In der Sache ist sie jedoch unbegründet.

91. Mit Recht ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass der Antrag auf teilweise Aufhebung des Teilschiedsspruchs zulässig ist. Die Frage betrifft eine Verfahrensvoraussetzung und ist deshalb auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. , SchiedsVZ 2017, 103 Rn. 8; Urteil vom - XI ZR 456/16, NJW 2018, 227 Rn. 10). Nach den allgemein zur Zulässigkeit von Teilklagen geltenden Grundsätzen kann das Aufhebungsbegehren auf einen Teil des Schiedsspruchs beschränkt werden (vgl. , juris Rn. 2; OLG Hamburg, VersR 1982, 92; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 1059 Rn. 19; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 2. Aufl., Rn. 1250; vgl. auch Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren durch staatliche Gerichte in Deutschland, 2018, Rn. 619).

102. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, der angefochtene Beschluss sei nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO wegen Mängeln des schiedsrichterlichen Verfahrens aufzuheben, weil der Teilschiedsspruch des Einzelschiedsrichters gegen § 301 ZPO verstoße.

11Die Antragstellerin ist mit ihrer Rüge, das schiedsrichterliche Verfahren habe in entscheidungserheblicher Weise gegen eine Bestimmung des 10. Buchs der Zivilprozessordnung oder eine zulässige Vereinbarung der Parteien verstoßen (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO), ausgeschlossen, weil sie diesen Aufhebungsgrund vor dem Oberlandesgericht nicht im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 1 ZPO "begründet geltend" gemacht hat. Es kommt nicht nur auf das objektive Vorliegen des betreffenden Aufhebungsgrunds an; daneben ist vielmehr notwendig, dass er in einer dem Erfordernis "begründeter Geltendmachung" genügenden Weise zur Nachprüfung durch das Gericht gestellt worden ist. In der Vorinstanz hat die Antragstellerin ihr Aufhebungsbegehren indessen nicht auf den nunmehr geltend gemachten Grund eines verfahrensfehlerhaft erlassenen Teilschiedsspruchs gestützt. Vielmehr ist der Hinweis, die Berechnung der Gewinnmargen wirke sich auch im Endschiedsspruch aus, im Rahmen der Ausführungen dazu erfolgt, dass das Schiedsgericht ein Sachverständigengutachten hätte einholen müssen. Die Unterlassung einer entsprechenden Prüfung durch das Oberlandesgericht ist mithin nicht rechtsfehlerhaft, und der Antragstellerin ist es verwehrt, die nunmehr geltend gemachten Gründe erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren vorzubringen (vgl. , BGHZ 142, 204, 206 [juris Rn. 6]).

123. Ein von Amts wegen zu prüfender Verstoß gegen den (verfahrensrechtlichen) ordre public (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO) wegen eines unzulässigen Teilschiedsspruchs liegt ebenfalls nicht vor.

13a) Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO aufgehoben werden, wenn seine Anerkennung oder Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Das setzt voraus, dass dieses Ergebnis mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Das ist der Fall, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder wenn er zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. Der Schiedsspruch muss mithin die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzen. Danach stellt nicht jeder Widerspruch der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts einen Verstoß gegen den ordre public dar. Vielmehr muss es sich um eine nicht abdingbare Norm handeln, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist (, SchiedsVZ 2019, 150 Rn. 5 mwN).

14b) Zu diesen unverzichtbaren Normen für ein ordnungsgemäßes Verfahren zählt § 301 ZPO grundsätzlich nicht (vgl. , SchiedsVZ 2019, 287 Rn. 9 mwN).

15aa) Nach § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht die Entscheidung durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen, wenn von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif ist.

16(1) Die Teilbarkeit im Sinne von § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfordert eine Mehrheit von prozessualen Ansprüchen beziehungsweise Streitgegenständen (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO) oder die Teilbarkeit des einen prozessualen Anspruchs beziehungsweise Streitgegenstands (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 ZPO). Ein Teilurteil über einzelne von mehreren konkurrierenden Anspruchsgrundlagen ist danach nicht zulässig (vgl. , GRUR 2020, 755 Rn. 19 und 21 = WRP 2020, 851 - WarnWetter-App, mwN). Auch die notwendige Streitgenossenschaft (§ 62 Abs. 1 Fall 1 ZPO) schließt eine Teilbarkeit grundsätzlich aus (vgl. , NJW 1999, 1638, 1639 [juris Rn. 9]).

17(2) Das Erfordernis der Entscheidungsreife setzt voraus, dass der Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist, die Beweise erschöpft sind oder eine Partei mit weiterem Vorbringen nicht zugelassen oder zurückgewiesen wird (vgl. Saenger, ZPO, 8. Aufl., § 300 Rn. 3). Es fehlt mithin, wenn neuer Vortrag noch zulässig ist (Saenger aaO § 301 Rn. 5). Ein Teilurteil darf Vorbringen nicht als verspätet zurückweisen, das ohne Verzögerung des Schlussurteils noch in diesem berücksichtigt werden kann (vgl. , BGHZ 77, 306, 308 f. [juris Rn. 11]).

18(3) Ungeschriebene Voraussetzung für den Erlass eines Teilurteils ist dessen Unabhängigkeit von der Entscheidung über den restlichen Verfahrensgegenstand. Bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstands darf ein Teilurteil deshalb nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Eine solche Gefahr ist namentlich gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (vgl. , NJW 2018, 621 Rn. 10; Urteil vom - VI ZR 436/16, NJW 2018, 623 Rn. 7 mwN).

19bb) Soweit die Voraussetzungen der Teilbarkeit und der Entscheidungsreife im Sinne von § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO betroffen sind, besteht kein Bedürfnis, den dem Schiedsgericht in § 1042 Abs. 4 ZPO gesetzlich zugestandenen Ermessensspielraum von vornherein und ohne erkennbare Notwendigkeit einzuschränken. Vielmehr ist das Schiedsgericht im Rahmen seines Ermessens grundsätzlich befugt, Teilschiedssprüche zu erlassen, auch wenn die Voraussetzungen des § 301 ZPO nicht gegeben sind (vgl. BGH, SchiedsVZ 2019, 287 Rn. 9 mwN).

20c) Die Frage, ob der verfahrensrechtliche ordre public eine Einschränkung dieses Grundsatzes erfordert, wenn infolge eines Grund- oder Teilurteils die konkrete Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen droht oder die Verfahrensgestaltung des Schiedsgerichts nicht mehr rational nachvollziehbar ist, hat der Bundesgerichtshof bislang offengelassen (vgl. BGH, SchiedsVZ 2019, 287 Rn. 10). Er entscheidet diese Frage nunmehr dahin, dass eine solche Einschränkung nicht veranlasst ist, wenn - wie hier - die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht, die Verfahrensgestaltung aber (noch) rational nachvollziehbar ist.

21aa) Der angefochtene Teilschiedsspruch birgt die Gefahr widersprechender Entscheidungen. Mit der Schätzung der Gewinnmargen für den Online-Handel und das stationäre Geschäft der Antragstellerin wird in dem Teilschiedsspruch eine Frage entschieden, die sich im nachfolgenden Verfahren über die weiteren Ansprüche noch einmal stellt. Die vom Schiedsgericht geschätzten Gewinnmargen sind - zum Teil - auch für die noch offenen Schadenspositionen von Bedeutung.

22Die Höhe dieser Gewinnmargen ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung im Teilschiedsspruch nicht mit Bindungswirkung für das weitere Verfahren im Sinne von § 318 ZPO festgestellt. Nach § 318 ist das Gericht an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden. Die Bindungswirkung nach dieser Vorschrift, die im Schiedsverfahren entsprechend anwendbar ist (vgl. OLG Frankfurt am Main, SchiedsVZ 2007, 278, 279 [juris Rn. 39]; Althammer in Stein/Jonas aaO § 318 Rn. 5; BeckOK.ZPO/Elzer, 36. Edition [Stand ], § 318 Rn. 4; vgl. dazu auch , WM 2007, 1050 Rn. 5), erstreckt sich nur auf die Entscheidung selbst, nicht aber auf Elemente des Schiedsspruchs wie tatsächliche und rechtliche Vorfragen (vgl. Althammer in Stein/Jonas aaO § 318 Rn. 20 mwN). Die Höhe der Gewinnmargen ist eine solche Vorfrage.

23bb) Aufgrund der Besonderheiten und der Zielrichtung des Schiedsverfahrens ist es jedoch gerechtfertigt, das dem Schiedsgericht in § 1042 Abs. 4 ZPO gesetzlich zugestandene Ermessen nicht durch den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit einzuschränken.

24(1) Das Schiedsgericht hat bei der Festlegung der Verfahrensregeln nach § 1042 Abs. 4 Satz 1 ZPO grundsätzlich ein weites Ermessen, das auch dem jeweiligen Einzelfall gerecht werden sollte (vgl. BeckOK.ZPO/Wilske/Markert aaO § 1042 Rn. 21; vgl. auch MünchKomm.ZPO/Münch, 5. Aufl., § 1042 Rn. 91). Das Schiedsverfahren dient dazu, das Verfahren zu erleichtern und zu beschleunigen. Das geht mit einer Verfahrensvereinfachung und dadurch bedingt mit einer Reduktion des durch das Verfahren gewährten Schutzes einher (vgl. Klose, NJ 2019, 305, 307). Eine Verfahrensvereinfachung kann auch darin bestehen, mit einem Teilschiedsspruch über tatsächliche und rechtliche Vorfragen zu entscheiden, die im weiteren Verfahren noch eine Rolle spielen. Das Risiko widersprechender Entscheidungen, das im Schiedsverfahren faktisch allerdings dadurch verringert wird, dass der Schiedsrichter regelmäßig davon ausgehen kann, auch die Folgeentscheidung zu treffen (vgl. Klose, NJ 2019, 305, 307), steht dem nicht entgegen.

25(2) Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Aspekt der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussentscheidung keinen unverzichtbaren Grundsatz der deutschen Rechtsordnung darstellt. Widersprüchliche Entscheidungen sind dem deutschen Rechtssystem nicht fremd und werden in bestimmten Konstellationen hingenommen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom - 26 Sch 28/13, juris Rn. 90). Das gilt zum Beispiel bei der Stufenklage (§ 254 ZPO) oder im Haftungsprozess bei objektiver Klagehäufung (§ 260) von Auskunftsanspruch und Schadensersatzanspruch (vgl. , BGHZ 189, 79 Rn. 14 bis 18; vgl. auch Zöller/Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 301 Rn. 16 mwN). Ein Teilschiedsspruch, der mit Blick auf das weitere Verfahren die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen birgt, kann danach schon nicht mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sein und deshalb der öffentlichen Ordnung widersprechen.

26(3) Werden außerdem die mit dem Erlass einer Teil-Entscheidung verfolgten Ziele - Vereinfachung und Beschleunigung, Übersichtlichkeit bei umfangreichem Streitstoff und Förderung der Vergleichsbereitschaft - in den Blick genommen, ist es gerechtfertigt, den Erlass eines Teilschiedsspruchs auch dann nicht den Voraussetzungen des § 301 ZPO zu unterwerfen, wenn die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen droht, die Verfahrensgestaltung aber (noch) rational nachvollziehbar ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom - 26 Sch 28/13, juris Rn. 92; Zöller/Geimer aaO § 1059 Rn. 44b; aA MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1056 Rn. 7; Hammer aaO Rn. 691; vgl. auch OLG Düsseldorf, SchiedsVZ 2008, 156, 160 [juris Rn. 118]).

27(4) Anhaltspunkte für eine rational nicht mehr nachvollziehbare Verfahrensgestaltung gibt es im Streitfall nicht. Die Parteien sind mit der 6. Prozessleitenden Verfügung vom darüber informiert worden, dass der Schiedsrichter beabsichtigte, über sämtliche Schadenspositionen zu entscheiden, die entscheidungsreif waren. Die Möglichkeit nicht nur eines Grund-, sondern auch eines Teilschiedsspruchs zur Schadenshöhe stand für die Parteien damit zumindest im Raum. In ihren schriftsätzlichen Stellungnahmen zur mündlichen Verhandlung und zur Beweisaufnahme vom haben sie diesem Vorgehen nicht widersprochen.

284. Der Senat hat die weiteren von der Antragstellerin erhobenen Rügen der Verletzung ihres rechtlichen Gehörs geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Insoweit wird von einer Begründung der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde abgesehen (§ 577 Abs. 6 Satz 2, § 564 Satz 1 ZPO).

29IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:250620BIZB108.19.0

Fundstelle(n):
WM 2021 S. 2116 Nr. 43
SAAAH-56130